Debatte um Zurückweisungen
Merz zur Migration: Notfalls muss Scholz Machtwort sprechen
Die Beratungen zur Migration zwischen Ampel, Union und Ländern sollen vertraulich sein. Über Details dringt wenig nach außen. An Forderungen und Schuldzuweisungen mangelt es aber nicht.
Von dpa
Berlin/Neuhardenberg/Hamburg - Im Ringen um ein härteres Vorgehen bei der Migration nimmt CDU-Chef Friedrich Merz nun Kanzler Olaf Scholz (SPD) persönlich in die Pflicht. Er forderte ihn auf, in der umstrittenen Frage der Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze notfalls ein Machtwort zu sprechen. Mit Blick auf das für den kommenden Dienstag anvisierte neue Migrationsgespräch sagte Merz in Neuhardenberg: "Wenn der Bundeskanzler einen Konsens in seiner Regierung erzielt bis dahin, ist das gut. Wenn er ihn nicht erzielt, kann er von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und sagen: Das machen wir jetzt so." Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mahnte derweil an, dass Vorschläge auch rechtssicher sein müssten.
Dobrindt kritisiert Grüne
"Er hat uns dabei an seiner Seite. Wir werden das unterstützen", ergänzte der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag bei der Klausur des geschäftsführenden Vorstands der Fraktion. Merz betonte erneut, dass Grenzkontrollen und das Zurückweisen von Flüchtlingen die Voraussetzung dafür seien, dass die Unionsvertreter an einem weiteren Migrationsgespräch von Regierung, Opposition und Ländern teilnehmen. Dieses Zurückweisen müsse "umfassend, nicht irgendwie und ein bisschen" sein.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, es seien nicht alle drei Ampel-Parteien, die hier keine Bereitschaft zeigten. "Es scheitert offensichtlich an einer Partei, an den Grünen." Dobrindt forderte Scholz auf, diesen Koalitionspartner "unter Kontrolle zu bringen".
FDP hofft auf Absprachen zu Zurückweisungen
Die FDP-Bundestagsfraktion setzt in der Migrationspolitik stark auf die nächste gemeinsame Runde von Bundesregierung, Union und Ländern. "Die Menschen erwarten, dass wir Ordnung und Kontrolle in die Migrationspolitik bekommen, und jetzt ist es unsere Aufgabe als demokratische Parteien, das auch gemeinsam umzusetzen", sagte der Vorsitzende Christian Dürr zum Abschluss der Herbstklausur seiner Fraktion in Hamburg.
Ganz besonders wichtig sei, dass Drittstaaten besser in die deutsche und europäische Asyl- und Migrationspolitik einbezogen würden und "dass wir diese Kontrolle über die Grenzen zurückerlangen". Dazu gehörten insbesondere Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, die ja abseits der Straßen grüne Grenzen seien. "Deswegen müssen wir innerhalb der Runde auch darüber beraten, wie die Zurückweisungen so effektiv sein können, dass wir (...) Ordnung und Kontrolle wiedererlangen." Auch mit Blick auf die Wirtschaft sagte Dürr: "Es muss leichter sein, nach Deutschland zu kommen, um zu arbeiten, als nach Deutschland zu kommen, um nicht zu arbeiten."
Habeck: "Mein Stil wäre das nicht"
Außenministerin Baerbock mahnte derweil zur Differenziertheit bei asylpolitischen Maßnahmen. "Vorschläge, die hart klingen, aber nicht umsetzbar sind, weil sie gegen Grundgesetz oder Europarecht verstoßen, eignen sich vielleicht für populistische Überschriften, machen unser Land aber keinen Deut sicherer", sagte die Grünen-Politikerin dem "Spiegel" mit Blick auf Forderungen aus der Union nach Verschärfungen im Asylrecht.
"Terrorismus bekämpft man nicht im Panikmodus", sagte Baerbock weiter. Kritik übte Baerbock an der Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz nach einem "faktischen Aufnahmestopp" von Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan, die der Unionsfraktionschef nach der Messerattacke in Solingen vorgebracht hatte. "Mir ist unerklärlich, was Vorschläge sollen, die pauschal auf alle Syrer abzielen und nicht zwischen einem islamistischen Mörder und einer Familie, die vor dem IS aus Syrien geflohen ist, unterscheiden."
Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte auf eine Frage zu Merz: "Also mein Stil wäre das nicht, mit Ultimaten zu arbeiten", auch wenn er glaube, Merz habe dies wieder zurückgenommen. Es gehe bei den Diskussionen zur Migration darum, einen Gesprächsraum zwischen Regierung und Opposition zu eröffnen. "Da verrät sich jeder selbst, wenn er den immer wieder kleiner macht."