Der VfB will mehr als ein Fußballverein sein
Mit seiner neuen Stiftung will der VfB Stuttgart seiner sozialen Verantwortung stärker gerecht werden. Es gibt konkrete Projekte – und prominente Mitstreiter.
Von Gregor Preiß
Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann startete mit einem Appell. „Wir dürfen kein Kind verloren geben!“ 20 Prozent der Grundschüler könnten heute nicht mehr richtig lesen, schreiben und rechnen. 40 Prozent erfüllten nicht die schulischen Mindeststandards. „Ein Alarmsignal allererster Güte!“
Was der Fußball damit zu tun hat? Sehr viel, wenn es nach Kretschmann und dem VfB Stuttgart geht. Letzterer hat am Mittwoch seine neu gegründete Stiftung namens „Brustring der Herzen“ ins Leben gerufen. „Der Fußball“, sagte Kretschmann, könne Kinder und Jugendliche erreichen, die „wir vielleicht nicht erreichen“. Gemeint sind die klassischen Bildungseinrichtungen, Kirchen und Jugendhäuser. Überall Notstand. Weshalb der größte Verein Baden-Württembergs mit seinen 85 000 Mitgliedern ins Spiel kommt. „Der VfB mit seiner großen Strahlkraft kann da sicher viel bewegen.“
Gemeinsam mit zahlreichen Partnern aus Politik und Wirtschaft will der VfB künftig am gesellschaftlichen Rad drehen. Und dabei mehr sein als nur ein Fußballverein. Das ist die Botschaft, die von der neu gegründeten Stiftung ausgehen soll. „Wir wollen vor allem die unterstützen, die nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens stehen“, sagte Präsident Claus Vogt. Zahlreiche Projekte sind mit der Stiftungsarbeit verbunden. VfB-Vorstandschef Alexander Wehrle nannte die fünf wichtigsten Kernelemente: politische Bildung, Nachhaltigkeit, Diversität, Ernährung und Bewegung sowie bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt.
Dazu will der VfB in Schule und Vereine gehen, beginnend schon mit dem kommenden Schuljahr im September. Bildungsrallye heißt eines der Projekte, bei der Schüler der siebten und achten Klassen in einen gemeinsamen Wettbewerb treten sollen. Der Siegermannschaft winkt ein Ausflug im VfB-Mannschaftsbus. „Wir bekommen Kinder nur dann motiviert, wenn wir auch Themen aufnehmen, welche die Kinder interessieren“, sagte Silke Schmidt-Dencker, die als Geschäftsführerin der Stuttgarter Kinderstiftung ebenfalls mitwirkt. Im Grunde geht es darum, den Bildungsbegriff weiter zu fassen. Oder, wie Kretschmann sagte: „Die Politik kann Bildungsfragen nicht alleine lösen.“
Nun hat sich der VfB Stuttgart gesellschaftliches Engagement schon vor Längerem auf die Fahnen geschrieben. Unter dem Dach von VfB Fairplay leistet der Verein Unterstützung etwa im Bereich der Inklusion. All diese Projekte sollen innerhalb der neuen Stiftung fortgeführt werden. Ein Modell übrigens, das der VfB in der Fußball-Bundesliga nicht exklusiv beansprucht. Auch andere Clubs werden sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung verstärkt bewusst. Alexander Wehrle kennt das Stiftungsmodell aus seiner Zeit beim 1. FC Köln. Gemeinsam mit Vogt hat er in Stuttgart die Initiative ergriffen.
Finanziert werden sollen all die Projekte über Spenden. Wehrles Ziel lautet 400 000 Euro im ersten Jahr. Mittelfristig wird als Stiftungsvermögen eine Million Euro anvisiert. Eingeworben werden soll das Geld über Veranstaltungen wie dem VfB-Golfturnier sowie über professionelles Fundraising.
An prominenter Unterstützung wird es nicht fehlen. Im Kuratorium sitzen unter anderen Cem Özdemir und Günther Oettinger, aber auch Ex-Bundestrainer Joachim Löw sowie Meister-Torwart Timo Hildebrand. Sie alle tragen den Brustring im Herzen, genauso übrigens wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der lobte die Stiftung als „tolle Sache“, konnte sich eine spitze Anmerkung zum Schluss aber nicht verkneifen. „Sportlich“, sagte Kretschmann, „ist beim VfB noch Luft nach oben.“