Studenten engagieren sich für Schnelltests

Noah Schäftlmeier (20) gründet im Januar seine Firma Minessa Medical und eröffnet ein Testzentrum in Ludwigsburg. Seit dieser Woche gibt es auch ein Zentrum am Backnanger Bahnhof. Der Student Lucas Schoch (18) ist seit März mit in der Geschäftsführung.

Studenten engagieren sich für Schnelltests

Die Testkapazitäten in Backnang werden ausgeweitet: Ein neues Testzentrum steht seit dieser Woche am Backnanger Bahnhof. Foto: A. Becher

Von Ingrid Knack

BACKNANG. Seit dieser Woche gibt es in Backnang weitere Corona-Schnelltest-Zentren. Wie Backnangs Wirtschaftsförderer Reiner Gauger bestätigt, können sich die Bürger nun auch im Lidl-Areal in der Weissacher Straße testen lassen sowie beim Bahnhof, direkt neben dem Taxistand. Das Testzentrum am Backnanger Bahnhof wird von der Firma Minessa Medical Deutschland GmbH mit Sitz in Winnenden betrieben, die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) hat nach Aussagen Gaugers die Ecolog Deutschland GmbH für die Testungen mit im Boot.

Gauger ist sehr bestrebt, die Testungen auszuweiten. Wer diese in Backnang anbieten will, wird von der Stadt nach Kräften unterstützt. Größere Testkapazitäten sind auch Teil des Konzepts Neustarthilfe „Offensive Innenstadt“. Sobald wieder Öffnungen beispielsweise im Einzelhandel, in der Kinobranche oder des Wonnemars möglich seien, müsse es ausreichend Testmöglichkeiten geben, so der Wirtschaftsförderer.

Das schon etwas länger bestehende Testzentrum auf der Bleichwiese wird laut Gauger gut angenommen, obendrein wird etwa bei Ärzten und Apotheken, auch in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz, sowie in Firmen wie bei Tesat getestet. Dennoch ist Gauger überzeugt: „Wir brauchen mehr.“ Seine Hochrechnung für die nahe Zukunft sieht so aus: „Wir werden 3000 bis 5000 Testungen am Tag benötigen.“ Tübingen mit rund 80000 Einwohnern habe 8000 bis 9000 Testungen am Tag vorgesehen. In seinem Zuständigkeitsbereich hat der Wirtschaftsförderer nicht nur Backnang mit knapp 40000 Einwohnern im Blick, sondern auch das Umland. „Wir wollen dann auch wieder, dass die Leute von dort nach Backnang kommen. Aus all diesen Gründen haben wir gesagt, wir ermöglichen alles, was nur geht.“ Denn die Zahl der Menschen, die zweimal geimpft sind, lässt noch zu wünschen übrig.

Im Fall der neuen Teststation am Bahnhof hatte das Unternehmen Minessa Medical via E-Mail bei der Stadt Backnang angefragt, ob es im Stadtgebiet einen Testcontainer aufbauen könne. Gauger sagte sofort zu, ein Platz wurde ausgesucht und ein Baustromverteiler aufgestellt, für den die Stadt Backnang aufkommt. Alles andere wird von Minessa Medical übernommen.

Zehn Testzentren werden bald am Start sein.

Der Gründer der Winnender Firma ist Noah Schäftlmeier. Der 20-Jährige studiert an der Wirtschaftshochschule WHU in Vallendar bei Koblenz Betriebswirtschaftslehre. Anfang des Jahres eröffnete er das erste Testzentrum seines neuen Betriebs in Ludwigsburg. Mittlerweile kamen sieben weitere Zentren hinzu. „Wir sind momentan in einer sehr turbulenten Phase. Wir bauen aktuell mehrere Zentren parallel dazu auf“, erklärt der Jungunternehmer. Dieser Tage wird auf insgesamt zehn Zentren erweitert. Im Rems-Murr-Kreis ist Minessa Medical neben Backnang noch in Leutenbach und Winnenden vertreten. Knapp 100 Mitarbeiter hat das Unternehmen zwischenzeitlich.

Im März stieg ein Kommilitone Schäftlmeiers, der 18-jährige Lucas Schoch, in die Geschäftsführung mit ein. Die Hauptverwaltung befindet sich bei Koblenz in Uninähe, ein guter Standort für die Studenten und für ein potenzielles unternehmerisches Engagement in ganz Deutschland. Die Mitarbeiter dort kümmern sich um Geschäftsbereiche wie Personalmanagement und Logistik. Dort verfügt die Firma nach den Worten von Noah Schäftlmeier auch über genügend Lagerfläche für die Testkits. Da das Semester vergangene Woche zu Ende ging, „können wir uns noch besser auf die Firma konzentrieren“, so der Winnender.

