Fitnessboom zum Jahresauftakt bleibt aus

Seit Juni 2021 dürfen die Sportstätten zwar wieder geöffnet haben, doch die Fitnessstudios in Backnang und Umgebung kämpfen immer noch mit geringen Kundenzahlen. Auch die diesjährigen Neujahrsvorsätze reichten nicht aus, um einen großen Ansturm auszulösen.

Fitnessboom zum Jahresauftakt bleibt aus

Aydin Bayrak in seinem AB Fitnessstudio in Sulzbach an der Murr. Seine Kundenzahlen sind in der Pandemie stark gesunken. Foto: A. Becher

Von Anja La Roche

Rems-Murr. Der Januar ist normalerweise ein gewinnbringender Monat für die Fitnessstudios. Zum nasskalten Winterwetter gesellen sich Neujahrsvorsätze, sodass sich viele Personen dazu entschließen, wieder mal etwas für ihre körperliche Fitness zu tun. Doch dieses Jahr fällt der Ansturm auf die Fitnessstudios gering aus. Und das, obwohl diese nach zwei langen Lockdowns (siehe Infokasten) von ausbleibenden Umsätzen gebeutelt sind. Der Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen (DSSV) diagnostiziert eine prekäre Situation der Branche; die Studios hätten dieses Jahr laut eigener Umfrage 67 Prozent weniger Neuanmeldungen in den ersten zwei Januarwochen zu vermelden als im Jahr 2020. Die Betreiber hiesiger Fitnessstudios können diesen Eindruck bestätigen. Während alteingesessene Studios immerhin von ihrer langjährigen Stammkundschaft zehren können, haben andere bereits die Hoffnung aufgegeben, dass sie ihr Studio noch retten können.

Der Betreiber des AB Fitnessstudios in Sulzbach an der Murr gehört scheinbar zu den etwas glücklicheren. Seine Stammkundschaft sei zum Großteil treu geblieben, berichtet Aydin Bayrak, der das Studio 2011 eröffnete und ein weiteres in Winnenden betreibt. Aber auch er hat mit schwindender Nachfrage zu kämpfen. „Seit Beginn der Pandemie haben wir etwa 30 Prozent weniger Kundschaft“, berichtet er. Der Beginn des neuen Jahres brachte ebenfalls keinen großen Ansturm. „Es war schon im Sommer schwierig, Neukunden zu bekommen“, sagt Bayrak. Um wieder mehr Mitglieder anzulocken, bietet er neue Optionen an. So kann man nun auch einen monatlich kündbaren Vertrag wählen und das Studio ist täglich rund um die Uhr geöffnet.

Obwohl nur Geimpfte Zutritt haben, halten sich viele ältere Kunden zurück

Bei Stefan Armbruster ist die Situation noch schwieriger. „Es ist eine Katastrophe“, sagt der Inhaber des Fitplus-Clubs in Backnang-Waldrems. Sein Studio habe kaum Neukundenzulauf, er denke bereits über Schließung nach. Neue Mitglieder zu Beginn des Jahres seien ausgeblieben. „Mein Problem ist, dass ich erst ein halbes Jahr vor dem ersten Lockdown geöffnet habe. Und seitdem ist das Studio nie auf einen grünen Zweig gekommen.“ Die Zurückhaltung potenzieller Neukunden führt Armbruster zum einen auf die Unsicherheit der Menschen aufgrund der wechselnden Maßnahmen der Politik zurück. Zum anderen darauf, dass es in Waldrems viele ältere Menschen gebe, die ängstlich einer möglichen Infektion gegenüber seien. „Dabei ist das System eigentlich krisensicher. Wir haben einen Scanner an der Türe, sodass man nur mit Impfnachweis Zutritt hat.“ Auch Silke Weber, die nebenberuflich das Ema-Fitnessstudio in Auenwald betreibt, sagt: „Ich hätte schließen müssen, wenn ich von meinem Studio finanziell abhängig wäre.“

Ähnlich verzweifelt ist auch Lena Bredow, die Inhaberin von Lightlife Woman in Backnang. Auch bei ihr bleiben Neukunden aus. Die Beiträge hatte sie, wie viele andere Studios im Lockdown, nicht eingezogen; in der Hoffnung, dass es bald wieder bergauf geht und sie die Mitglieder dadurch bei der Stange hält. Nun schreibt ihr ehemals gesunder Betrieb rote Zahlen. „Wir stehen mit dem Rücken an der Wand“, sagt Bredow. Die staatlichen Überbrückungshilfen und Steuererleichterungen würden das kaum abfangen. Eine noch kürzere Vertragslaufzeit anzubieten, kommt für sie nicht in Frage. „Das würden wir nicht überleben. Um die Kosten zu decken, müssten die kürzeren Verträge teurer sein, und das zahlen die Kunden nicht.“ Ihr zweites Studio in Winnenden musste Lena Bredow im März 2021 bereits schließen, weil ihr das Personal gekündigt hatte. „Das Personal sucht sich andere Arbeitsplätze mit mehr Sicherheit.“

