A-cappella-Band Onair erzeugt im Backnanger Bürgerhaus vielschichtige Klangbilder

Ebsemble Onair lässt die Zuhörerinnen und Zuhörer beim vorweihnachtlichen Konzert ins Schwärmen geraten.

 A-cappella-Band Onair erzeugt im Backnanger Bürgerhaus vielschichtige Klangbilder

Neben modernen Liedern griff Onair auch auf ganz alte Lieder zurück. Foto: Alexander Becher

Von Klaus J. Loderer

Backnang. Welch effektvolle Klänge die menschliche Stimme hervorzaubern kann, das bewies das Ensemble Onair bei seinem vorweihnachtlichen Konzert in Backnang. Schon mit seinem Auftritt beim letztjährigen Backnanger Kultursommer auf dem Marktplatz hat das Ensemble einen großen Eindruck hinterlassen. So ist es nicht erstaunlich, dass die Gruppe bei ihrem Konzert im Backnanger Bürgerhaus begeistert empfangen wurde. Auch zahlreiche Fans von außerhalb kamen zum Konzert „So this is Christmas“ nach Backnang. So waren denn im Anschluss zahlreiche schwärmende Kommentare zu hören.

Liedtexte und die Melodien bilden immer die Basis

Das Ensemble Onair, das sich selbst als A-capella-Band bezeichnet, besteht aus fünf Mitgliedern, die ihre Stimmen dazu einsetzen, vielschichtige Klangbilder entstehen zu lassen. Natürlich bilden die Liedtexte und die Melodien immer die Basis. Doch können die Melodien durchaus leicht verfremdet sein. Das geht meistens in eine leicht jazzige oder bluesige Richtung und enthält sich völlig des so verbreiteten süßlichen Klangs. Solistische Stellen wechseln sich mit Tutti ab. Aber nur selten laufen die Stimmen einfach parallel. Dazu kommt die Unterlegung mit Vokalisen und stimmlichen Effekten. Patrick Oliver, der die Gruppe 2013 gegründet hat, gibt als Vocal Percussionist den Rhythmus vor. Mit virtuoser Stimmbeherrschung und abwechslungsreichem Arrangement der Stimmlagen macht das Quintett große Show, die durch das von Lichtdesigner Fabio Gatto entfachte Farben- und Lichtspektakel noch wirkungsvoller wird. Das zeigte sich schon im einleitenden Stück „525600 minutes“ aus dem Musical „Rent“.

In Paul McCartneys „A wonderful Christmas time“ galt die kleine Textänderung „we are happy to be in Backnang“ einer Referenz an die Gastgeberstadt. Nacheinander stellten sich die Fünf mit einleitenden Solostellen vor. So präsentierte Bass Kristofer Benn solistisch „Driving home for Christmas“ von Chris Rea. Die anderen Stimmlagen blieben dabei zuerst im Hintergrund oder übernahmen nach und nach die Melodiestimme. Mit warmem Sopran übernahm Jennifer Kothe in „I wanna go home for Christmas“ die Hauptstimme. Dazwischen gab es kleine Moderationen durch die Ensemblemitglieder. So erfuhr man, dass André Bachmann Adventslieder mag, weil diese in der düsteren Zeit positiv stimmen, denn: „Hoffnung muss bleiben.“ Kris Benn stimmte „Maria“ an, wobei Jennifer Kothe das Echo übernahm. Immer mehr steigerte sich die Wirkung der Musik.

Ohne technische Spielereien

Patrick Oliver stimmte mit „Maria durch ein Dornwald geht“ ein altes Wallfahrtslied an, das als Adventslied bekannt wurde. Effektvoll sang Marta Helmin mit hohem Sopran die Oberstimme. Geradezu als Glockendisco inszenierte Onair „Carol of the bells“. Nicolai Plier, der immer wieder mit dezenten und wirkungsvollen Klangeffekten die Show unterstützte, ließ hier mit mächtigen Bässen den Boden vibrieren, dass man sich beim Weihnachtsgeläut in einem Glockenstuhl wähnte. Aber das vom ukrainischen Komponisten Mykola Leontovych 1914 komponierte Stück ist sowieso effektvoll und war von Anfang an für einen mehrstimmigen Chor ohne Instrumentalbegleitung gedacht. Daher gehört es zu den Paradestücken des A-cappella-Gesangs und ist in vielen Bearbeitungen bekannt. Bei Onair war es ein Vergnügen, die Imitationen des Glockenklangs durch die Stimmen zu hören.

Mit dem nächsten Stück konnte der Kontrast nicht größer sein. Ganz ohne technische Spielereien und ohne Verstärkung sang Patrick Oliver dann ein ganz schlichtes Ave Maria. „Wir wollen Euch nun nach Schweden entführen“, kündigte Marta Helmin ein Lied aus dem hohen Norden an.

Mit „Es ist ein Ros entsprungen“ erklang noch die moderne Version eines Klassikers. Den Abschluss des ersten Teils bildete Mariah Careys Song „All I want for Christmas is you“. Dabei hatte auch der von der an der Jugendmusik- und Kunstschule unterrichtenden Biggi Binder einstudierte Projektchor seinen großen Auftritt. Die singfreudigen Damen bildeten den Hintergrundchor für die fünf Solisten.

„Let it snow“ und „White Christmas“ durften nicht fehlen

Kristofer Benn leitete nach der Pause mit einem Kyrie den zweiten Teil des Konzerts ein. Als dann Marta Helmin das besondere „Highlight“ ankündigen wollte, fiel ihr André Bachmann ins Wort, dass nun eher der „Tiefpunkt“ drohe mit einem Lied, das ganze Familien entzweie. Das ironische Geplänkel auf der Bühne setzte sich noch etwas fort. Bachmann wünschte sich gar, dass sich das Publikum doch in Menschen mit und solchen ohne Geschmack sortieren könnte. Man mag nun bei einem amerikanischen Weihnachtsschlager, der überall rauf und runter klingt, an „Jingle Bells“ gedacht haben. Gemeint war aber der britische Wham-Hit „Last Christmas“. Vielleicht wegen der charmanten Publikumsbeschimpfung hielt sich die Anzahl der Menschen, die ihre Liebe zum Song durch Handzeichen bekundeten, dann etwas in Grenzen.

Mit einem Medley amerikanischer Schneelieder aus der Swing-Zeit ging es beschwingt weiter. Es durften „Let it snow“ und „White Christmas“ nicht fehlen. Da surfte das Quintett wie auf Schlittschuhen über die Bühne. Mit großem Beifall wurde ein polnischer Weihnachtsschlager bedacht, stimmungsvoll angestimmt von der in Bromberg in Polen geborenen Marta Helmin, die als Darstellerin in verschiedenen Musicals Erfolge feiern durfte.

Bewusst platzierte Onair John Lennons „Happy Xmas“ mit dem Refrain „War is over if you want it“ als Abschluss, um damit ein Zeichen zu setzen zu den aktuellen Ereignissen in der Ukraine. Aber natürlich gab es für den großen Beifall eine Zugabe.