Leseratten-Verlag aus Allmersbach wird 10 Jahre alt

Der Leseratten-Verlag hat sich insbesondere in der Sparte humorvolle Fantastik einen Namen gemacht. In diesem Jahr feiert er zehnjähriges Bestehen. Zu diesem Anlass gibt Verleger Marc Hamacher einen Sonderband heraus, dessen Erlöse einem wohltätigen Zweck zugutekommen.

Leseratten-Verlag aus Allmersbach wird 10 Jahre alt

Verleger Marc Hamacher präsentiert drei Highlights aus seinem Programm: Die Graphic Novel „Nachtwächter“, die Anthologie „Schnittergarn“ und das Jubiläumsbuch zum zehnjährigen Bestehen des Verlags. Foto: Alexander Becher

Von Kai Wieland

Allmersbach im Tal. Schrille Plakate, quietschbunte Bücher und skurrile Deko – egal wie farbenfroh der morgige Tulpenfrühling auch ausfällt, der Stand des Leseratten-Verlags, den Marc Hamacher und seine Frau, die Fantasyautorin Tanja Kummer, vor dem Backnanger Rathaus aufschlagen werden, dürfte auffallen. „Dafür sind wir bekannt“, sagt der gebürtige Kölner, der den Verlag vor zehn Jahren gegründet und zu diesem Anlass nun eine Sonderpublikation auf den Weg gebracht hat.

Den Impuls zum eigenen Verlag gab damals der Umstand, dass Tanja Kummer sich von ihrem Verlag getrennt hatte. Hamacher war durch seine Frau in der Fantastikszene vernetzt und hatte mit der Gründung eines eigenen Verlags bereits geliebäugelt, zudem hatte er neben seiner Tätigkeit als Nachhilfelehrer für Mathe und Physik noch etwas Spielraum. „Meine Frau schlug es also vor. Sie stand im Türrahmen, weglaufen ging nicht, und so kam das“, erzählt Hamacher, der in Allmersbach im Tal lebt und auch arbeitet, mit einem Augenzwinkern.

Zwischen Fantastik und Lokalkolorit

Tanja Kummer arbeitet nicht nur selbst im Verlag mit, sondern ist auch nach wie vor eine der fleißigsten Autorinnen. Sie schreibt viel im Genre High Fantasy, ist aber auch die Hauptautorin der Mysteryserie „Jakob Wolff“. Hamacher war es jedoch von Anfang an wichtig, auch andere Schreiber für seinen Verlag zu gewinnen – mit Erfolg. Fast 100 Autoren haben ihm zufolge inzwischen in diversen Anthologien Texte im Leseratten-Verlag veröffentlicht, darunter auch zunehmend bekannte Namen der Szene. „In Backnang wissen die meisten gar nicht, wie groß wir in der Fantastik mittlerweile sind, nicht bezogen auf die Mitarbeiterzahl, aber vom Bekanntheitsgrad“, sagt Hamacher. „Leute wie die Orgel-Brüder zum Beispiel, die normalerweise für Piper und Heyne schreiben, oder Ju Honisch, der bei Knaur veröffentlicht hat.“ Vertrieben werden die Bücher über den eigenen Online-Shop, sie sind aber auch in allen Buchhandlungen bestellbar. „Deutschlandweit gibt es außerdem einige auf Fantasy spezialisierte Buchhandlungen, die unsere Bücher vorrätig haben, da sind wir inzwischen relativ renommiert“, erzählt der 54-Jährige.

Meilensteine habe es in den zehn Jahren viele gegeben, zum Beispiel die German-Kaiju-Bücher, in denen Riesenmonster nach japanischem Vorbild über Iserlohn oder Frankfurt am Main herfallen. „Trotz einer riesigen Fanszene gab es so etwas für Deutschland noch nicht. Das hat uns einen richtigen Popularitätsschub gebracht“, sagt Hamacher und veranschaulicht damit sogleich das Erfolgsprinzip des Verlags. „Man muss immer schauen, wo die Nische ist. Und unsere Nische ist vor allem die sogenannte Funtastik.“ Damit sind lustige Fantastikgeschichten gemeint, etwa die Anthologie „Schnittergarn“, in welcher der Alltag von Gevatter Tod, etwa beim Sensenkauf, humorvoll durchexerziert wird.

Neben dieser Genreliteratur setzte der Leseratten-Verlag von Anfang an außerdem auf Lokalkolorit. Bekanntheit erreichte er nicht zuletzt durch die „Backnang Stories“. Der Schreibwettbewerb für jedermann, der schon im ersten Verlagsjahr in eine entsprechende Publikation mündete, war über Jahre hinweg eine Institution, ehe Corona die Reihe zum Erliegen brachte. Aktuell ist eine Neuauflage angedacht, allerdings plant Hamacher eine Erweiterung auf den Rems-Murr-Kreis, thematisch soll es um Märchen gehen. Auch andere Titel mit Backnang-Bezug wie die Tierkrimis „Barny Schäfer“ und insbesondere die Graphic Novel „Nachtwächter“ erwiesen sich als Erfolgsstorys.

Ein Sonderband für einen guten Zweck

Anlässlich des zehnten Geburtstags hat Marc Hamacher sich ein besonderes Buchprojekt einfallen lassen. „Es ist als Dankeschön gedacht, und ich wollte einmal etwas richtig Edles haben. Es ist ein Hardcover, leinengebunden, mit Prägestempel, Lesebändchen und Vollfarbseiten.“ Darin enthalten seien nicht nur 24 Kurzgeschichten, sondern auch Anekdoten und Verlagsgeplauder. „Wer Interesse am Leseratten-Verlag hat, kann damit etwas sehr, sehr Gutes tun – allerdings nicht uns.“ Von den 30 Euro, die das Buch kostet, gehen Hamacher zufolge nämlich zehn Euro, die gesamte Marge, an den Verein Dunkelziffer, der sich um sexuell missbrauchte Kinder kümmert.