Horngacher: DSV-Wechsel war „ein bisschen zufällig“

dpa Wisla. In Polen hat Skisprung-Trainer Stefan Horngacher große Erfolge und Titel gefeiert. Jetzt ist er in Deutschland gefordert. Als besonders wegweisend sieht der Tiroler gleich den Saisonstart in Polen.

Stefan Horngacher ist der Trainer der deutschen Skispringer. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Stefan Horngacher ist der Trainer der deutschen Skispringer. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Im März verkündete er live im Fernsehen sein Ende bei Polens Adlern, nur wenige Wochen später wurde er offiziell deutscher Skisprung-Bundestrainer: Stefan Horngacher steht beim Deutschen Skiverband (DSV) eine große Herausforderung bevor.

Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht der 50-Jährige über Nervosität, die großen Zukunftsaufgaben und die ungewohnt vielen Verletzungen in seinem Team.

Sie starten in Ihre erste Saison als deutscher Cheftrainer. Ist die Aufregung trotz ihrer Erfahrung als Co-Trainer und Polen-Chefcoach jetzt noch einmal besonders groß?

Stefan Horngacher: Nein, die Aufregung ist so wie immer. Die ist normal, sie hält sich in Grenzen. Man versucht, Dinge zu bearbeiten. Ich bin gar nicht so aufgeregt oder nervös, was jetzt kommt. Man ist eher im Arbeitsmodus vor dem Start.

Hat sich mit dem Posten beim Deutschen Skiverband für Sie auch ein großer Traum erfüllt? Oder haben sie nach einem eher holprigen Sommer etwas Bammel?

Horngacher: Den Traum vom Cheftrainer habe ich mir schon vor drei Jahren erfüllt. Ich wollte schon immer Cheftrainer sein, egal, welche Nation. Dass ich jetzt in Deutschland gelandet bin, war auch ein bisschen zufällig, weil der Werner (Schuster) aufgehört hat und ich vorher schon hier war. Das war für mich die beste Option für die Zukunft. Man geht genau gleich in die Saison wie vorher, es ist egal, ob man in Deutschland oder in einer anderen Nation Trainer ist. Man arbeitet den ganzen Sommer mit den Athleten und versucht, die weiterzuentwickeln. Da ist es eigentlich ziemlich egal, in welcher Nation man arbeitet.

Sie übernehmen ein erfolgreiches Team, das in den vergangenen Jahren viele Titel und Medaillen gewonnen hat. Gibt es in Ihren Augen das eine Ziel, das es mit diesem Team unbedingt noch zu realisieren gibt?

Horngacher: Es gibt noch viele Ziele und Aufträge, die zu erledigen sind. Das ist eine Zwischensaison mit einer Skiflug-WM, das ist ein großes Ziel. Die Tournee ist jedes Jahr ein großes Ziel. Aber wir müssen die Weichen für die nächsten Olympischen Spiele stellen. Wir müssen schauen, dass wir junge Athleten mit dazu bekommen, um diese Jungen für die Olympischen Spiele aufzubauen.

Wie verlief die Übergabe mit ihrem Vorgänger Werner Schuster - hatten sie in den vergangenen Wochen oder Monaten noch viel Kontakt mit ihm oder war das mit der Übergabe im Frühjahr erledigt?

Horngacher: Es hat schon eine Übergabe gegeben bei unserer Trainerkommissionssitzung. Er hat mir feierlich die Fahne überreicht. Er hat die Analyse gemacht und war somit vom Amt weg und ich war im Amt drin. Man sieht sich immer wieder mal und man trifft sich immer wieder mal. Der Kontakt ist nicht so riesengroß. Er hält sich auch komplett aus der Sache raus.

Schuster hat beim DSV eine Ära geprägt. Wie sehen Sie seine Verdienste im vergangenen Jahrzehnt für das deutsche Skispringen?

Horngacher: Wenn man schaut, was in den letzten elf Jahren passiert ist, ist das eine Wende, das ist ganz klar. Er hat systematisch eine Struktur aufgebaut, von oben bis unten, das ist ihm auch gelungen. Das ist für mich angenehm, dass ich ein so funktionierendes System von ihm übernehmen kann.

In letzter Zeit haben sich viele Sportler am Kreuzband verletzt. Im deutschen Team traf das sowohl die Männer als auch die Frauen. Warum häufen sich gerade diese Knieverletzungen derzeit so stark, und was kann man dagegen tun?

Horngacher: Es gibt immer Möglichkeiten, um die Verletzungen zu minimieren. Wir arbeiten intern im Skiverband daran, aber es ist ein komplexes Spektrum. Woran es genau liegt, weiß niemand so genau. Es ist extrem schwer, das zu sagen, warum das gerade bei uns so oft passiert. Fakt ist: Es passieren immer mehr Verletzungen, die früher niemals so stark vertreten waren im Skisprung. Das ist sicher auch den weiten Sprüngen geschuldet.

Wie ist ihr Eindruck von der Mannschaft, kann das Team zum Auftakt gleich um Siege mitspringen?

Horngacher: Der Sommer ist nicht so gut verlaufen bei den Wettkämpfen. Wir haben nur punktuell gute Ergebnisse gemacht. Markus Eisenbichler hat keinen einzigen Wettkampf richtig rübergekriegt. Den Wettkampf hat er eigentlich immer versemmelt, er war im Training wesentlich besser. Wir sind auf einer Kreuzung, in Wisla sehen wir, wo wir hingehen. Gehen wir nach oben oder wird es schwierig? Es gibt gute Sprünge, zum Teil sehr gute Sprünge, es gibt aber auch Dinge, wo Dinge nicht hundertprozentig laufen. Ich denke, dass wir ein gutes Jahr haben können, wenn wir einen guten Start in Wisla haben.

ZUR PERSON: Stefan Horngacher (50) war früher selbst Skispringer und gewann mit Österreichs Team mehrere Medaillen bei WM und Olympia. Als Trainer arbeitete er ab 2011 zunächst als Assistent von Deutschlands Bundestrainer Werner Schuster. In Polen war er zuletzt für drei Jahre Chefcoach.

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Erstellt:
19. November 2019, 08:20 Uhr

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