Baubranche: Regierung sollte auf Recyclingbaustoffe setzen

dpa/lsw Stuttgart. Klimaschutz im Bau - das heißt für die Landesregierung vor allem Holzbau. Zum Ärger der Bauwirtschaft. Die hält die Massivbauweise mit neuen Baustoffen für mindestens ebenso nachhaltig.

Baukräne stehen auf einer Baustelle. Foto: Christophe Gateau/Archivbild

Baukräne stehen auf einer Baustelle. Foto: Christophe Gateau/Archivbild

Die Baubranche im Südwesten fordert einen breiteren Einsatz von recycelten Baustoffen. „Auch die öffentliche Hand in Baden-Württemberg sollte hier beispielhaft vorangehen und für ihre Baumaßnahmen verstärkt den Einsatz von Recyclingbaustoffen vorschreiben“, sagte Verbandspräsident Markus Böll am Mittwoch in Stuttgart. Während recycelte Baustoffe im Straßenbau schon zum Alltag gehören, spielen diese in den Ausschreibungen bei anderen Baumaßnahmen noch kaum eine Rolle. „Wir müssen künftig Recyclingstoffe mehr in den Kreislauf bringen“, so Böll.

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) macht sich seit Jahren für den Einsatz von Recyclingbeton stark und will erreichen, dass dieser bei Gebäuden der öffentlichen Hand immer eingesetzt wird. Die baden-württembergische Landesregierung - allen voran Agrarminister Peter Hauk (CDU) - will allerdings auch Holz als nachwachsenden Baustoff für Gebäude verstärkt fördern. Der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer will Holzbauweise in der Universitätsstadt sogar zur Pflicht machen.

Zum Ärger der Bauwirtschaft, die weiter für massive Bauweisen trommelt. „Es darf keine einseitige Bevorzugung von Holzbau geben“, erklärte Böll. „Damit werden wir nicht in der Lage sein, das Klima zu retten.“ Vielmehr verdienten auch andere Baustoffe wie recycelter Porenbeton oder andere Betonarten, die schlankere Bauweisen und damit Ressourcen sparen, ein grünes Siegel. Die Herstellung von Beton und Zement sind besonders CO2-intensiv.

Den Ruf nach einer Abwrackprämie für Altbauten erneuerte Böll zwar nicht. Er betonte aber: Alte Substanz zu entfernen und zu recyceln „das ist der Weg in die Zukunft, nicht nur der Austausch der Ölheizung.“ Die steuerliche Förderung von Sanierungsmaßnahmen, die helfen Energie zu sparen, mache zwar Sinn, ergänzte Hauptgeschäftsführer Thomas Möller. Aber nur dort, wo es lohne, den Altbau zu erhalten.

Der Bauboom im Südwesten ist ungebrochen. In diesem Jahr rechnet die Branche mit einem Umsatzplus von acht Prozent auf 19 Milliarden Euro. Von Januar bis Juli verbuchten die Firmen ein Plus beim Auftragseingang von 19 Prozent. „Insgesamt schaut unsere Branche zuversichtlich auf die kommenden Monate und das nächste Jahr“, sagte Verbandspräsident Böll. Bis Ende 2019 rechnet der Verband mit
106 000 Beschäftigten - gut zwei Prozent mehr als im Vorjahr. 

Getrieben wird die Entwicklung vor allem von Bauvorhaben bei Firmen und von der öffentlichen Hand mit zweistelligen Zuwächsen beim Umsatz - im Wohnungsbau lag das Plus nur bei knapp 6 Prozent. In den ersten sieben Monaten des Jahres lag die Zahl der Baugenehmigungen unter dem Vorjahreswert.

Verbandspräsident Böll rechnet noch lange nicht mit einem wirtschaftlichen Rückgang für die Branche. Bis 2024 habe die Branche keine konjunkturellen Tiefschläge zu erwarten, prognostizierte er. Grund sei der hohe Bedarf an Investitionen der öffentlichen Hand. Aber auch im Wohnungsbau bleibe die Nachfrage da.

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Erstellt:
18. September 2019, 17:15 Uhr

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