Nahost-Konflikt
ICC-Chefankläger verteidigt Haftbefehl für Netanjahu
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs wirft israelischen Politikern und Hamas-Anführern schwere Kriegsverbrechen vor. Karim Khan lässt sich auch von prominenter Kritik nicht beirren.
Von red/dpa
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) hat die beantragten Haftbefehle für Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant verteidigt. Ihm sei von mehreren führenden Politikern und anderen von dem Schritt abgeraten worden, sagte Karim Khan in einem BBC-Interview. Es sei aber wichtig zu zeigen, dass für alle Länder die gleichen Maßstäbe gälten, wenn es um mutmaßliche Kriegsverbrechen gehe. Anders als seine Kritiker habe er Beweise für die Vorwürfe gesehen.
Khan hatte im Mai Anträge für Haftbefehle sowohl gegen die beiden israelischen Politiker als auch gegen den Anführer der Hamas beantragt. Sie müssen noch vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bestätigt werden. Sowohl Israel als auch die Hamas wiesen die Vorwürfe zurück. Unter anderem US-Präsident Joe Biden kritisierte die Entscheidung.
Vorwurf der willkürlichen Tötung
Netanjahu und Galant werden von Khan unter anderem beschuldigt, für das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung sowie für willkürliche Tötungen und zielgerichtete Angriffe auf Zivilisten verantwortlich zu sein.
Von den drei Hamas-Anführer, gegen die Khan ermittelte, wurden inzwischen zwei - Mohammed Deif und Ismail Hanija - von Israel getötet. Nur Jihia al-Sinwar lebt noch. Dem Hamas-Chef wirft der Ankläger unter anderem „Ausrottung“ sowie Mord, Geiselnahme, Vergewaltigungen und Folter als Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.
London gibt keine Stellungnahme mehr ab
Zufrieden zeigte sich der Brite Khan darüber, dass London nun keine Stellungnahme mehr beim Gericht gegen die Haftbefehle abgeben will, anders als die Vorgängerregierung angekündigt hatte.
139 Staaten weltweit haben das Römische Statut – die vertragliche Grundlage des IStGH – unterzeichnet, 124 davon haben es ratifiziert, auch Deutschland. Israel gehört neben den USA, Russland und China zu den Staaten, die das Gericht nicht anerkennen. Aber die palästinensischen Gebiete sind Vertragsstaat. Daher darf der IStGH-Ankläger auch ermitteln.