Kommentar: Empörung als Prinzip
Kommentar: Empörung als Prinzip
Von Knut Krohn
Die Aufregung ist groß. Die EU plant eine Verschärfung der Führerscheinregeln in Europa und damit vermeintlich einen Angriff auf der Deutschen liebstes Kind: das Auto. Eine französische Grünen-Abgeordnete hatte im Verkehrsausschuss des Parlaments ein Diskussionspapier vorgelegt. Ein Tempolimit und andere Einschränkungen stehen im Raum.
Erstaunlich ist, dass auch mancher EU-Abgeordneter auf dieser Empörungswelle über eine vermeintlich übergriffige Europäische Union ritt, anstatt die Debatte einzuordnen und zu versachlichen. Denn schon im Verkehrsausschuss zeigte sich, dass die Vorschläge der Grünen-Parlamentarierin praktisch keine Chance auf Verwirklichung haben werden. Danach wird das Thema auch noch im gesamten Parlament diskutiert und am Ende hat zudem der Rat ein gewichtiges Wort mitzureden. Für manche EU-Abgeordnete war die Gelegenheit allerdings zu verlockend, in der allgemeinen Aufregung die politischen Realitäten auszublenden und den „grünen Verbotswahnsinn“ zu geißeln.
Es mag auf den ersten Blick eine attraktive Strategie sein, die politischen Gegner permanent zu attackieren. Diese ständige Empörung ist aber eine Gefahr für den nach einem Kompromiss suchenden politischen Diskurs. Der konstruktive Streit über differenzierte Antworten ist essenziell, die Gesellschaft allerdings auf dem besten Weg, diese Art des Streitens zu verlernen.