Die Gegenwart im Spiegel der Tricks

Vielgestaltig präsentiert sich das Stuttgarter Trickfilm-Festival, das am Dienstag beginnt

Von Bernd Haasis

Festival– Vielgestaltig und bunt präsentiert sich das Programm des Internationalen Trickfilmfestivals Stuttgart, das an diesem Dienstag am Schlossplatz beginnt.

Stuttgart Ausgeprägte Charaktere malt Christoph ­Sarow, er spielt mit Perspektiven und Größenverhältnissen in seinem Kurzfilm „Blieschow“ und erweckt ein Kindheitstrauma zu krassem Leben. Nun läuft sein an der ­Ludwigsburger Filmakademie inszeniertes Werk beim Stuttgarter Trickfilm-Festival – in einer vielgestaltigen und bunten Konkurrenz. Mit Papierfiguren und – kulissen erzählt Alvari Cepi in „Paper World“ von kindlichen Helden, aus fließenden Gemälden bestehen die Tänzer in Marta Szymanskas „Tango of Longing“. Klassischen Zeichentrick pflegt der US-Amerikaner Bill Plymton und widmet seine satirische Überzeichnungskunst dem US-Präsidenten und dessen Angst vor dem Fremden. Der Franzose Ludovic Houplain streift in „My Generation“ hochassoziativ gar alle großen Fragen unserer Zeit.

„Die Filmemacher politisieren sich ­zunehmend“, sagt der künstlerische ­Geschäftsführer Ulrich Wegenast. „Fake News und die Filterblasen sind ein Thema, soziale Ungerechtigkeit und Rassismus.“ Die aktuelle Krise des Kinos nimmt das Festival selbst in den Blick: „Natürlich verändert sich das Sehverhalten, aber als Festival interessiert uns schon im Zentrum das ­Erlebnis der großen Leinwand“, sagt Wegenast. „Wir sehen uns auch als Unterstützer für bestimmte Filme, die es schwer haben ins Kino zu kommen wie der oscarnominierte ‚Breadwinner‘ oder ‚Bunuel and the Labyrinth of the Turtles‘.“ „The Breadwinner“, ein gefeiertes Animationsdrama über eine afghanische Familie unter den Taliban, läuft am 1. Mai auf dem Schlossplatz. Das Open-Air-Kino hat sich etabliert, es bringt die Bürger bei Filmen wie Wes Andersons „Isle of Dogs“ zum friedlichen Gemeinschaftserlebnis zusammen.

„Wir erfüllen da sicher auch eine politische Aufgabe“, sagt der organisatorische Geschäftsführer Dieter Krauß, „wir ­ermöglichen den barrierefreien Zugang für alle und zeigen ein internationales, kulturell und künstlerisch anspruchsvolles Programm.“ Da der Eintritt frei ist, bleibt die Finanzierung eine Herausforderung, zumal Sponsoren rarer sind als früher: „Die Wirtschaft Beträge werden kleiner, weil die Aussichten nach einer langen wirtschaftlichen Hochphase ungewisser sind“, sagt Krauß. „Das trifft alle Kulturveranstalter. Trotzdem bringen wir auch dieses Jahr unseren Finanzierungsanteil.“

Im Kunstgebäude präsentiert das Festival aktuelle digitale Spielewelten. Und bei Symposien reflektiert es aktuelle Entwicklungen, etwa Künstliche Intelligenz. „Im Zuge der digitalen Umwälzung werden oft Ängste geschürt durch Halbwissen“, sagt Wegenast. „Wir wollen mit Fachleuten klären, worum es bei diesen Dingen wirklich geht, jenseits von Skepsis oder Euphorie und so, dass es auch Laien verstehen.“