„Wir müssen auf chronisch Kranke aufpassen“

Das Interview: Hausarzt Alexander Beck über sein Vorgehen beim ersten Coronafall und den Alltag unter Quarantäne

„Wir müssen auf chronisch Kranke aufpassen“

Alexander Beck ist Hausarzt und Gemeinderat in Rudersberg. Foto: Schaal

Von Mathias Ellwanger

RUDERSBERG. Der erste bestätigte Coronafall im Rems-Murr-Kreis wurde in der Rudersberger Arztpraxis von Alexander Beck entdeckt. Der Hausarzt und Gemeinderat befindet sich seit dem positiven Befund seines Patienten in Quarantäne. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie er mit dieser Situation umgeht und wie er die Lage einschätzt.

Herr Beck, wie geht es Ihnen und wo befinden Sie sich gerade?

Mir geht es gut, ich bin gesundheitlich stabil und befinde mich seit Dienstag in Quarantäne an einem Ort außerhalb von Rudersberg.

Wie verbringen Sie diesen Zwangsurlaub von der Arbeit als Arzt?

Ich nutze die Quarantäne, um Dinge zu erledigen, für die ich zuvor kaum Zeit hatte, kümmere mich um meine Steuer oder schreibe Gutachten.

Sie haben den Coronapatienten in ihrer Praxis untersucht. Wie lief das ab?

Wir haben mit ihm am Montag einen Termin außerhalb der Öffnungszeiten vereinbart. Die Untersuchung fand in einem Raum statt, den an dem Tag keine Patienten betreten haben. Er hatte nur Kontakt zu mir. Ich trug eine FFP-2-Schutzmaske* und nahm von ihm einen Abstrich. Im Anschluss haben wir den Raum desinfiziert.

Was haben Sie getan, als klar war, dass er das Virus hat?

Ich habe Kontakt mit Chefarzt Torsten Ade im Rems-Murr-Klinikum aufgenommen und die Aufnahme geplant. Ich habe mit dem Patienten und seiner Ehefrau telefoniert, damit die Kinder sofort nach Hause kommen und die Schule informiert wird. Ich habe mit dem Roten Kreuz den Transport organisiert. Mit Claus Unger vom Gesundheitsamt habe ich dann vereinbart, dass ich mit der kompletten Schutzkleidung gemeinsam mit dem DRK die Untersuchung der Familie vornehme, während der Transport des Patienten ins Krankenhaus geplant und durchgeführt wird. Die Schutzkleidung wurde direkt vom Roten Kreuz zur Adresse des Patienten geliefert, wo ich mich komplett einkleiden konnte.

Sie wurden inzwischen selbst untersucht. Wie ist der Befund?

Der erste Abstrich hatte zum Ergebnis, dass ich nicht infiziert bin. Obwohl ich alleine war, haben wir vorsorglich auch die Mitarbeiter der Praxis testen lassen. Bei keinem wurde das Coronavirus festgestellt.

Obwohl der Befund negativ ist, befinden Sie sich noch unter Quarantäne. Wann können Sie wieder am öffentlichen Leben teilnehmen?

In Abstimmung mit dem Gesundheitsamt wurde mir eine 14-tägige Quarantäne verordnet. Am Donnerstag habe ich einen zweiten Abstrich machen lassen. Wenn das Ergebnis vorliegt, wird entschieden, ob ich das Haus wieder verlassen darf. Da ich einen Mundschutz trug und bei den Angehörigen eine Schutzkleidung trug, gehöre ich nur eingeschränkt zur höchsten Risikogruppe.

Halten Sie die getroffenen Maßnahmen für richtig?

Das ist okay so. Schließlich stelle ich ein potenzielles Risiko dar. Da ich negativ getestet wurde, ist allerdings keine Gefahr zu erwarten.

Wie bewerten Sie das Vorgehen der Behörden?

Es wurde adäquat reagiert. Im Moment wird versucht, die Infektionskette mit geringem Aufwand zu unterbinden und Betroffene zu identifizieren.

Wie schätzen Sie die Gefahr durch Covid-19 ein?

Für die Masse ist das Virus nicht so gefährlich und vergleichbar mit der Grippe. Wir müssen aber auf jene Patienten aufpassen, die bereits chronisch krank sind.

Ist Deutschland gut gerüstet für das Virus oder hätten wir so drastisch reagieren müssen wie in China?

Die Arztpraxen müssten noch besser mit Schutzkleidung ausgerüstet sein. Nicht alle sind da so gut aufgestellt wie wir. Ansonsten haben wir angemessen reagiert. Die beste und einfachste Lösung ist es, die Betroffenen kurzfristig und ohne großen Aufwand zu identifizieren und anschließend zu isolieren. Panik ist jetzt nicht angebracht. Wir müssen vielmehr auf die Vernunft der Bürger setzen.

Halten Sie es in dem Zusammenhang für richtig, dass jetzt so viele Veranstaltungen abgesagt werden?

Ich finde das gut, da die Ansteckungsgefahr potenziell sehr groß ist. Nichts ist so wichtig, dass es jetzt unbedingt stattfinden müsste. Die Gesundheit der Bürger geht vor.

*Anmerkung: FFP steht für Filtering Face Piece, die Zahl 2 für jene Schutzklasse, die vor festen und flüssigen gesundheitsschädlichen Stäuben, Rauch und Aerosolen Schutz bietet.