Die verschiedenen Stile in der Musik Bachs

Die Kirchenkonzerte in den katholischen Kirchen in Backnang melden sich zurück mit einem Orgelsommer und Musik von Johann Sebastian Bach. „Back with Bach“ ist die Serie von sieben Konzerten mit fünf Interpreten überschrieben.

Die verschiedenen Stile in der Musik Bachs

Reiner Schulte an der Orgel in der Backnanger St.-Johannes-Kirche. Schulte gibt dort am 20. August ein Konzert. Foto: A. Becher

Von Thomas Roth

Backnang. Es war eine spontane Idee von Reiner Schulte, mit Musik von Johann Sebastian Bach ins kulturelle Leben zurückzukehren. Als Kirchenmusiker liegt es nahe, sich mit Bach zu beschäftigen. Das ist an sich also keine Besonderheit. Ideenarmut war es aber nicht, dass sich der Backnanger Regionalkantor für diesen Barockmeister entschieden hat: „Es ist ein Akt der Selbstvergewisserung und ein Statement gegen Trash und Beliebigkeit, eine Art back to the roots“, sagt Schulte. Somit ist der Orgelsommer auch ein Statement für Spiritualität. Nicht zweckgebunden, auch nicht im kirchlichen Sinne: „Die Musik soll nicht instrumentalisiert werden, um zu einem bestimmten Glauben hinzuführen.“

Sehr viele Gedanken hat sich Schulte in der Coronazeit gemacht, die in der täglichen Diskussion doch meist von Hygienekonzepten, der Tendenz zur Einkapselung des Einzelnen und Ausgehbeschränkungen, der Organisation des öffentlichen Lebens geprägt war. „Für den Geist gab es im öffentlichen Leben dagegen wenig.“ Für Schulte nun der ideale Moment, den Menschen mit Bach’scher Musik einen gemeinsamen kulturellen Bezugsrahmen zu bieten und der Polarisierung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Was die Wirkung eines Konzerts angeht, erinnert sich Schulte, als er einmal John Cages dreisätziges Stück 4’33‘‘ in der Christkönigskirche „spielte“. Eine Hand an der Stoppuhr. Zwischen den Sätzen umblättern und Zeit anhalten. In diesen Momenten setzen sich die Zuhörer neu zurecht, räuspern sich, um dann wieder mucksmäuschenstill weiter der Stille zu lauschen: „Da muss ich wieder einmal das Backnanger Publikum loben, was das für eine kulturelle Leistung ist, wie zerbrechlich diese Situation.“ Jahre später, bei einer Klanginstallation in derselben Kirche, kam anschließend ein Besucher auf Reiner Schulte zu und sagte, das erinnere ihn an das Konzert mit dem Cagestück. Für Schulte ein Beleg dafür, dass er an einer Hörbiografie mitgewirkt hat.

Während der Coronazeit arbeitete der Backnanger Regionalkantor mit kleineren Ensembles, damit das Musikleben nicht völlig zum Erliegen kommt. So sangen eben nur vier Sängerinnen und Sänger in einem Abstand von drei Metern: „Wir haben das die ganze Zeit gemacht, und ich fühlte mich in gewissem Sinne privilegiert. Ich bin stolz darauf, dass wir in dieser langen Lockdown-Zeit keine Chorsänger verloren haben. Als Regionalkantor weiß ich, dass es im Rems-Murr-Kreis und auch bundesweit nicht überall so war.“

Vergangenen Freitag nun startete der Orgelsommer mit dem Weinsberger Andreas Mattes an Tasten und Pedalen unter dem Motto „Bach und der norddeutsche Stil“. Der Programmgestaltung des Orgelsommers liegt die Idee zugrunde, sich dem Phänomen Bach über diverse Aspekte zu nähern. Hier ist der Einfluss der nordischen Orgelschule mit ihrem virtuosen Pedalspiel. Dort der italienische Einfluss mit seinen besonders ausdrucksstarken, langsamen Sätzen oder der französische Stil mit seinen exzessiven Verzierungen, der sich im 18. Jahrhundert europaweit durchgesetzt hat. Schulte: „ Der Clou bei Bach ist, dass man die Einzelaspekte nicht voneinander trennen kann, sondern im Gegenteil er all diese Aspekte in seinen Kompositionen vereint und auf ein neues kompositorisches Niveau geführt hat. Man spricht bereits im 18. Jahrhundert von dem ‚vermischten Geschmack‘. Das ist positiv gemeint im Sinne einer Synthese von verschiedenen Stilrichtungen.“

Weiter geht’s mit den Orgelklängen heute Abend in der Christkönigskirche mit Peter Kranefoed aus Winnenden, der Bachwerke im italienischen Stil spielen wird. Mit den Goldberg-Variationen, interpretiert von Nikolai Geršak aus Friedrichshafen, geht die Konzertreihe am 13. August in Christkönig weiter, und am 20. August widmet sich in der St.-Johannes-Kirche Hausherr Reiner Schulte dem französischen Stil. Den Orgelsommer beschließen wird der Kölner Markus Märkl am 12. September ebenfalls in der St.-Johannes-Kirche unter dem Programmtitel „Bach und die barocke Weltordnung – ein musikalisches Sonett in 14 Versen“. Was alle Solisten verbindet? Ihr Faible für Bach.

Das Programm der Orgelreihe

Die Konzerte Peter Kranefoed aus Winnenden schaut nach Süden und spielt am heutigen 6. August um 20 Uhr in der Christkönigskirche Bach-Stücke, die von der italienischen Musik inspiriert sind, und Stücke von italienischen Musikern, die Bach bearbeitet hat.

Am 13. August, auch um 20 Uhr in Christkönig, sind Bachs Goldberg-Variationen in einer Orgelfassung zu hören. Es spielt Nikolai Geršak aus Friedrichshafen.

Das nächste Konzert am 20. August erklingt doppelt: um 19 und 21 Uhr in der St.-Johannes-Kirche. Reiner Schulte spielt auf der französischen Mühleisen-Orgel Stücke von Bach, die vom französischen inspiriert sind.

Den Abschluss von „Back with Bach“ macht am 12. September, dem letzten Sonntag der Sommerferien, der Kölner Pianist und Organist Markus Märkl mit einem Programm zu „Bach und die barocke Weltordnung“. Auch dieses Konzert ist zweimal zu hören, um 17 und 19 Uhr in St. Johannes (Obere Bahnhofstraße). Für die Konzerte in St. Johannes (20. August und 12. September) sind Anmeldungen erforderlich (unter reiner.schulte@katholisch-backnang.de).

Je nach Inzidenzstufe gelten verschiedene Voraussetzungen für den Konzertbesuch: In der Inzidenzstufe 1 ist kein Nachweis über Testung, Impfung oder Genesung notwendig. In der Inzidenzstufe 2 muss ein Nachweis über Testung, Impfung oder Genesung nach den jeweils geltenden Kriterien erfolgen. Es gibt vor Ort keine Möglichkeit für einen Schnelltest, die Nutzung der bestehenden Testmöglichkeiten in der Stadt wird empfohlen. Kontaktdaten werden erfasst und es steht nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen zur Verfügung, daher empfiehlt es sich, rechtzeitig zu kommen beziehungsweise sich anzumelden (Konzerte in St. Johannes).