Apokalypse voraus

Tri-Bühne: „Verona oder Was geschah nach Romeo und Julia“

Von Julia Lutzeyer

Theater - Uraufführung im Theater Tri-Bühne: „Verona oder Was geschah nach Romeo und Julia“.

Stuttgart Sonnenfinsternis über Verona, die Stadt in Schockstarre. Ein junges Liebespaar, das mit dem Familienzwist auch die gesellschaftliche Spaltung hätte befrieden können, ist tot. Chance vertan! Da kämpft sich ein junger Shakespeare mit dem Gefährten Richard durch einen Sturm, der mächtig an „The Tempest“ erinnert. Von den Gezeiten ausgespuckt, stranden die beiden in Verona. Das liegt nicht am Meer, aber sei’s drum.

So beginnt Victoria Baumgartners Stück „Verona oder Was geschah nach Romeo und Julia“, das am Mittwoch unter ihrer Regie in derTri-Bühneuraufgeführt wurde – verspätet, weil der Darsteller Sebastian Huber erkrankt ist. Er wurde souverän von Sam Veck vertreten, mit der schweizerisch-ukrainischen Regisseurin vom Tri-Bühne-Team schon 2018 beim Europa Theater Treffen und nun für Bühne und Choreografie zuständig. Seine Doppelrolle meisterte Veck in flottem Shakespeare-Englisch und sorgte an der Seite von Manoel Vinicius Tavares da Silva für köstliche Possen.

Sechs freistehende Arkaden, eine Doppeltür, eine Scheibe als Himmelskörper: Wandelbar wie die mehrfach besetzten Schauspieler erweist sich die sparsame Ausstattung. Sie ist Kirche, Werkstatt, Palazzo, Marktplatz oder Obstgarten. Mosaikartig fügen sich Szenen zum Panoptikum, in dem vertraute Figuren wie der Prinz, Pater Lorenzo, Lady Capulet, Graf Montague, Benvolio, Balthasar und Amme auf Gestalten treffen, denen Baumgartner erstmals eine Stimme gibt: ein Bildhauer, Rosaline mit Dienerin sowie eine Apothekerin, die als magisches Urweib mit drei Zungen redet und auch den Ausweg aus dem Fluch kennt.

Durch sie fügt Baumgartner dem tragikomischen Sonnfinsternistraum als Nachspiel zur bekannten Lovestory eine historische Fußnote hinzu, die Shakespeares Drama mit einer wüsten Sage verknüpft. Wie viel Schmerz insbesondere die Frauen umtreibt, macht auch Natascha Beniashvili-Zhed als Julias Mutter deutlich, die mithilfe eines weißen Kleides ihr Schicksal ­erzählt.