Erhard Eppler gestorben: SPD trauert um „großen Vordenker“

dpa Schwäbisch Hall/Stuttgart. Einst galt Erhard Eppler in seiner Partei als Unruhestifter. Doch manches von dem, was der Vordenker sagte, bewahrheitete sich später. Nun ist das Urgestein der SPD gestorben.

Erhard Eppler, ehemaliger SPD-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, ist tot. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild

Erhard Eppler, ehemaliger SPD-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, ist tot. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild

Mahner, Streiter und ein großer Sozialdemokrat: Die SPD trauert um Erhard Eppler. Der frühere Bundesminister starb am Samstag im Alter von 92 Jahren in seiner Heimat Schwäbisch Hall, wie die Partei mitteilte. Die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer würdigte ihn „als einen großen Vordenker in unseren Reihen“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte Eppler einen „wunderbaren Lehrer“.

Der promovierte Gymnasiallehrer, 1926 in Ulm geboren, kam 1956 zur SPD und übernahm dort im Laufe der Jahrzehnte eine Vielzahl an Ämtern und Funktionen. So war er Mitglied im Bundesvorstand und Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, er saß im Bundestag und später im Stuttgarter Landtag. Unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) wurde er 1968 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und blieb dies auch unter Kanzler Willy Brandt (SPD). Knapp sechs Jahre später legte er den Posten im Streit mit Brandts Nachfolger Helmut Schmidt (SPD) nieder. Zweimal trat er zudem erfolglos als Spitzenkandidat der SPD im Südwesten an.

Dreyer erinnerte in einer Mitteilung unter anderem an Epplers „glühende Leidenschaft für ein vereintes und soziales Europa des solidarischen Miteinander“. Sie nannte ihn einen brillanten Denker und messerscharfen Analysten. „Er war ein Gscheitle“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Bei Twitter würdigten zahlreiche SPD-Politiker das Lebenswerk Epplers. Er sei „ein großer Sozialdemokrat, kritischer Mahner und leidenschaftlicher Streiter“ gewesen, schrieb etwa Vizekanzler Olaf Scholz. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete Eppler als wichtigen Ratgeber in seiner Amtszeit. „Beim Atomausstieg, bei den Sozialreformen oder bei internationalen Fragen wie dem Kosovo-Krieg und dem Einsatz deutscher Soldaten im Ausland war Epplers Wort unverzichtbar.“ Baden-Württembergs SPD-Landes- und Fraktionschef Andreas Stoch dankte Eppler für das, „was er uns alles gegeben hat“.

Bundespräsident Steinmeier attestierte Eppler „ein hohes Verständnis von politischer Moral, das sich aus seinem christlichen Glauben speiste und stets Richtschnur seines Handelns war“. Eppler war viele Jahre auch Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland und zweimal Präsident des Evangelischen Kirchentages.

Eppler vertrat schon früh Positionen im Bereich Umweltschutz und Ökologisierung oder in der Friedensbewegung, die heute eher von den Grünen eingenommen werden - und stand damit nicht selten im Widerspruch zur Parteilinie. Im Sommer 1991 hatte sich Eppler aus allen politischen Funktionen verabschiedet, aber nicht aus der öffentlichen Debatte. Zu seinem 90. Geburtstag 2016 sagte die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, Gesine Schwan, Eppler habe oft wie eine „Kassandra“ gewirkt. Kassandra sieht in der griechischen Mythologie das Unheil voraus, aber sie wird nicht gehört. „An ihm kann man sehen, dass man der Sache nach Recht behalten kann, auch wenn man keine Mehrheiten bekommen hat“, sagte Schwan damals. Eppler war selbst fast 20 Jahre Vorsitzender der SPD-Grundwertekommission.

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Erstellt:
20. Oktober 2019, 12:57 Uhr

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