Rivlin will Gantz Auftrag zur Regierungsbildung geben

dpa Tel Aviv. Israels Langzeit-Regierungschef Netanjahu hat es nicht geschafft, eine neue Koalition auf die Beine zu stellen. Jetzt kommt Benny Gantz an die Reihe, der bei der Wahl eigentlich gewonnen hatte. Doch auch seine Chancen gelten als gering.

Der isrealische Ministrerpräsident Benjamin Netanjahu hat es nicht geschafft, eine neue Regierung zu bilden. Foto: Ilia Yefimovich/dpa

Der isrealische Ministrerpräsident Benjamin Netanjahu hat es nicht geschafft, eine neue Regierung zu bilden. Foto: Ilia Yefimovich/dpa

Nach dem Scheitern von Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bei der Bildung einer neuen Regierung soll nun sein Rivale Benny Gantz das entsprechende Mandat erhalten.

Bis Mittwoch könnten die anderen Fraktionen beim Präsidenten dagegen Einspruch einlegen, berichtete das israelische Radio. Dann soll Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß das Mandat offiziell erhalten. Präsident Reuven Rivlin hatte bereits mitgeteilt, den Auftrag zur Regierungsbildung an Gantz weitergeben zu wollen.

Netanjahus Herausforderer hätte dann vier Wochen Zeit für die schwierige Mission, eine Koalition zu bilden. Sollte auch er keine Koalition mit Mehrheit auf die Beine stellen können, kann jeder Abgeordnete 61 Knesset-Kollegen für eine Koalition suchen. Scheitert auch dies innerhalb von 21 Tagen, droht Israel eine dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres. Für die linksliberale „Haaretz“ galt am Dienstag eine erneute Wahl immer noch als wahrscheinlichstes Szenario - zwischen Ende Februar und Ende März 2020.

Netanjahu war nach den Wahlen im September mit der Regierungsbildung beauftragt worden, gab sein Mandat aber am Montag zurück. Der Rechtskonservative war bereits nach der vergangenen Wahl im April mit der Regierungsbildung gescheitert. Der Premier, der seit 2009 ununterbrochen regiert, erklärte in einer Stellungnahme auf Facebook, es sei ihm nicht gelungen, Gantz an den Verhandlungstisch zu bringen.

Netanjahu und Gantz hatten sich bereits in den vergangenen Wochen gegenseitig für die Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung verantwortlich gemacht. Der Likud hatte Blau-Weiß zuletzt eine Blockadehaltung gegenüber einer Einheitsregierung mit paritätischer Aufteilung unter den Partnern vorgeworfen. Gantz hatte dagegen betont, seine Partei werde nicht in einer Regierung sitzen, „deren Vorsitzender sich einer schwerwiegenden Anklage stellen muss“.

Netanjahu droht eine Anklage in drei Korruptionsfällen. Nach einer viertägigen Anhörung zu den Vorwürfen will der Generalstaatsanwalt nun bis Jahresende über eine Anklage entscheiden.

Außerdem hatte Netanjahu direkt nach der Wahl einen Block mit den rechten und religiösen Parteien gebildet. Er besteht darauf, diese in ein Regierungsbündnis aufzunehmen. Gantz strebt jedoch eine säkulare große Koalition an.

Rund eine Woche nach der Wahl am 17. September hatte Rivlin Netanjahu den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Blau-Weiß war bei der Wahl mit 33 Mandaten zwar stärkste Kraft geworden. Der Likud kam nur auf 32 Mandate. Netanjahu erhielt allerdings 55 Empfehlungen von Abgeordneten für das Amt des Ministerpräsidenten - Gantz dagegen nur 54. Weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager hat eine Mehrheit zur Regierungsbildung.

Benny Gantz, ehemaliger Militärchef und Vorsitzender der Blau-Weiß. Foto: Ilia Yefimovich/dpa

Benny Gantz, ehemaliger Militärchef und Vorsitzender der Blau-Weiß. Foto: Ilia Yefimovich/dpa

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Erstellt:
22. Oktober 2019, 15:57 Uhr

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