Tödlicher Nachbarschaftsstreit: Lange Haftstrafe für Täterin

dpa/lsw Stuttgart. Eine 81-Jährige wird vor einem Jahr tot in einem Hochhaus gefunden - sie wurde erstochen. Zwei Wochen später wird ihre Nachbarin verhaftet - die Gewalttat wird sie bis zum Ende des Prozesses nicht erklären.

Das Landgericht in Stuttgart. Foto: Sina Schuldt/Archivbild

Das Landgericht in Stuttgart. Foto: Sina Schuldt/Archivbild

Sie schlug mit einem Laptop auf den Kopf ihrer 81 Jahre alten Nachbarin ein und stach mindestens zwölf Mal zu - wegen Totschlags ist eine Frau zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Warum konnte der fünf Monate dauernde Prozess um die Gewalttat in einem Sindelfinger Hochhaus im Kreis Böblingen aber nicht klären. „Möglicherweise fühlten Sie sich durch Geräusche aus der Wohnung gestört“, sagte der Vorsitzende Richter zu der 67 Jahre alten Angeklagten am Mittwoch. Sie selbst bestritt die Tat bis zuletzt.

Dem Gericht zufolge klingelte sie Ende Juni 2018 bei ihrer Nachbarin, welche als Liebhaberin klassischer Musik galt. Die 81-Jährige hatte ein Klavier und einen Konzertflügel in ihrer Wohnung und nahm auch im hohen Alter noch Klavierunterricht - auch kurz vor ihrem Tod soll sie laut Zeugen gespielt haben.

In der Mittagszeit eskalierte in der Wohnung der alleinlebenden 81-Jährigen hinter verschlossener Tür die Gewalt: Die Angeklagte habe ihr Opfer den Verletzungen nach an den Oberarmen gepackt, ihren Kopf gegen die Wand geschlagen, mit dem Laptop angegriffen und dann mit einem spitzen Gegenstand immer wieder auf sie eingestochen.

Der Vorsitzende sprach von einer Blackbox: „Es gibt nur zwei Personen, die vom Tatgeschehen erzählen könnten.“ Jedoch sei die eine tot und die andere mache von ihrem Schweigerecht Gebrauch. So blieb ungewiss, was die Angeklagte dazu bewogen hat, ihre Nachbarin - mit der sie eher distanziert im fünften Stock nebeneinander her gelebt haben soll - zu töten. Dem Richter zufolge deuten die Verletzungen allerdings auf eine Tat voll Zorn hin - er sprach von Hinmetzeln: „Hier wurde ein Mensch vernichtet und hingerichtet.“

Beim Chatten hatte sich die Angeklagte zuvor mit einem Bekannten gestritten - und sei aufgebracht gewesen. Sehr viel mehr Einblicke in ihre Gefühlswelt hatte das Gericht nicht. „Eine Verurteilung scheitert nicht daran, dass es kein Motiv gibt“, betonte der Vorsitzende. Dass die Angeklagte die alleinige Täterin war, hätten Gen- und Faserspuren belegt.

Die Kammer war mit der Verurteilung zu 13 Jahren Haft dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Das Urteil gegen die Iranerin ist nicht rechtskräftig. Sie kündigte an: „Ich kämpfe für meine Freiheit.“ (Az. 19 Ks 111 Js 65134/18)

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Erstellt:
26. Juni 2019, 17:28 Uhr

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