Nachwuchssorgen in der Traditionsmannschaft

Während die Profis urlauben, geht die fußballerische Prominenz des VfB Stuttgart auf Tour. Eine Selbstverständlichkeit ist das nicht mehr.

Fester Bestandteil: Guido Buchwald

© Baumann

Fester Bestandteil: Guido Buchwald

Von Gregor Preiß

Stuttgart - Beim TSV Gaildorf gibt es am kommenden Wochenende mit dem 175-Jahr-Jubiläum mächtig was zu feiern. Ein großer Festakt steht bevor, zu dem sich auch die fußballerische Prominenz aus der Landeshauptstadt angesagt hat. Am Samstag tritt eine Gaildorfer Ü-40-Auswahl gegen die Traditionsmannschaft des VfB Stuttgart an. Einen Tag später wartet beim 1. Göppinger SV zur besten Frühschoppenzeit um 11 Uhr die nächste Herausforderung auf die Stuttgarter Altstars. „Das wird ein hartes Wochenende“, sagt Cacau und lacht.

Der 42-Jährige fungiert als eine Art Spielerbetreuer bei der weiß-roten Traditionself. Cacau schnürt noch selbst die Kickschuhe, gleichzeitig organisiert er den Kader für die begehrten Freundschaftsspiele. Neun- bis zehnmal im Jahr gibt sich die Traditionsmannschaft bei Vereinsjubiläen oder Fanclubtreffen gegen ein kleines Handgeld die Ehre. In Gaildorf und Göppingen dürfen sich die AH-Kicker unter anderen auf Guido Buchwald, Hansi Müller und Bernd Förster freuen. Der andere Förster sitzt aus Gründen der körperlichen Versehrtheit auf der Bank – als Trainer.

Viele VfB-Legenden früherer Generationen sind in die Jahre gekommen und körperlich nicht mehr in der Lage, noch robust gegen den Ball zu treten. Auch die jüngeren Altstars müssen ihrer Karriere bisweilen Tribut zollen. Kevin Kuranyi etwa: Der frühere Stürmer riss sich bei einem Legendenspiel bei der WM in Katar Kreuzband und Meniskus und fällt auf unbestimmte Zeit aus.

Deshalb tauchen im aktuellen Kader der VfB-Traditionsmannschaft Namen auf, die nur absoluten VfB-Experten ein Begriff sind. Ehemalige Jugendspieler wie Milan Jurkovic oder Torhüter Christof Weber, der mit dem Club aus Cannstatt 1984 deutscher-A-Jugend-Meister wurde. Dazu aber auch bekanntere Gesichter wie Jürgen Hartmann, Michael Bochtler oder Roberto Pinto. „Wenn alle dabei sind, haben wir eine namhafte Mannschaft“, sagt der Sportliche Leiter und zählt weitere Träger des Brustrings auf wie Zdravko Kuzmanovic, Martin Lanig und Alexander Farnerud. Letzterer wurde mit dem VfB Stuttgart im Jahre 2007 immerhin deutscher Meister.

Ein Selbstläufer sind Spiele der Traditionsmannschaft indes schon lange nicht mehr. „Die Selbstverständlichkeit, für die Traditionself aufzulaufen, ist nicht mehr wie früher da. Man muss schon proaktiv auf die Spieler zugehen. Heutzutage hat jeder seine Verpflichtungen“, berichtet der gebürtige Brasilianer Cacau, der beim VfB als Markenbotschafter beschäftigt ist. Früher sei es selbstverständlich gewesen, dass man zusammengekommen und hinterher auch zusammengesessen sei. Diese Form der Fußballtradition schwinde leider, sagt Cacau.

Die Zahl derer, die als VfB-Legende oder zumindest als langjähriger Bestandteil der Profimannschaft für die Traditionself überhaupt infrage kommen, hat über die Jahre ebenfalls abgenommen. Vereinstreue und Identifikation erlebt man immer seltener, viele Spieler stammen aus dem Ausland und kehren nach ihrer Karriere in ihre Heimat zurück. Weshalb es nur als logische Folge erscheint, dass es auch der Traditionsmannschaft irgendwann an prominentem Nachwuchs mangelt. Eine Entwicklung, die sich bei anderen großen Clubs genauso zeigt.

Doch Cacau will nicht klagen. Im Vergleich zu anderen namhaften Traditionsmannschaften kann der VfB immer noch eine vergleichsweise prominente Truppe aufbieten. Stolz berichtet der frühere Torjäger davon, wie der 67-jährige Bernd Förster kürzlich 90 Minuten lang durchspielte.

Und der Markenbotschafter hat große Pläne. Er will eine echte Legendenmannschaft wiederbeleben, wie sie 2018 beim 125-Jahr-Jubiläum auf dem Platz stand – mit emeritierten Stars wie Giovane Elber, Maurizio Gaudino, Marcelo Bordon, Carlos Dunga, Jürgen Klinsmann und vielen mehr. Cacau: „Sie alle wieder zu vereinen wäre ein Traum.“

Die Devise des Markenbotschafters lautet: „Tradition leben und nicht nur drüber reden. Sie ist Teil der VfB-DNA.“ Eine andere Idee ist, die Teams legendärer Spiele wie 2003 gegen Manchester United oder dem Uefa-Cup-Finale gegen Neapel noch einmal gemeinsam auf den Platz zu bringen.

Cacau geht die Namen durch, er hat sie alle im Kopf, muss zugleich aber feststellen: „Die sind alle gut beschäftigt.“

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Erstellt:
29. Juni 2023, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
29. Juni 2023, 23:24 Uhr

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