Stuttgarts Galerien im Glück:

Das Publikum ist zurück – und wie!

Strahlende Galeristinnen und Galeristen? Stuttgart bietet sie. „Schuld“ ist das Publikum – es ist „zahlreich und neugierig“, freut sich Kay Kromeier, Chef der Initiative Stuttgarter Galerien zeitgenössischer Kunst.

Das Publikum ist zurück – und wie!

Zurück und heiter: Stuttgarts Kunstpublikum (hier bei der Eröffnung der Jim Avignon-Schau bei Katrin und Marko Schacher im Galerienhaus

Von Nikolai B. Forstbauer

Vor der Pandemie hat man mit dem Wort „positiver Stress“ gerne das Gefühl beschrieben, vom eigenen Tempo überholt zu werden. Und jetzt? Steht es für Hoffnung, Freude, Erwartung. Erst am 22. und 23. April laden Stuttgarts Privatgalerien wieder zum großen Rundgang unter der Art Alarm-Flagge ein – doch schon nach zwei regulären Eröffnungswochenenden ist klar: Da baut sich etwas auf. Im besten Sinn. „Das Publikum ist zurück – und wie!“, freut sich Kay Kromeier, Geschäftsführer der Galerie Schlichtenmaier und Vorsitzender der Initiative Stuttgarter Galerien zeitgenössischer Kunst.

Das „und wie!“ beschreibt Galerist Thomas Fuchs so: „,Intimacy’ ist unsere wohl bestbesuchte Ausstellung überhaupt“, und auch Kollege Marko Schacher will bei seiner Eröffnung mit neuen Arbeiten des Street Art-Künstlers Jim Avignon im Galerienhaus schon um 19.30 Uhr am vergangenen Freitag „200 Leute“ gezählt haben und insgesamt am Freitagabend mehr als 500 Gäste in der Breitscheidstraße 48.

Großes Interesse auch an Ackermann

Überraschend groß aber war am Freitagabend auch das Interesse an einer Panorama-Sicht auf den Klassiker Max Ackermann bei Schlichtenmaier (Kleiner Schlossplatz 11). „Für uns alle“, sagt Kromeier denn auch, „war das ein toller Start in das Kunstjahr 2023“. Und sicher mit Blick auf manche Unsicherheiten der vergangenen Wochen fügt er hinzu: „Ich freue mich über dieses wichtige Signal in die ganze Kunstszene der Metropolregion Stuttgart hinein“. Der Andrang hat auch digital Folgen – „Wir haben seit der Ausstellungseröffnung unsere Follower-Zahl ganz ungewöhnlich stark gesteigert“, sagt Thomas Fuchs.

„Dieser Schub ist natürlich auch eine Herausforderung“, weiß Kay Kromeier. Es gilt, das Interesse hoch zu halten. Da passt es, dass die Galerie Abt Art (Rembrandtstraße 18) an diesem Freitag, 27. Januar, mit einer Premiere aufwartet. Erstmals hat die Karin Abt-Straubinger Stiftung 2022 ihren neu geschaffenen Preis zum ersten Mal vergeben. Ausgewählt wurde die südkoreanische Malerin Jaeeun Jung. Für drei Monate lebte und arbeitete sie seit Anfang Oktober 2022 in Stuttgart-Möhringen bezogen – jetzt sind die neuen Arbeiten erstmals zu sehen. Eröffnung im Abt Art-Studio 57A ist um 19.30 Uhr, es spricht Stiftungsvorstand Jürgen Knubben.

Finale für „Diversities“ bei Mario Strzelski

Auch große internationale Namen können für weiteren Rückenwind nicht schaden. Vor allem, wenn sie so souverän genannt sind wie in der Galerie Brigitte March (Solitudestraße 254). Lawrence Weiner, Vordenker der Konzeptkunst, und Timm Ulrichs, Vordenker der Aktionskunst, im feinen Dialog (bis zum 17. Februar) – das geht nur, weil Brigitte March seit Jahrzehnten auf dem internationalen Kunstparkett zu Hause ist.

Wie eine Eröffnung hat auch ein Finale seinen Reiz: Wer bei Mario Strzelski (Rotebühlplatz 30) noch die Schau „Diversities“ mit Werken von Isabelle Hannemann, Atelier Jusha & Sven Mueller sowie von Xaver Sedelmeier erleben möchte, muss sich beeilen. An diesem Sonntag, 29. Januar ist Schluss.

Eröffnung in der Galerie Klaus Braun

An diesem Freitag, 27. Januar, geht es dafür in der Galerie Klaus Braun (Charlottenstraße 14) erst los – für die Ausstellung „recycled – modified – painted“ mit Werken von Birte Horn, Franco D. Sosio und Anita Weis. Die nicht immer zu haltende Behauptung, dass das Konkrete voller Poesie ist, könnte in dieser Ausstellung eingelöst werden. Eröffnet wird die Schau am 27. Januar um 19.30 Uhr.

Der Blick auf das Programm zeigt: Es könnte ein gutes Frühjahr für die Kunst in Stuttgart und damit auch für die Stuttgarter Privatgalerien werden. Umso mehr, als über eine Großausstellung jetzt schon debattiert wird und das nationale wie das internationale Interesse weckt: „Shift. KI und eine zukünftige Gemeinschaft“ im Kunstmuseum Stuttgart. Am 3. Februar um 19 Uhr wird das Panorama zum Verhältnis zwischen Kunst und Künstlicher Intelligenz eröffnet.