Reform der Grunderwerbsteuer

Lust und Last bei einer Senkung der Grunderwerbsteuer

Steuerfrei ein Haus kaufen – das klingt für Immobilienkäufer traumhaft. Wie die Reformideen zur Grunderwerbsteuer bei Grün-Schwarz in Baden-Württemberg ankommen.

Der liberale Bundesfinanzminister Christian Lindner will die Grunderwerbsteuer reformieren.

© dpa/Kay Nietfeld

Der liberale Bundesfinanzminister Christian Lindner will die Grunderwerbsteuer reformieren.

Von Bärbel Krauß

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat bei einer Reform der Grunderwerbsteuer auf jeden Fall den einfacheren Part: Schafft die Bundesregierung, wie sie es in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hat, eine Öffnungsklausel, die den Ländern eine Senkung oder sogar den Verzicht auf die Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer oder Erstkäufer erlaubt, dann kostet das Lindner keinen Cent. Denn diese Steuer ist eine der wenigen, die alleine den Ländern zugute kommt. Wird sie gesenkt, dann reißt das nur ein Loch in die Landeshaushalte.

Öffnungsklausel für die Länder

Davon kann Baden-Württembergs grüner Finanzminister Danyal Bayaz schon jetzt ein Lied singen. Weil zuletzt wegen Inflation und steigender Kreditzinsen immer weniger Wohnungen und Häuser im Südwesten den Besitzer gewechselt haben, ist die Grunderwerbsteuer in Baden-Württemberg eingebrochen: um mehr als 200 Millionen Euro jährlich, wie die jüngste Steuerschätzung ergeben hat. Vor einigen Wochen stufte Bayaz eine weitere Schwächung dieser Steuerart deshalb als nicht seriös ein und mahnte, die gesetzgeberischen Vorarbeiten zu erledigen.

Jetzt liegt ein Diskussionsentwurf aus Berlin vor. Auf Anfrage will Bayaz das Konzept aktuell nicht kommentieren. Doch grob kalkuliert hat sein Haus, was die geplante Änderung für den Landesetat bedeuten würde. „Die Grunderwerbssteuer zu senken oder gar abzuschaffen, würde das Land etwa einen dreistelligen Millionenbetrag jährlich kosten“, erklärte ein Sprecher. „Bislang kennen wir keine fundierten Vorschläge zur Gegenfinanzierung. Doch ohne seriöse Gegenfinanzierung bedeutet eine Senkung der Grunderwerbssteuer auf der einen Seite Ausgabenkürzungen auf der anderen Seite.“

Bayaz mahnt – Razavi drängt

Diese Mahnung klingt allerdings, als sei sie nicht allein für Berliner Adressen bestimmt. Bayaz’ Kabinettskollegin, Bauministerin Nicole Razavi (CDU), ist an einer Reduzierung der Grunderwerbsteuer höchst interessiert. Mitte Juni erst hat sie Finanzminister Lindner deswegen einen Brief, der unserer Redaktion vorliegt, geschrieben. Darin bittet sie Lindner, „nach Vorstellung der Eckpunkte im Mai 2022 nun schnell das Gesamtkonzept vorzulegen, damit die Länder die neuen Gestaltungsmöglichkeiten nutzen und die Bürger beim Immobilienersterwerb direkt und wirksam entlasten können“.

Razavi begründet ihr Drängeln mit der dramatischen Lage bei Wohnungsbau und Immobilienmarkt. Explodierende Baukosten und gestiegene Zinsen „bewirken in der Realität, dass sich viele Familien den Traum von den eigenen vier Wänden nicht leisten können und somit unzählige Lebensentwürfe durchkreuzt werden“, schrieb sie Lindner. „Die angekündigte Flexibilisierung bei der Ausgestaltung der Grunderwerbssteuer muss dringend kommen, um eine finanzielle Entlastung beim Ersterwerb eines Eigenheims möglich zu machen“, so Razavi. Zugleich mahnte sie bei Lindner auch die nötige „Gegenfinanzierung für die Länder“ an.

Skepsis bei Experten

Unter Steuerexperten ist umstritten, ob ein Wegfall der Grunderwerbsteuer gerade in angespannten Märkten zu der gewünschten Entlastung führen würde. Skeptiker gehen davon aus, dass es bei einem Wegfall der Steuer zu Mitnahmeeffekten bei den Verkäufern kommen würde. Außerdem gilt die aktuelle Grunderwerbsteuer als einfaches Modell. Müsste überprüft werden, ob ein Immobilienkäufer Selbstnutzer sei oder erstmals eine Wohnung kaufe, werde die Umsetzung dagegen kompliziert, heißt es.

Als Streit will man die verschiedenen Haltungen zur Reform der Grunderwerbsteuer bei Grün-Schwarz nicht verstanden wissen. Eher handele es sich um einen natürlichen Interessengegensatz der Ressorts, heißt es. Im Übrigen gebe es in der Koalition noch keine abgestimmte Linie bei dem Thema.

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Erstellt:
5. Juli 2023, 17:10 Uhr

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