Nach der Landtagswahl

Wahl-Patt in Thüringen – wie geht es jetzt weiter?

Nach der Wahl in Thüringen ist die Lage im Landtag verfahrener denn je. Was macht die Situation so schwierig und wie könnten Lösungen aussehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

CDU-Landeschef Mario Voigt steht in Thüringen vor einer schwierigen Aufgabe.

© dpa/Martin Schutt

CDU-Landeschef Mario Voigt steht in Thüringen vor einer schwierigen Aufgabe.

Von Rebekka Wiese

Nach der Landtagswahl in Thüringen stellen sich die Parteien angesichts schwieriger Mehrheitsverhältnisse und womöglich neuer Koalitionserfordernisse auf eine lange Regierungsbildung ein. „Eine solche Situation löst man nicht über Nacht“, betonte CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt am Montag.

Für eine Mehrheit braucht es im Thüringer Landtag mindestens 45 von 88 Sitzen. Mit 32 Sitzen ist die AfD nun die stärkste Kraft. Mit ihr will jedoch keine andere Partei zusammenarbeiten. Deshalb liegt es nun an der CDU als zweitstärkster Fraktion, eine Regierung zu bilden. Um eine Mehrheit zu finden, wird sie sich mit dem BSW zusammenschließen müssen – und noch mit einer weiteren Fraktion. Die CDU hätte gern die SPD dazu geholt. Doch dieser Konstellation fehlt genau ein Sitz für die Mehrheit.

Unvereinbarkeitsbeschlüsse der CDU

Das stellt CDU-Landeschef Voigt vor eine schwierige Aufgabe. Bei seiner Wahl zum Spitzenkandidaten hatte er bekräftigt, sich an den Parteibeschluss halten zu wollen, der eine Zusammenarbeit mit der Linken ausschließt. Angesichts der Sitzverteilung macht ihm das nun unmöglich, auf eine Mehrheit zu kommen.

Muss die CDU trotzdem mit der Linken koalieren? Das kommt darauf an, wen man fragt. Auf Landesebene wäre das vermutlich das einfachste Szenario. Gerade der Linken-Landeschef und bisherige Ministerpräsident Bodo Ramelow gilt als gemäßigter, fast konservativer Linker. Mit der Thüringer Linken zu koalieren, wäre inhaltlich gar nicht so schwierig. Trotzdem wäre es ein sehr gewagter Schritt für die CDU, sich auf ein Bündnis mit BSW und Linken einzulassen. Der Bundesvorsitzende Friedrich Merz würde das kaum billigen, aber auch Voigt selbst müsste um seine Glaubwürdigkeit fürchten. Außerdem würde eine solche Regierung unter hohem Druck stehen. Sollte sie nicht reibungslos funktionieren, könnte die AfD bei der nächsten Landtagswahl mit noch mehr Stimmen rechnen.

Erster Stimmungstest: die Wahl des Landtagspräsidenten

Wenn die CDU nicht mit der Linken koaliert, könnte sie mit BSW und SPD eine Minderheitsregierung bilden. Allerdings hat Thüringen gerade fünf mühsame Jahre mit einer Minderheitsregierung aus Linken, SPD und Grünen hinter sich. So etwas will eigentlich niemand wiederholen. Selbst wenn sich die CDU zusammen mit SPD und BSW dazu entschiede, wäre sie noch auf die Gunst der Linken angewiesen. Die Fraktion müsste die Minderheitsregierung tolerieren.

Wie die Stimmung im Landtag ist, wird sich schnell zeigen – bei der Wahl des Landtagspräsidenten. Die Thüringer Landesverfassung sieht vor, dass sich der Landtag innerhalb von 30 Tage konstituieren und einen Präsidenten wählen muss. Das ist nun ein Risiko, weil die AfD als stärkste Fraktion den ersten Vorschlag für einen Kandidaten machen darf. Zur Wahl braucht ein Kandidat nur eine einfache Mehrheit, die Wahl findet geheim statt. Um einen Landtagspräsidenten aus den Reihen der AfD zu verhindern, müssten sich andere Fraktionen absprechen.

Was, wenn alle Bemühungen scheitern?

Das käme einem ersten Testlauf für eine mögliche Koalition gleich und könnte schnell schiefgehen. Zumal der Landtagspräsident weitreichende Konsequenzen hat: Er beruft den Landtag ein und hat zum Beispiel das Hausrecht. Unter anderem muss er auch zustimmen, wenn die Polizei Räume des Landtags durchsuchen will. Es ist eine Wahl, bei der es schon wieder um sehr viel geht.

Und was wäre, wenn sich keine Regierung findet? Dann müsste sich der Landtag eigentlich auflösen, damit es zu Neuwahlen kommen kann. Allerdings müssten zwei Drittel aller Landtagsmitglieder einer Auflösung zustimmen. In Thüringen wäre es der AfD möglich, ein solches Vorhaben zu blockieren und damit die Regierungsgeschäfte des Landes zu lähmen. Es ist ein Schreckensszenario, das momentan aber nicht als wahrscheinlich gilt.

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Erstellt:
2. September 2024, 18:20 Uhr

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