Schäftlmeier rechnet zunächst einmal mit 500 bis 600 Testungen pro Tag in Backnang. Bei Bedarf ließe sich dies aber auf mindestens 1000 bis 1500 Testungen steigern. Schäftlmeier: „Wir haben den Vorteil, dass wir sehr viele Mitarbeiter in der Region beschäftigt haben.“ Das heißt, wenn die Nachfrage steigt, kann auch schnell mehr getestet werden. Am ersten Tag in Backnang wurden indes nicht einmal 100 Tests erreicht, wie Stefanie Gebhardt Auskunft gibt. „Das ist klar am Anfang, da weiß nicht jeder Bescheid. Das ist normal“, zeigt sich Gebhardt entspannt. Sie hat in mehreren Testzentren die Stationsleitung inne.

Wirtschaftsförderer Gauger überzeugt im Übrigen die Personalpolitik des Unternehmers. Bei Minessa Medical werden auch Menschen beschäftigt, „die woanders freigestellt sind“. Schäftlmeier sagt dazu: „Wir freuen uns über Bewerbungen von Leuten, die eine gewisse Zeit überbrücken müssen, weil wir ja auch temporär am Start sind. Es ist so ein Geben und Nehmen. Wenn wir gebraucht werden, haben üblicherweise die anderen Leute noch genug Zeit. Und andersherum: Wenn wir nicht mehr gebraucht werden, können diese wieder in ihren normalen Job rüberwechseln.“ Er spricht von vielen Bewerbungen für die einzelnen Standorte, „weil wir sehr fair und transparent bezahlen in meinen Augen – übertariflich“.

Ihm sei es auch sehr wichtig, „dass wir medizinisches Fachpersonal anstellen. Dass die Abstriche auch sauber und richtig gemacht werden. Unsere Mitarbeiter sind alle geschult und zertifiziert, sie haben durch einen Mediziner eine Hygiene- und Betriebseinweisung bekommen“. Daneben gibt es nicht medizinisches Personal, das unter anderem die Daten aufnimmt oder für die Organisation vor Ort sorgt. Und der Firmenchef hebt hervor, dass Termine sowohl mit als auch ohne Anmeldung möglich sind. Wer sich anmelden möchte, kann dies über die Internetseite des Unternehmens erledigen. Wer einfach so vorbeikommt, sollte Personalausweis und Krankenkassenkarte dabeihaben. Das Ergebnis bekommt man per E-Mail oder per SMS. Oder man wartet einfach 15 Minuten und bekommt eine schriftliche Bestätigung.

„Wir sind nicht nur da, wenn’s gut läuft.“

Wie viele Tests gemacht werden müssen, bis die Firma in die Gewinnzone kommt, darüber macht Schäftlmeier keine Angaben. Er meint nur: „Es muss schon ein gewisser Durchlauf da sein, keine Frage.“ Und er fügt an: „Uns ist es wichtig zu sagen, wir sind nicht nur da, wenn’s gut läuft. Auch wenn die Zahlen nicht unseren Erwartungen entsprechen, werden wir das Zentrum trotzdem beibehalten.“ Freilich handelt es sich um ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen. „Das müssen wir auch, sonst dürfen wir nicht abrechnen.“ Abgerechnet wird mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), sprich: Der Bund beziehungsweise der Steuerzahler übernimmt die Kosten für die Schnelltests.

Auch im Testzentrum bei Lidl könne man ohne Anmeldung getestet werden, weiß Reiner Gauger. „Das ist der große Vorteil für die Leute, die kein Handy haben, oder für ältere Menschen, die nicht internetaffin sind.“ Gauger ist es auch wichtig, dass die Testzentren über die Stadt verteilt sind. Mit der Schwarz-Gruppe hatte sich Gauger übrigens selbst telefonisch in Verbindung gesetzt. Um es den Anbietern so einfach wie möglich zu machen, wird auch keine baurechtliche Genehmigung für die Container gefordert. Diese werden als sogenannte fliegende Bauten behandelt. „Über einen Zeitraum von sechs Monaten kann man das genehmigen, und dann sehen wir weiter.“ Überlegt wird auch ein Drive-in beim Wonnemar in Zusammenarbeit mit den Johannitern. Aber: „Wir wollen erst abwarten, wie die Entwicklung bei den anderen Testzentren ist.“

Neue Testzentren in Backnang

Seit Montag steht auf dem Parkplatz beim Backnanger Bahnhof ein Doppelcontainer der Winnender Firma Minessa Medical, in dem sich Menschen mit und ohne Anmeldung auf das Coronavirus testen lassen können. Das Ergebnis der Antigen-Schnelltests liegt nach 15 Minuten vor.

Wer sich anmelden möchte, kann über die Internetadresse http://schnell-coronatest.de gehen. Zu dem Termin muss dann der Personalausweis oder der QR-Code mitgebracht werden. Auch die Krankenkassenkarte sollte man dabeihaben.

Die Öffnungszeiten des Testzentrums sind Montag bis Samstag von 7 bis 18 Uhr und Sonntag von 9.30 bis 14.30 Uhr.

Pro Test werden von der Kassenärztlichen Vereinigung höchstens 18 Euro an Testzentren bezahlt. Auf der anderen Seite müssen aber die Ausgaben für das Personal, die Container, Computer, die Einrichtung und dergleichen vom Anbieter bestritten werden. Für die Bürger sind die Tests umsonst.

Auch bei Lidl und der BayWa in der Weissacher Straße gibt es neue Testzentren.