„Die Reiselust der Leute ist groß“

Das Interview: Der Reisebüro-Unternehmer Peter Rode zur abgesagten BKZ-Leserreise und zur Lage seiner Branche.

„Die Reiselust der Leute ist groß“

Peter Rode betreibt ein Reisebüro an den Standorten Beilstein und Steinheim und war für die Organisation der geplanten BKZ-Leserreise nach Oberammergau zuständig. Foto: privat

Von Bernhard Romanowski

Herr Rode, aus der Fahrt nach Oberammergau wird dieses Jahr nichts. Einen Schaden haben unsere Leser, die bereits gebucht hatten, dadurch aber nicht, richtig?

Die Kunden bekommen ihr Geld für die Reise sowie für den Eintritt zu den Passionsspielen und alle gebuchten Leistungen zu hundert Prozent zurückerstattet. Das Angebot stieß bei Ihren Lesern auf eine Riesenresonanz. Umso trauriger, dass das nun nicht möglich ist. Die Organisatoren der Passionsspiele in Oberammergau hoffen, die Veranstaltung 2022 nachholen zu können.

In einem offenen Brief haben sich jüngst etliche Reisebüro-Organisationen an die Bundesregierung gewandt, um sich für ein Rettungsmodell für ihre Branche starkzumachen. Sie kritisieren auch das Gutscheinmodell der Bundesregierung, wonach stornierte Reisen nicht in bar, sondern durch einen Reisegutschein erstattet werden können. Wie halten Sie es damit?

Ich war von Anfang an der Meinung, dass die Kunden ihr Geld sofort zurückbekommen müssen. Doch dann wurde die Gutscheinlösung aus dem Hut gezaubert und von der Bundesregierung für gut befunden. Hier hat in meinen Augen der Staat versagt, der hier finanziell hätte helfen müssen. Für die bei uns gebuchten Pauschalreisen haben unsere Kunden ihr Geld komplett zurückerhalten. Das ist unsere Leistung mit unseren 14 Mitarbeitern. Bei dem Angebot für Oberammergau beispielsweise ging es ja nicht nur um die Rückerstattung der Kosten für die reine Fahrt. Da gehört ja auch ein Rahmenprogramm dazu, das bereits gebucht war. Versuchen Sie mal als Kunde, der ein Einzelticket gebucht hat, derzeit Ihr Geld zurückzubekommen. Sie kommen telefonisch gar nicht durch. Unsere Kunden haben ihr Geld zurück. Wir als Reisebüro noch nicht.

Wie sind Sie derzeit personell in Ihrer Firma aufgestellt?

Von den 14 Mitarbeitern arbeiten zurzeit nur zwei in unserem Büro in Beilstein. Die anderen sind in Kurzarbeit. Das Büro in Steinheim ist geschlossen. Als zuletzt die Reisewarnung bis zum 14. Juni verlängert wurde, waren wir ausnahmsweise zu sechst im Büro. Wir haben alle unsere Kunden angerufen, die davon betroffen waren. Das Neugeschäft bewegt sich momentan auf Nullniveau. Seit über zwei Monaten sind keine Neubuchungen in Sicht, also auch keine Einnahmen.

Auch die innerdeutschen Reiseangebote ziehen aktuell nicht?

Ich sehe im Moment keine Nachfrage für Reisen in Deutschland. Weil die Lage so undurchsichtig ist und auch die Reiseveranstalter ganz unterschiedlich agieren. Die Leute sind verunsichert und fragen sich: Wie geht es weiter in der Coronakrise? Kommt die zweite Welle? Grundsätzlich haben die Leute aber große Reiselust und wollen weg. Die Kunden vertrösten zu müssen, macht uns wirklich keinen Spaß.

Wird der Reisemarkt sich grundlegend verändern durch die Coronakrise?

Es ist nicht mehr normal, was normal war. Den großen Massentourismus wird es voraussichtlich nicht mehr geben in der Form, wie wir das kannten. Für uns ist derzeit wichtig, dass die Kunden, die gebucht haben, ab Anfang Juli wieder reisen können. Und die Reisebüros betreffend denke ich: Die gesunden Betriebe werden die Coronakrise irgendwie durchstehen, die anderen nicht. Eine Unterstützung vom Staat ist dringend notwendig, sonst gibt es im Frühjahr nur noch ein Drittel der Reisebüros. Wir haben ein gesundes Unternehmen. Ich bin seit 40 Jahren im Geschäft. Doch wenn sich die Krise mit den derzeitigen Beschränkungen bis in die Sommerferien zieht, dann geht es auch für uns ans Eingemachte.

Dennoch machen Sie einen gefassten Eindruck und haben Ihren Humor offenkundig nicht verloren.

Das Leben ist zu kurz, um vergrämt zu sein. Und ich bin guter Dinge, dass ab Sommer wieder mehr möglich ist. Dann geht es für meine Frau und mich auf die Donau. Budapest, die Puszta, Bratislava – das sind Orte, an denen man wieder auflebt – kann ich Ihnen nur empfehlen.

Passionsspiele sollen 2022 nachgeholt werden

Ebenso wie die geplante BKZ-Leserreise nach Malta wird auch die Reise für unsere Leser nach Oberammergau nicht stattfinden. Die 42. Oberammergauer Passionsspiele wurden aufgrund der Coronapandemie verschoben. „Die Gesundheit unserer Gäste und Mitwirkenden hat für uns höchste Priorität, daher haben sich die Verantwortlichen entschlossen, die für den 16. Mai 2020 geplante Premiere auf das Jahr 2022 zu verschieben“, teilen die Organisatoren mit.

Zu der Entscheidung, die Aufführung der Passionsspiele Oberammergau zu untersagen, erklären das Landratsamts Garmisch-Partenkirchen sowie das zuständige Gesundheitsamt: „Das Gesundheitsamt hat eine Risikoeinschätzung vorgenommen. Hiernach ist eine Durchführung der Passion bis in den Herbst hinein nicht möglich.“

Die Passionsspiele gehen auf das Jahr 1633 zurück. Damals gelobten die Oberammergauer, das Leiden, Sterben und die Auferstehung Christi aufzuführen, wenn niemand mehr an der Pest sterben sollte. Dieses Gelübde wollen die Oberammergauer weiterhin erfüllen und das Passionsspiel 2022 zur Aufführung bringen. Die Premiere ist für den 14. Mai 2022 vorgesehen.

Bereits in der Vergangenheit kam es zu Verschiebungen oder gar Absagen der Passionsspiele. 1770 konnten die Passionsspiele aufgrund eines Generalverbotes nicht stattfinden. 1920 beschloss der Gemeinderat, die Vorbereitungen angesichts der hohen Zahl an Gefallenen des Ersten Weltkrieges nicht voranzutreiben. Jedoch wurde die Veranstaltung 1922 nachgeholt. 1940 verhinderte der Zweite Weltkrieg eine Aufführung.