Uni Stuttgart schließt vier Wochen ihre Gebäude

Die hohen Energiepreise in der Folge des Ukraine-Krieges machen der Universität Stuttgart weiter zu schaffen. Für die meisten Studierenden bedeutet das: zwei Wochen Onlinestudium im neuen Jahr.

Von Mathias Bury

Stuttgart - Mag die Inflation auch wieder etwas gesunken sein, und mögen die Energiepreise nachgegeben haben: Ausgestanden ist die Energiekrise in der Folge des Ukraine-Krieges noch lange nicht. Das zeigt das Beispiel der Universität Stuttgart. Dort plant die Leitung, die Hochschulgebäude nach Weihnachten vier Wochen lang zu schließen, um Energie und damit in Folge auch Kosten zu sparen.

In einem Schreiben an die Beschäftigten hat der Uni-Rektor Wolfram Ressel mitgeteilt, dass die Hochschule zwar schon mit „zahlreichen gebäudetechnischen und betrieblichen Maßnahmen“ zur Energieeinsparung begonnen habe oder teils bald noch beginnen werde, diese wirkten allerdings „erst mittel- bis langfristig“. Deshalb sei es unerlässlich, „auch kurzfristig Energie zu sparen und den angespannten Haushalt der Universität in den Jahren 2023 und 2024 zu entlasten“, erläutert Ressel. Kurzfristige Maßnahmen seien auch erforderlich wegen der Vorgaben des Landes Baden-Württemberg, „Energieeinsparung im Umfang von 20 Prozent zu erfüllen“.

Deshalb hat die Universitätsleitung entschieden, dass die Gebäude der Hochschule nach Weihnachten vier Wochen lang „grundsätzlich geschlossen“ bleiben, also in der letzten Dezemberwoche und in den ersten drei Januarwochen.

In dieser Zeit werde der Bedarf an Energie „soweit möglich reduziert“. Dafür werde man für die Betroffenen „ortsunabhängiges Arbeiten, den Abbau von angefallenen Mehrarbeitszeiten und den Aufbau von Minderarbeitszeiten“ ermöglichen sowie „die weitgehende Umstellung auf Onlinelehre“ in den Kalenderwochen zwei und drei des neuen Jahres. Das Vorgehen ist mit dem Personalrat der Universität per Dienstvereinbarung geregelt. Auch die Studierendenvertretung war an den Beratungen beteiligt. Die Information der Studierenden selbst soll noch erfolgen.

Die Energiekrise habe die Hochschule „vor große Probleme gestellt“, erläutert Wolfram Ressel die Entscheidung auf Anfrage. Man müsse „knapp zehn Millionen Euro an Mehrkosten im Haushalt ausgleichen“, betont der Rektor. Die Vorgabe einer Energieeinsparung von 20 Prozent durch das Land sei „hart“, räumt Ressel ein. „Das erreicht eigentlich niemand.“ Besonders anspruchsvoll ist das Einsparziel für eine technische Universität wie die in Stuttgart mit ihren „energiefressenden Forschungsrichtungen“. So unterhält die Uni auf dem Campus in Vaihingen ein Höchstleistungsrechenzentrum, das auch Rechenleistungen für die Wirtschaft erbringt und das einen sehr hohen Energieverbrauch hat. Ähnliches gilt etwa für die Höhenprüfstände in der Luft- und Raumfahrttechnik oder die Windkanäle im Bereich Fahrzeugbau.

Man habe sehr viele Möglichkeiten geprüft, erklärt Wolfram Ressel. Ein Ergebnis war, dass etwa die Heizung und Belüftung der großen Hörsäle mit bis zu 1000 Plätzen insbesondere in Monaten wie dem Januar, wo es üblicherweise am kältesten ist, sehr viel Energie verbrauchen. Deshalb habe man sich entschlossen, die zwei Wochen, die man bereits im Vorjahr von Weihnachten bis Dreikönig geschlossen hatte und wo ohnehin nur wenige Studierende anwesend sind, um weitere zwei Wochen zu verlängern. „Das ist nicht schön“, räumt der Rektor ein, aber man sei in einer Zwangslage. Sonst hätte man in Forschung und Lehre oder in anderen Bereichen stärker sparen müssen.

Die vierwöchige Schließung soll auch nicht komplett alle Bereiche treffen. Wo es kleinräumiger zugeht und eine Präsenz der Forscher oder der Studierenden unabdingbar ist, also etwa in Laboren, wird man auch weiter in Präsenz arbeiten und studieren können. Hier sind auch noch nicht alle Details geklärt. Und man denkt auch darüber nach, ob man vielleicht die Großrechner etwas drosseln und langsamer laufen lassen könnte. Versuche an Max-Planck-Instituten hätten ergeben, dass eine Drosselung um zehn Prozent eine Energieeinsparung von bis zu 20 Prozent erbringen könne. „Wir haben also noch was in petto“, sagt Uni-Rektor Wolfram Ressel.

Die Schließwochen seien ohnehin nur Teil eines ganzen Energiesparpakets. Zu diesem Paket gehöre unter anderem auch eine „Awareness-Kampagne“, mit der man darauf hinwirken will, dass in der Hochschule am Abend die Lichter, aber auch die Rechner und Drucker ausgemacht werden. Und die „Spitzenstromabnehmer“ will man künftig zu Zeiten laufen lassen, wenn der Strom am günstigsten ist.

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Erstellt:
16. Oktober 2023, 22:04 Uhr
Aktualisiert:
17. Oktober 2023, 21:57 Uhr

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