ADAC analysiert Fahrzeugpreise
Kleine Autos werden immer teurer
Der ADAC nimmt seit Jahren die Preisentwicklung am Automarkt unter die Lupe. Nun hat die neueste Auswertung des Automobilclubs ergeben: Vor allem bei den billigsten Modellen galoppieren die Preise davon. Diese Modelle sind besonders betroffen.

© Stellanti
Schick und nicht gerade billig: die Elektrovariante des Fiat 500. Auch andere Hersteller haben kaum günstige Kleinstwagen im Angebot.
Von Klaus Köster
Die Preise für kleine Fahrzeuge steigen weit schneller als die für große Autos. Zu diesem Schluss kommt der ADAC in mehreren Auswertungen über die Entwicklung des Automarkts. Demnach sind Kleinwagen zwischen 2017 und 2023 im Durchschnitt um 35 Prozent teurer geworden. Bei Kleinstwagen ist die Preissteigerung mit 55 Prozent sogar noch wesentlich stärker.
Ausgedünntes Angebot an günstigen Kleinwagen
Eine der Folgen dieser Entwicklung sei, dass das Angebot an günstigen Modellen in Deutschland extrem ausgedünnt ist. Nur noch vier Modelle sind demnach zu einem Listenpreis von unter 15 000 Euro zu haben – der Dacia Sandero, der Citroën C3, der Fiat Panda und der Mitsubishi Space Star. Und auch diese Fahrzeuge haben sich laut ADAC stark verteuert. So sei der Dacia Sandero bis 2019 noch für weniger als 7000 Euro zu haben gewesen. Heute liege die günstigste Variante dagegen bei 11 300 Euro – und diese sei gar nicht bestellbar. Die günstigste bestellbare Variante liegt demnach bei knapp 14 000 Euro.
Die Kleinwagen verteuern sich damit weit stärker als die Gesamtheit der in Deutschland angebotenen Modell- und Ausstattungsvarianten. Im Jahr 2017 betrug der Durchschnittspreis laut ADAC-Datenbank 46 490 Euro, in diesem Jahr 59 972 Euro. Die Steigerung von 28 Prozent ist damit deutlich höher als die allgemeine Inflationsrate, die im gleichen Zeitraum laut dem Statistischen Bundesamt bei 17,1 Prozent lag. Und doch ist der Preisanstieg auf dem gesamten Fahrzeugmarkt nur halb so hoch wie bei den Kleinstwagen.
Einstiegsmodelle mit teurerer Ausstattung
Einen der Gründe für diese Preissteigerung sieht der ADAC darin, dass einige Hersteller die günstigsten Varianten – Fahrzeuge mit wenig Ausstattung und schwachen Motorisierungen – gar nicht mehr anbieten. So sei ein VW Golf heute nur noch für mindestens 31 145 Euro zu haben. Dieses Modell sei mit 130 PS zwar stärker motorisiert als das bisherige Einstiegsmodell des Golf, der über einen 90-PS-Motor verfügte – das ändere aber nichts daran, dass sich der Preis für den günstigsten Golf um rund 50 Prozent erhöht hat. Eine ähnliche Entwicklung stellt der ADAC beim VW Polo, beim Fiat Tipo und selbst beim kleinen Fiat 500 fest, dessen Einstiegspreis sich innerhalb von drei Jahren um mehr als ein Drittel auf 17 490 Euro erhöht habe. Dieser ist als Verbrenner nicht mehr zu haben, dafür als Hybrid- und als reines E-Fahrzeug, was mit zum Anstieg des Listenpreises für das billigste Modell beiträgt.
Extrem teuer sind demnach auch kleinere E-Fahrzeuge. Bei ihnen sieht der ADAC einen Trend zu Preissteigerungen oder zu extrem hohen Preisen schon vom Modellstart an – vor allem, nachdem der Staat seine Förderung zeitweise stark erhöht hatte. So verlange Renault für den Kleinstwagen Twingo in der Elektrovariante 12 000 Euro mehr als für das gleiche Modell mit Verbrennungsmotor. Angesichts des Listenpreises von mindestens 28 000 Euro sei davon auszugehen, dass Renault die staatliche Förderung von Anfang an auf den Preis aufgeschlagen habe – zulasten der Steuerzahler. Ebenfalls aus dem Renault-Konzern kommt der Dacia Spring Electric. Dabei handele es sich um ein in China gebautes, extrem einfach gehaltenes Modell, das den Listenpreis von 22 750 Euro nicht wert sei.
Manchmal fehlt selbst das Nötigste
Heftig rügt der Automobilclub Hersteller, die ungeachtet der hohen Preise an wichtigen Ausstattungsmerkmalen sparen. So biete der Mitsubishi Space Star beim Thema Sicherheit nur das absolute Minimum dessen, was gesetzlich vorgeschrieben sei. Überdies fehlten beim Kauf zum Einstiegspreis wichtige Ausstattungsmerkmale, die heute selbstverständlich seien. Dazu zählten nicht nur eine Klimaanlage, sondern auch ein Radio und eine Zentralverriegelung.
Unterdessen nimmt der globale Hochlauf der E-Mobilität weiter Fahrt auf. In den automobilen Kernregionen der Welt, China, Europa und den USA, wurden in der ersten Hälfte des Jahres mehr als vier Millionen batterieelektrische Fahrzeuge neu zugelassen, ermittelte der Autoexperte Stefan Bratzel, Leiter des Center Automotive Research (CAR) in Bergisch Gladbach. Das ist ein Anstieg von 36 Prozent. Zwei Drittel dieser Neuzulassungen entfallen allein auf China, wo der Markt um rund ein Drittel wuchs. Dort gibt es – auch wegen des guten Zugangs der Industrie des Landes zu den Batterierohstoffen – extrem günstige E-Fahrzeuge; überdies kostet der Ladestrom nur einen Bruchteil dessen, was in Deutschland dafür bezahlt werden muss, sodass dort das E-Auto eindeutig die kostengünstigere Variante ist.
E-Mobilität in Deutschland
LadenetzBis 2030 sollen 15 Millionen E-Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen rollen, für die eine Million öffentlich zugänglicher Ladepunkte bereitstehen. Dieses Ziel wird aber kaum zu erreichen sein. Mit dem gegenwärtigen Ausbautempo der Ladeinfrastruktur lassen sich nach Angaben des Verbands der deutschen Automobilindustrie (VDA) bis 2030 nur 310 000 Ladepunkte realisieren.
ModelleDie deutsche Autoindustrie konzentriert sich auf große und teure Elektrofahrzeuge – auch weil sich nur dort die hohen Kosten für die Batterie unterbringen lassen. Hierdurch werden in Deutschland bisher kaum kleine Modelle verkauft, die sich wesentlich mehr Menschen leisten könnten. Chinesische Hersteller wie BYD haben bereits angekündigt, dieses Segment belegen zu wollen.