Den eigenen Wurzeln auf der Spur

Installationen, Zeichnungen und Skulpturen von Markus Merkle beim Heimat- und Kunstverein Backnang im Helferhaus

Den eigenen Wurzeln auf der Spur

Markus Merkle stellt im Helferhaus in Backnang aus: In seinen Händen hält er das Objekt „A model of the universe according to C.S.M“. An der Wand eine Tuschearbeit auf Lochplatte. Foto: P. Wolf

Von Claudia Ackermann

BACKNANG. Es ist, als betrete der Besucher zuerst eine dunkle Höhle, bevor sich die neue Ausstellung im Backnanger Helferhaus vor ihm auftut. Installationen, Zeichnungen und Skulpturen von Markus Merkle sind zu sehen, die viel mit seinem eigenen Leben zu tun haben. Gestern wurde die Werkschau „Casa come me“ beim Heimat- und Kunstverein Backnang eröffnet.

Es geht um Herkunft, die eigene Identität. „Wer ist man? Wozu wird man gemacht?“ Fragen wie diese liegen für Markus Merkle der Ausstellung zugrunde. Gebatikte Tücher bilden eine Art Höhle, ein Labyrinth oder eine Schleuse, wodurch der Besucher seinen Weg finden muss. Die Installation verweist auf den Beginn des Lebens, das „vorgeburtliche Bewusstsein“, wie der bei Großbottwar lebende Künstler es ausdrückt. Markus Merkle studierte bis 2005 Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München. Zuletzt erhielt er 2007 den Hannes-Burgdorf-Preis für seine Zeichnungen und Rauminstallationen.

Eine Einführung bei der Vernissage hielt Uli Olpp, zweiter Vorsitzender des Heimat- und Kunstvereins, der eine mögliche Wortsammlung vortrug, die Merkles Arbeiten beschreiben könnten: „Kreise, die alles umfließen – Kreise, die nichts umschließen. Lücken, Löcher, Punkte, Linien, Flächengrenzen...“ Aber auch Begriffe wie Wohnung, Heimat oder das Ankommen sind dabei.

Seinen Wurzeln auf der Spur ist Markus Merkle mit hängenden oder auf dem Boden liegenden Decken, die Familienerbstücke sind. Die Ururgroßmutter hat sie als Ausgewanderte aus Süddeutschland auf einem Hof in Bessarabien Anfang des 19. Jahrhunderts gewoben. Das darauf liegende Buch „Kaputt“ verweist auf den italienischen Schriftsteller Curzio Malaparte, der sich auf der Insel Capri ein Traumhaus nach seinen Vorstellungen bauen ließ. Es ist ein Sehnsuchtsort, so Markus Merkle. Zu Hause sein sei nicht auf ein Haus festgelegt, was in dem Titel der Ausstellung: „Casa come me – ein Haus wie ich“ zum Ausdruck kommt.

Keramikschalen sind ausgestellt, bei denen der Schaffensprozess in der äußeren Erscheinung wiedergegeben wird. Auf der Innenseite sind die Fingerabdrücke des Künstlers sichtbar. Die körperbezogene Arbeit „Sunny and Me“ (2015) aus Metallstangengliedern verweist auf den Künstler und seinen zum Entstehungszeitpunkt der Arbeit sechsjährigen Sohn. Es sind die exakten Skelettmaße der beiden, an einer Schnur aufgefädelt. „Die Dinge haben ihre eigene Geschichte“, unterstreicht Uli Olpp in seiner Einführung. Eine Geschichte liegt auch der Skulptur „Model des Universums“ zugrunde, die aus zwei spiegelbildlich zusammengenähten Sporthosen besteht. Der Sohn des Künstlers hat sie getragen – und zwar lange Zeit ausschließlich diese Art der Bekleidung. „Es war sein Universum“, sagt Merkle.

Im zweiten Obergeschoss fällt der Blick auf ein Tuch mit kreisrund ausgeschnittenen Mustern. Die Grenze zwischen innen und außen wird aufgehoben. Runde Formen tauchen immer wieder bei seinen Arbeiten auf. Löcher und Netzwerke spielen eine Rolle. Tuschezeichnungen auf Papier mit immer wiederkehrenden Rastern ergänzen die Ausstellung. Das Metallobjekt mit dem Titel „Coco“, besteht aus vier runden Metallscheiben, die sich zu einem Hocker zusammenfügen. Im Shop des Bauhaus-Museums in Weimar kann die außergewöhnliche Konstruktion eines Sitzmöbels unter anderem erworben werden.

Immer wieder tauchen Einflüsse aus Japan auf, dem Land, das der 42-jährige Künstler bereist hat. Eine Holzkonstruktion eines Hauses stellt wieder den Bezug zum Haus im Sinne des Sehnsuchtsorts her. Die offene Konstruktion verweist auf die japanische Bauweise, die sich traditionell von der Außenwelt nicht so sehr abschließt wie ein europäisches Gebäude. Das Bambusdach und Reisstrohmatten nehmen Bezug auf Japan. Eine Flasche Wasser, gefüllt mit dem Wasser vom Berg Fudschijama, steht am Boden. Ergänzt wird die Ausstellung durch Videos und Tonaufnahmen. Der Besucher fühlt sich in eine Höhle in Japan versetzt. Auf der Tonspur eines Videos aus einem Tempel sind meditative Klänge und japanische Sprache zu hören. Am Ende schließt sich der Kreis zur Höhle, die am Anfang auf Geburt verweist. Der Gipsabdruck des schwangeren Bauchs seiner Frau ist ausgestellt, der damals das „Zuhause“ der Zwillinge des Paars war. Paarbildungen sind ebenfalls ein zentrales Thema bei Merkle, wie in den ungegenständlichen Grafiken im letzten Raum der Werkschau mit dem Titel „Couples“.

Die Ausstellung im Helferhaus, Petrus- Jacobi-Weg 5, kann noch bis zum 16. Juni besichtigt werden. Öffnungszeiten sind: Dienstag bis Freitag von 17 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag sowie an Feiertagen von 14 bis 19 Uhr.