Artenreichster Campus einer Uni zum Ziel

In der Nacht und am Tag der Artenvielfalt bringen Wissenschaftler der Universität Hohenheim Interessierten die Tier- und Pflanzenwelt rund um die Uni näher. Die Aktion soll auf die vielen Tiere und Pflanzen und ihren Schutz aufmerksam machen.

Begeistert die Besucher auch am Tag: ein Siebenschläfer

© Torsten Schöll

Begeistert die Besucher auch am Tag: ein Siebenschläfer

Von Torsten Schöll

Stuttgart - Eine kleine Gruppe streift am frühen Samstagnachmittag durch den Schlosspark der Universität Hohenheim. In einem Laubwäldchen bleibt Zoologin Joanna Fietz vor einer Buche stehen. Am Stamm des jungen Baums hängt ein großer, brauner Nistkasten.

„Wer hat schon einmal einen Siebenschläfer gesehen“, fragt Fietz in die Runde. Ein paar wenige Arme gehen in die Höhe, bei Weitem nicht alle. Warum viele den größten heimischen Bilch noch nie zu Gesicht bekommen haben, obwohl er recht häufig vorkommt, hat gleich mehrere Gründe: „Sie sind nachtaktiv“, erklärt Fietz. „Und sie bewegen sich vor allem in den Baumkronen, wo sie schwer zu sehen sind.“

Aber das allein reicht als Erklärung noch nicht aus. Denn tatsächlich lebt der Siebenschläfer deshalb meist vor neugierigen Beobachtern verborgen, weil er seinem Namen alle Ehre macht: „Die Siebenschläfer halten von Mitte September bis Ende Mai Winterschlaf, und dann sind sie im Boden versteckt, wo niemand sie sieht“, sagt die Wissenschaftlerin. Um eine solch lange Ruhezeit unbeschadet zu überstehen, fressen sich die Bilche im Sommer mit Bucheckern und Eicheln eine dicke Fettschicht an. Das Männchen, das Fietz mithilfe einer Leiter und dicken Lederhandschuhen aus der Nisthilfe holt und der staunenden Gruppe zeigt, ist jetzt, Mitte Juni, also noch gar nicht so lange aus dem Winterschlaf erwacht.

Die Führung zu den Siebenschläfern ist nur eine unter vielen kleinen Exkursionen, die am Samstagnachmittag im Rahmen des Tags der Artenvielfalt der Uni Hohenheim angeboten werden. Andere Gruppen streifen durch Wiesen, um Pflanzen zu bestimmen, Wildbienen auf die Spur zu kommen oder die Vogelwelt des Parks kennenzulernen.

Die Veranstaltung ist eingebettet in den landesweiten Tag der Artenvielfalt, den der Landesnaturschutzverband am Wochenende mit zahlreichen Aktionen in ganz Baden-Württemberg durchgeführt hat. Wie der Biologe Johannes Steidle am Samstagmittag zum Auftakt der Veranstaltung erklärte, habe der Tag der Artenvielfalt das Ziel, die Vielfalt der heimischen Arten in den Fokus und ins Bewusstsein zu rücken.

Zudem sei der Tag Teil der sogenannten Biodiversity-Challange der ICA, so Steidle. ICA ist ein Zusammenschluss von mehr als 50 Universitäten der EU und deren Nachbarländer, die sich unter anderem mit der biologischen Vielfalt und dem Umweltschutz befassen. Die Hochschulen konkurrieren derzeit um den Titel „Artenreichster Campus Europas“.

Tatsächlich zeichnet sich schon ab, dass am 30. Juni, wenn im Wettbewerb die Entscheidung fällt, die Universität Hohenheimer einen Spitzenrang einnimmt: Am Samstag rückte die Universität mit zwischenzeitlich 1190 auf dem Campus bestimmten Arten bereits an die erste Stelle im Ranking. Die belgische Universität Leuven und die niederländische Universität Wageningen folgen auf den Plätzen zwei und drei.

An zahlreichen Ständen informierten am Samstag zudem Initiativen und Verbände die Interessierten zu verschiedenen Themen der Biodiversität: So präsentierte der Landesnaturschutzverband verschiedene heimische Amphibien, Reptilien, Käfer und Spinnen. Die Stars am Stand waren lebende Exemplare der Europäischen Sumpfschildkröte, die hierzulande vom Aussterben bedroht ist.

Auch für Nachtschwärmer war etwas geboten: Neben einer Fledermausführung wurden am späten Abend im Hohenheimer Schlosspark mit besonderen Lichtinstallationen Insekten angelockt. Offensichtlich sollten auch die Tiere der Nacht Hohenheim zum Titel „Artenreichster Campus Europas“ verhelfen.

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Erstellt:
18. Juni 2023, 22:04 Uhr

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