Renner-Prozess
Zivilprozess rund um Nötigung von Polizei-Inspekteur gestartet
Der Strafprozess gegen den ranghöchsten Polizisten im Land läuft seit April. Jetzt kommt ein Zivilverfahren dazu. Knackpunkt: Was darf die Verteidigung des Inspekteurs am Rande des Strafprozesses über die Nebenklägerin öffentlich machen?

© Lichtgut/Julian Rettig
Der Inspekteur der Polizei in Baden-Württemberg, Andreas Renner, muss sich vor Gericht verantworten (Archivbild).
Von loz/dpa/lsw
Eine Zivilkammer des Stuttgarter Landgerichts hat sich mit dem Verfahren wegen mutmaßlicher sexueller Nötigung gegen Andreas Renner, den ranghöchsten Polizisten des Landes, beschäftigt. Wie der Vorsitzende Richter Oliver Schlotz-Pissarek am Donnerstag mitteilte, geht es dabei um die Frage, ob bestimmte Äußerungen und Behauptungen in einer Presseerklärung der Verteidigung des Inspekteurs zulässig sind oder nicht.
In einer vorläufigen Einschätzung zweifelte die Pressekammer die Rechtmäßigkeit einer Passage der eineinhalb Seiten umfassenden Stellungnahme an. Hier könnte die Privatsphäre verletzt worden sein. Eine Entscheidung soll voraussichtlich am 27. Juli verkündet werden.
Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt
Die Erstatterin der Anzeige, die als Nebenklägerin den Strafprozess ins Rollen brachte, versucht mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Anwältin des Inspekteurs vorzugehen. Sie hatte zu Beginn des Strafprozesses die Mitteilung verbreitet.
Der Anwalt der Polizistin kritisierte unter anderem, dass in der Erklärung die Frau identifizierbar sei. Sie habe sich im Vorfeld des Verfahrens nie zu den Vorwürfen geäußert. Außerdem werde sie von der Gegenseite in einer Passage als „karrieregeile Egomanin“ dargestellt. Hingegen betonte der Vertreter der betroffenen Anwältin: „Alles was da gesagt wird ist zulässig.“ Die beiden Kontrahenten mussten nicht persönlich erscheinen.
Der Vorsitzende Richter der Zivilkammer zweifelte, ob der Antrag auf eine einstweilige Verfügung überhaupt noch Sinn mache. Der Strafprozess gegen den früheren ranghöchsten Polizisten biege auf die Zielgerade ein. In wenigen Tagen wird das Urteil erwartet.
In der im Gerichtssaal des Strafprozesses verbreiteten Erklärung hatte die Verteidigung des Inspekteurs der heute 34 Jahre alten Nebenklägerin vorgeworfen, bewusst ältere und höher gestellte Männer gesucht zu haben, um die Kontakte zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen. Sie habe zudem mehrfach der Polizei die Unwahrheit gesagt. Der Angeklagte sei in dem Verfahren das Opfer und müsse freigesprochen werden.
Der Inspekteur der Polizei soll die junge Polizeibeamtin im November 2021 bei einem Kneipenbesuch sexuell genötigt haben. Er ist inzwischen freigestellt und muss sich derzeit vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Es geht in dem Verfahren um die Frage, ob er als ranghöchster Polizist des Landes seine Machtstellung als Vorgesetzter missbrauchte, um die Kommissarin zu sexuellen Gefälligkeiten zu drängen.