„Das Wunder von Kapstadt“ im Ersten
Drama um erste Herzverpflanzung
Das ARD-Drama „Das Wunder von Kapstadt“ erzählt die Geschichte der ersten Herzverpflanzung – und ist eine Hommage an die starken Figuren im Hintergrund.

© ARD Degeto/Producers at Work/Mia
Alexander Scheer und Sonja Gerhardt als Mediziner.
Von Tilmann Gangloff
Der Spruch „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Hinter jeder erfolgreichen Frau steht ein Mann, der sie zurückhält“ klingt lustig, ist aber selbst heute noch oft genug bitterer Ernst. Der Hollywood-Film „Hidden Figures“ (2016) hat vor einigen Jahren das Verdienst jener „unbekannten Heldinnen“ (so der deutsche Titelzusatz) gewürdigt, deren erheblicher Anteil am Erfolg des US-Raumfahrtprogramms jahrzehntelang unterschlagen worden ist: Sie waren Frauen, und sie waren schwarz.
Doppelte Rache
„Das Wunder von Kapstadt“ erzählt eine ähnliche Geschichte. Zentrale Figur ist die ehrgeizige junge Lisa (Sonja Gerhardt), die unbedingt mit dem berühmten Berliner Herzchirurgen Kohlfeld (Fritz Karl) zusammenarbeiten will. Die Handlung des Dramas trägt sich 1967 zu, medizinische Koryphäen galten als Halbgötter in Weiß, Göttinnen waren nicht vorgesehen; Kohlfeld kürt selbstredend einen Mann zum Assistenten, obwohl Lisa besser qualifiziert ist. In ihrem Zorn kopiert sie die Forschungsergebnisse des Professors, der mit der ersten Herztransplantation Medizingeschichte schreiben will, und bietet ihre Dienste dem südafrikanischen Konkurrenten Christiaan Barnard (Alexander Scheer) an. Auf diese Weise nimmt sie gleich doppelt Rache: Ihre Mutter war einst Kohlfelds OP-Schwester. Der Doktor hat sie erst geschwängert und dann entlassen. Er hat keine Ahnung, dass Lisa sein Kind ist.
Natürlich soll die Beziehung zwischen Vater und Tochter die emotionale Fallhöhe vergrößern, aber die Handlung hätte problemlos auch ohne diese Negativversion des in der Psychoanalyse als „Elektrakomplex“ bekannten Phänomens funktioniert. Andererseits kann Drehbuchautor Christoph Silber seiner Heldin auf diese Weise am Schluss des Films einen triumphierenden Abgang ermöglichen. Bis dahin ist „Das Wunder von Kapstadt“ in erster Linie eine Hommage an Barnard, selbst wenn der Chirurg keine Skrupel hat, den Forschungsvorsprung seines deutschen Kollegen auf unlautere Weise wettzumachen: Lisa versorgt ihn auch dank ihres guten Kontakts zu Kohlfelds Assistenten mit den nötigen Informationen; am Ende ist es Barnard, der Geschichte schreibt.
Talentierter Gärtner
Lisa ist eine fiktive Figur, sie soll all jene Frauen repräsentieren, deren Leistungen unbesungen sind, weil der Ruhm stets Männern vorbehalten blieb. Silber ehrt mit seinem Drehbuch neben Barnard jedoch noch eine weitere authentische Person: Offiziell ist Hamilton Naki (Loyiso Macdonald) bloß Gärtner in der klinikeigenen Grünanlage. Tatsächlich hat dieser Mann, der nie eine medizinische Ausbildung genossen hat, mindestens ebenso großen Anteil an der erfolgreichen Herzverpflanzung wie Lisa, weil Barnards Erfolg untrennbar mit seinen Forschungen verbunden ist. Nakis Beitrag zur Transplantationsmedizin wurde erst Jahrzehnte später gewürdigt: Er war Schwarzer.
Dies ist der dritte Aspekt des Films: Bereits bei ihrer Ankunft erfährt Lisa, was Apartheid bedeutet, als sie beobachtet, wie ein Mann auf offener Straßen von Polizisten erst verprügelt und dann erschossen wird. Lisa, die keine Ahnung von der Rassentrennung hat, nähert sich Naki ohne jeden Vorbehalt. Zum Glück hat Silber den beiden nicht auch noch eine Romanze angedichtet.
Das Wunder von Kapstadt. 17.12., ARD, 20.15 Uhr

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In Kapstadt arbeitet Lisa (Sonja Gerhardt, li.) mit Dr. McCarthy (Clara Wolfram).

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Dr. Christiaan Barnard (Alexander Scheer, re.) hat ein besonderes Interesse an der jungen Medizinerin Lisa Scheel (Sonja Gerhardt).

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Dr. Christiaan Barnard (Alexander Scheer, re.) hat ein besonderes Interesse an der jungen Medizinerin Lisa Scheel (Sonja Gerhardt).

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Allein nach Kapstadt: Lisa (Sonja Gerhardt) fasst eine mutige Entscheidung.

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Nach dem Unfall: Lisa (Sonja Gerhardt) versucht Hamilton zu helfen.

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Geheime Operation: Dr. Barnard (Alexander Scheer, re.) arbeitet mit Krankenhausgärtner Hamilton (Loyiso MacDonald).

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Pionierarbeit: Hamilton (Loyiso MacDonald, re.) assistiert Dr. Barnard (Alexander Scheer) bei einer schwierigen Operation.

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Herzchirurg Prof. Dr. Kohlfeld (Fritz Karl) ist eine Berühmtheit.

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Der Gärtner Hamilton (Loyiso MacDonald) hat eine besondere Begabung.

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Lisa (Sonja Gerhardt) möchte als Chirurgin in eine Männerdomäne vorstoßen.

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Lisa (Sonja Gerhardt, li.) hat unter Herzchirurg Prof. Dr. Kohlfeld (Fritz Karl, Mitte) harte Konkurrenz von Rupert von Aigner (Thimo Meitner, 2. v. li.), Martinek (Damian Thüne, 2. v. re.) und Gold (Justus Czaja, re.).

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Vorbereitung auf eine Pionierarbeit (v. li. n. re.): Gold (Justus Czaja), Martinek (Damian Thüne), Rupert von Aigner (Thimo Meitner) und Lisa (Sonja Gerhardt) schauen aufmerksam zu.

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In der Herzchirurgie steht die erste Herztransplantation am Menschen an.

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Prof. Dr. Kohlfeld (Fritz Karl, vorne) arbeitet mit den Männern Rupert von Aigner (Thimo Meitner, re.), Gold (Justus Czaja, 2. v. re.) und Martinek (Damian Thüne, li.) zusammen.

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(Thimo Meitner) und Lisa (Sonja Gerhardt, li.) wollen die Assistenzstelle in der Herzchirurgie.

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Allein nach Kapstadt: Lisa (Sonja Gerhardt) fasst eine mutige Entscheidung.

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Allein nach Kapstadt: Lisa (Sonja Gerhardt) fasst eine mutige Entscheidung.