Chansons und Kabarett im Bürgerhaus

Bodo Wartke begeistert mit seinem Programm „Klavierdelikte“ in Backnang. Der gebürtige Hamburger singt und spielt fast drei Stunden lang, in einigen Stücken zusammen mit der Sängerin Melanie Haupt. In den voll besetzten Rängen erklatschen sich die Zuschauer drei Zugaben.

Chansons und Kabarett im Bürgerhaus

Der 1977 in Hamburg geborene Künstler Bodo Wartke liebt Wortspiele. Foto: Alexander Becher

Von Klaus J. Loderer

Backnang. Ausverkauftes Haus – und das bei voller Bestuhlung – konnte man am Freitag im Backnanger Bürgerhaus erleben. Bodo Wartke lockte nicht nur Backnanger, sondern zahlreiche Menschen aus der weiteren Umgebung an und das quer durch alle Generationen, das kommt bei kulturellen Veranstaltungen leider nicht so oft vor. Die Bodo-Wartke-Fans waren also nach Backnang gepilgert. Das waren gar nicht wenige, denn der Künstler wollte es am Anfang genau wissen und machte eine Fragerunde.

Bodo Wartkes Klavierkabarett ist eine Mischung aus Chanson und Kabarett. Die Chansons, zu denen er sich am Klavier selbst begleitet, decken ein breites Stimmungsbild ab. Sie können sehnsüchtig, traurig oder sentimental sein. In „Christine“ verarbeitet er die Erinnerung an seine früh verstorbene Schwester. Aber der 1977 in Hamburg geborene Künstler liebt Wortspiele, insofern schlagen seine Liedtexte oft unerwartet ins Ironische oder gar ins Makabre um. Er ist um keinen Wortwitz verlegen. Gerne spielt er in seinen Liedern mit einzelnen Wörtern, zu denen er ähnlich lautende Begriffe gesellt. Da lebt dann die Tanzlehrerin Konstanze in Konstanz. Gern reimt er am Versende.

Probleme beim Binden der Krawatte und beim Paardialog im Bett

In Backnang bot Bodo Wartke sein 2012 entstandenes Programm „Klavierdelikte“. Probleme seien das Thema des Abends, darum gab es zur Einstimmung „Probleme, die ich früher nicht hatte“. Ging es darin um die mangelnde Kenntnis, einen Krawattenknoten zu binden, steigerte sich das im Lied „Fehlende Worte“ zu einem Paardialog im Bett. Dinge, die ihm nicht gefallen, ging er bissig ironisch an, wie „Architektur in Deutschland“. Seine Abneigung gegen musikalische Werbung verarbeitete er mit „Wenn die Welt ohne Werbung wäre“. Die norddeutschen Besonderheiten erklärte er ausführlich, etwa die in einigen Liedern vorkommenden Pointen mit dem Vogelpark Walsrode.

Von einem nicht ganz so romantisch verlaufenden Parkspaziergang mit der Freundin erzählte das Lied „Frühlingsgefühle“, das Bodo Wartke im Duett mit Melanie Haupt sang. Auch das Date in „Es geschah in einer lauen Frühlingsnacht“ endete anders als erwartet. Für dieses Lied bot Wartke vier verschiedene Schlüsse für unterschiedlichen Jugendfreigaben an. Von Variante zu Variante wurde der Schluss immer noch abgedrehter. In „Die WG des Herrn“ ging es um die Vor- und Nachteile von Wohngemeinschaften mit Männern oder Frauen.

Nach der Pause erläuterte Bodo Wartke den Unterschied zwischen U-Musik und E-Musik. Der liege vor allem darin, dass es in der ernsthaften Musik nicht unterhaltsam zugehe und das Publikum nicht lachen darf. Sein Unterfangen, seine eigenen Lieder ganz im Sinne der atonalen Ausrichtung der modernen klassischen Musik mit Boxhandschuhen zu spielen, führte zu seinem Entsetzen zu umso größeren Lachsalven im Publikum. Um die beiden Sparten zu vereinigen, verkündete er, dass er eine Neufassung der „Zauberflöte“ erarbeitet habe. Oper gehöre zur E-Musik, weil man darin eh nichts verstehe.

Das wolle er ändern. Mozart dient Wartke ja immer wieder als Inspirationsquelle. Schnell wurde klar, dass die Wartke-Bearbeitung einer Oper nur in eine Opernparodie münden kann. Entsprechend sorgte seine Kreuzung aus Papagenos Arie „Der Vogelfänger bin ich ja“ mit dem Volkslied „Vogelhochzeit“ für großes Gelächter und stürmischen Beifall. Hatte Bodo Wartke hier einen rasanten Wechsel zwischen Gesang und Mundharmonika, überraschte er in anderen Liedern mit einer Ukulele oder einem Cajón. Letzteres setzte er ein, um in „Stille“ geradezu ein Klanginferno zu entfalten. Es ging in diesem Lied um die erhoffte Stille während einer eher lauten ICE-Fahrt. Noch eine weitere Adaption der „Zauberflöte“ gab es: Melanie Haupt war als sturzbetrunkene Pamina eine ganz neue Interpretation der Rolle.

Kuriose Bearbeitung von Mozarts „Zauberflöte“ als Zugabe

Das Publikum erklatschte sich stürmisch Zugaben. In „Quand même je t’aime“, französisch gesungen von Melanie Haupt und simultan übersetzt von Bodo Wartke, räkelte sich die Sängerin am Ende zum Ergötzen des Publikums auf dem Flügel. Doch fruchtete der Versuch, den Pianisten zu verführen, nichts.

Und dann kam als zweite Zugabe doch noch, worauf die Fans offensichtlich gewartet hatten: „Ja Schatz“, ein makaber-komischer Chanson im typischen Bodo-Wartke-Stil. Der Künstler war großzügig mit Zugaben und das Publikum forderte diese eifrig klatschend ein. So kam als dritte Zugabe wieder eine der kuriosen Bearbeitungen von Mozarts „Zauberflöte“: das Duett von Papageno und Papagena. Auch Standing Ovations halfen aber nicht zu einer vierten Zugabe. Doch auch so kam das Programm auf eine kurzweilige Länge von fast drei Stunden.