Aufruf zum globalen Klimastreik
Die Fridays-for-Future-Bewegung demonstriert am Freitag wieder in der Innenstadt. Das Themengebiet ist jetzt erweitert. Es geht auch um soziale Gerechtigkeit, nicht mehr nur um Klimaschutz.

© Lichtgut - Ferdinando Iannone/Ferdinando Iannone
Das Motto der
Von Armin Friedl
Stuttgart - Im März 2019 standen schon einige Aktivisten der Bewegung Fridays for Future auf dem Schlossplatz zum Demonstrieren, wussten sich im Verbund mit ähnlichen Aktionen in anderen Städten. Viereinhalb Jahre später hat sich daran in mancher Beziehung nichts geändert: Wieder organisieren die vornehmlich Jugendlichen von Fridays for Future, damals vor allem inspiriert durch die schwedische Schülerin Greta Thunberg, eine Demonstration auf dem Schlossplatz.
Doch heute ist manches anders: Aufgerufen wurde hier am 15. September zum Tag des globalen Klimastreiks. Unter dem Motto #EndFossilFuels, also ein Ende des Verbrauchs von fossiler Energie wie Kohle, Öl oder Gas, hat hier in Stuttgart diese Demonstration stattgefunden, haben andere Aktionen in Baden-Württemberg, in Deutschland, haben weltweit stattgefunden. An mindestens 45 Orten waren allein im Südwesten Aktionen geplant, die größten mit jeweils Tausenden von Teilnehmern in Stuttgart und Freiburg.
Und so waren es keineswegs nur Schülerinnen und Schüler, die gekommen sind in die Stadtmitte. Da waren jüngere, die noch den ersten Schulbesuch vor sich haben, die hier mit improvisierten Spielchen unterhalten wurden, und es waren sehr viele ältere da, die man auch zum Protestkreis des Projekts Stuttgart 21 zählen kann. Diese begrüßen es, wenn zum einen konkrete Ziele benannt werden, und gleichzeitig der Blick aufs große Ganze gewahrt bleibt.
Konkret etwa war die Forderung, die Angestellten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) besser zu bezahlen, da Busse und Bahnen die Verkehrsmittel der ersten Wahl sind, wenn der Klimawandel gelingen soll. Dafür waren Vertreter der Gewerkschaft Verdi präsent mit ihren Fahnen und roten Westen.
Und gleichzeitig kommt es sehr gut an, wenn vor allem die jugendlichen Fridays-Redner nicht mehr nur von Klimaschutz sprechen, sondern von Klimagerechtigkeit. Das ist umfassender, dazu gehört schließlich auch die soziale Gerechtigkeit, und da sitzen dann auch die ÖPNV-Angestellten mit im globalen Klimaboot. Und der freie Journalist, Umweltaktivist und gebürtige Nigerianer Peter Emorinken-Donatus ist einer, der das globale Szenario besonders krass und deutlich zeichnet, der in Stuttgart vor allem in freier Rede viele Verursacher nennt, die Änderungen im Wirtschaftsgefüge verhindern und so die Klimakatastrophe beschleunigen.
Das ist ein gutes Beispiel, wie Fridays for Future seinen Aktionsradius erweitert, wie sie neue Strömungen und Gedanken aufnehmen. Vorbei sind die Zeiten, als es vor allem freitagvormittags Aktionen gab und so häufig der Vorwurf aufkam, hier werde vor allem die Schule geschwänzt.
Mag sein, dass jetzt zum Anfang des neuen Schuljahrs nicht viele Schülerinnen und Schüler bereit sind, Komplikationen an ihren Schulen in Kauf zu nehmen für die Teilnahme an Demonstrationen. Aber generell ist eben an einem Freitagnachmittag die Chance eben größer, Menschen anzusprechen mitten in der Stadt.
Und der Redebedarf ist groß: „Es müssen mehr Radwege her, das wird bei den Stadtplanungen immer noch nicht berücksichtigt.“ „Es dürfen nur noch halb so viele Autos in die Innenstadt kommen.“ „Die Tierhaltung muss reformiert werden.“ Das sind nur einige der Argumentationen, die eifrig ausgetauscht werden im dicht gedrängten Pulk vor dem Kunstmuseum. Argumente, die aber auch den Gesprächsbedarf in der Bevölkerung zu dieser Thematik zeigen.
Die hiesigen Politiker stehen deshalb sehr in der Kritik: „Erst hat die Ampelregierung das Klimaschutzgesetz verwässert. Und jetzt kann sie nicht einmal mehr dieses einhalten“, so Emorinken-Donatus, der Stuttgart auch durch seine Teilnahme am Stuttgart-21-Protest kennt: „Dass es hier einen grünen Ministerpräsidenten gibt, dass es überhaupt Grüne gibt, ist den Umweltaktivisten zu verdanken“. Deshalb appelliert er daran, junge Leute wie die Friday-Aktivisten nicht zu verurteilen, sondern zu fördern.