Mit unserer Dialogreihe „Über Kunst“ in der Staatsgalerie Stuttgart sind Sie näher dran an den Stars der Kunstszene. Gast am 28. Oktober ist Elvira Bach. Sie können dabei sein.
Elvira Bach in ihrer Ausstellung „So rot, so rot“ in der Berliner Galerie Klaus Gerrit Friese
Von Nikolai B. Forstbauer
Herausragende Persönlichkeiten der Kunstszene präsentiert die Dialogreihe „Über Kunst“ unserer Zeitung in der Staatsgalerie Stuttgart. Gast am Dienstag, 28. Oktober, ist die Berliner Malerin Elvira Bach, eine der international wichtigsten deutschen Gegenwartskünstlerinnen. Sie können dabei sein. Beginn im Vortragssaal des Stirlingbaus der Staatsgalerie ist um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei, Ihre Anmeldungen nehmen wir gerne entgegen – unter www.zeitung-erleben.de/ueberkunst.
Eine Frau, drei Ansichten? Drei Frauen, drei Ansichten? 1981 malt Elvira Bach das großformatige Bild „Drei Badeanzüge“. Die Frauenfiguren, allesamt auf hochhackigen Schuhen in roten Badeanzügen, sind frontal gereiht, mittig ist eine der Drei in Rückenansicht zu sehen. Der Tiefenraum bleibt undefiniert. Man könnte gleichwohl in den schwarzen Umrissfigurationen Männer sehen, die das Geschehen verfolgen. Ist es eine Bademoden-Präsentation auf einem Laufsteg? Lichtpunkte tanzen durch den Raum, unterstreichen die Show. Doch die Szene hat nichts Anziehendes, nichts Verlockendes. Die Frau beziehungsweise die Frauen wissen um ihren Wert, zeigen aber auch alle Verachtung für alles, was außerhalb ihrer selbst geschieht. Es ist ein Bild wie je nur eines, eine Malerei, die eben diese feiert.
Elvira Bach auf der Weltkunstschau Documenta 7
Ein Jahr später, im Sommer 1982, ist das Bild auf der Weltkunstausstellung Documenta 7 in Kassel zu sehen. Es ist der Sommer der Ernte für die Berliner „Neuen Wilden“ um Rainer Fetting, Luciano Castelli und Salomé – und Elvira Bach, im Frühjahr noch tief beeindruckt von einem Arbeitsaufenthalt in der Dominikanischen Republik, ist die einzige Frau in der Phalanx einer aus dem Großstadtfieber entwickelten neuen Figuration. Seit 1972 lebt Elvira Bach in West-Berlin, in der Oranienstraße mietet sie einen Raum, gegenüber lockt nach durchmalten Nächten von 1978 an der von Martin Kippenberger mitgegründete Club SO 36. Oft geht sie in die Bar Exil am Paul-Lincke-Ufer, seinerzeit Künstlertreffpunkt Nummer eins in Berlin. „Immer war jemand da, den man kannte. Ob Salomé, Lüpertz, Fetting oder Hödicke“, erinnert sich Elvira Bach in einem Interview an sehr lange Nächte. „Dramatisch kostümiert“ sei sie gewesen, eine Frau an der Bar – aufrecht, unnahbar und beobachtend. „Ich habe mich selbst ausgestellt“, sagt Elvira Bach einmal, „aber ich war kein Objekt. Das spürten die Männer“. Der Auftritt ist durchaus geübt – parallel zu ihrem Studium bei Hann Trier an der damaligen Hochschule der Künste arbeitet sie in der Zeit von Peter Stein an der Schaubühne am Halleschen Ufer als Requisiteurin, Souffleuse und Foyerdame.
Elvira Bach ist „zur Erdbeerzeit geboren“
Elvira Bachs Documenta-Auftritt verändert alles, reißt die Malerin ins internationale Rampenlicht, bringt ihre Bilder in internationale Privatsammlungen und bis ins Museum of Modern Art in New York. Und Elvira Bach? Die Frau, die 1951 „zur Erdbeerzeit geboren“ ist, festigt ihre um 1982 gefundene Frauenfigur, platziert sie lässig auf einer Couch liegend oder inmitten einer Vielzahl von Früchten. Erinnerung an eine „sehr glückliche Kindheit und Jugend“ in Neuenhain im südhessischen Main-Taunus-Kreis, aber immer auch Spiegel von Elvira Bachs Gefühls-Alphabet.
Dem Eindruck aber eines Werkes, das sich immer mehr in die Umrissfiguration und in eine überbordende Farbigkeit entwickelt, widerspricht die Malerin selbst energisch – etwa, wenn sie 1988 ihre Figur in einem mit tiefem Blau versetzten Schwarz auftreten lässt. Schutzlos bis in die Geste der offen gezeigten Hände. Und doch ganz bei sich. Dieses Bild – „Der Mond, die Sonne, die Sterne, die Finsternis, das Licht“ – hat wenig von dem unbekümmerten Antritt der jungen Malerin auf den Wogen der Jahre 1978 bis 1980. Zugleich aber unterstreicht ein solches Bild die Wucht, mit der Elvira Bach in die Phalanx der malenden Männer einbricht. „Sie war in dieser Zeit die Frau mit Format und Deutlichkeit“, sagt der Berliner Galerist Klaus Gerrit Friese – „und man erkennt genau, wie haltbar und stark die Bilder dieser Zeit sind“. Diesen frühen Bildern gilt denn auch die aktuelle Elvira Bach-Ausstellung bei Friese (Meierottostraße 1) – gekontert durch Keramiken, die Elvira Bach eigens für die durch das unverkäufliche „Drei Badeanzüge“ gekrönte Ausstellung „So rot. So rot“ (nach einem gleichnamigen Bild von 1978) erarbeitet hat.
Elvira Bach in der Staatsgalerie Stuttgart
Was fasziniert Elvira Bach an der Malerei? Wie biographisch kann und darf Malerei sein? Was macht für Elvira Bach die Faszination Frau aus? Und wie verteidigt man über Jahrzehnte einen nationalen und internationalen Spitzenplatz in der Gegenwartskunst? Über diese und andere Fragen sprechen wir mit Elvira Bach in unserer Dialogreihe „Über Kunst“ in der Staatsgalerie Stuttgart am Dienstag, 28. Oktober (19.30 Uhr), in der Staatsgalerie Stuttgart. „Abenteuer Frau“ ist der Abend betitelt. Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist erforderlich – unter www.zeitung-erleben.de/ueberkunst.