Inhaber Polat hofft auf 2022 als Stabilisierungsjahr

Der Fitnessclub Asahi in Murrhardt ist dahingehend besser aufgestellt. Wie auch das AB Fitnessstudio hat es bereits vor Jahren geöffnet, sogar schon im Jahr 1999. Dadurch hält eine größere Stammkundschaft dem Studio die Treue, so der Inhaber Emre Polat. Einen Verlust hat dennoch auch dieses alteingesessene Studio zu verzeichnen und auch hier sei der große Boom um Neujahr ausgeblieben. „Wir haben diesen Januar halb so viele Neuanmeldungen wie im Januar 2019“, vergleicht Polat die derzeitige Situation mit der vor der Pandemie.

Problematisch sieht der Inhaber des Fitnessstudios Asahi die 2-G-Plus-Regelung. Denn dadurch muss er zusätzliches Personal bezahlen, welches die Tests am Eingang überprüft. Auch wenn es seinem Betrieb noch vergleichsweise gut geht, empfindet Polat die Situation seiner Branche als sehr unsicher: „Das Jahr 2022 sollte ein Stabilisierungsjahr für die Fitnessbranche sein. Es ist extrem wichtig, dass die Studios jetzt aufbleiben können.“

Der DSSV fordert nun mehr staatliche Unterstützung für die Fitness- und Gesundheitsbranche. So fordert der Verband, dass die Überbrückungshilfe IV für Unternehmen, die noch bis März 2022 beansprucht werden kann, für mehr Betriebe zugänglich gemacht wird. Statt bei einem um mindestens 30 Prozent rückläufigen Umsatz solle sie bereits ab 15 Prozent weniger Umsatz ausgezahlt werden. „Wenn 2-G-Plus in unserer Branche weiterhin Bestand hat und die Regierung nicht das gemeinsame Ziel im Fitness- und Gesundheitstraining erkennen möchte – nämlich die Gesunderhaltung der Bevölkerung und die Krankheitsprävention – dann muss die neu aufgelegte Überbrückungshilfe IV dies auch hundertprozentig abfedern“, äußerte sich Birgit Schwarze, die Präsidentin des DSSV, am 17.Januar in einer Pressemitteilung.

Lockdowns und Öffnungen der Fitnessstudios

Lockdowns Am 17. März 2020 mussten die Fitnessstudios hierzulande erstmals schließen. Der erste Lockdown dauerte für sie bis Mai 2020 an. Und auch der zweite Lockdown ließ nicht lange auf sich warten. Die zunächst als „Lockdown Light“ bezeichneten Schließungen durch die Bundesregierung im November 2020 zwangen die Angestellten der Fitness- und Gesundheitsbranche wieder zur Pause. Dieser zweite Lockdown dauerte über sieben Monate an: Am 7. Juni 2021 durften die Studios im Kreis wieder öffnen.

Öffnung unter Einschränkungen Ab dem 23. August 2021 galt die 3-G-Regelung in den Studios, je nach Inzidenz. Seit dem 24. November 2021 ist der Hospitalisierungswert statt der Inzidenz ausschlaggebend. Bei der Alarmstufe eins greift die 2-G-Regelung, bei der Alarmstufe zwei die 2-G-Plus-Regelung. Nur Geboosterte und vor weniger als drei Monaten Geimpfte und Genesene können ungetestet ins Studio gehen. Der Hospitalisierungswert liegt derzeit unter dem Schwellenwert für die Alarmstufe zwei. Aber die Landesregierung verlängerte die zweite Alarmstufe am 12. Januar unabhängig von dem Hospitalisierungswert bis zum 1. Februar. Das Einfrieren der Alarmstufe zwei wurde allerdings gestern vom Verwaltungsgerichtshof für in Teilen rechtswidrig befunden. Eine Rückkehr zum Stufensystem je nach Hospitalisierungswert könnte für die Fitnessstudios daher in den kommenden Tagen erfolgen, falls der Wert bis dahin nicht sowieso den Schwellenwert sechs überschreitet.