Ein Holzheld reitet auf einer riesigen Coronakugel

Daniel Wagenblast stellt unter dem Titel „way out west“ im Bürgerhaus Unterweissach aus. Die hölzernen Sympathieträger versprühen Witz und Ironie.

Ein Holzheld reitet auf einer riesigen Coronakugel

Das Thema Corona hat längst auch in die Kunstwelt Einzug gehalten. Daniel Wagenblast steuert dazu eine Skulptur mit einem Reiter bei. Das Wesen unter ihm hat er im Griff. Foto: A. Becher

Von Marina Heidrich

WEISSACH IM TAL. Er steht direkt am Eingang auf einem Podest: der hölzerne Rodeocowboy. Nur, dass er weder auf einem wilden Bullen noch auf einem ungezähmten Mustang sitzt. Der mutige kleine Holzheld reitet auf einer riesigen Coronakugel und hat seine Hände fest um die posaunenförmigen Ausläufer des Virus geklammert. Eigentlich wollte Bildhauer Daniel Wagenblast genau diese Skulptur gar nicht ausstellen. Das Werk entstand bereits im Februar, doch nachdem die gesamte Kunstwelt in den folgenden Wochen immer wieder das Thema Pandemie in den Mittelpunkt gestellt hatte, wollte der Stuttgarter Künstler nicht auch noch in dieselbe Kerbe hauen.

Bei der Ausstellung „way out west“ im Bürgerhaus Unterweissach war als erster Blickfang eine Skulptur angedacht, bei der sich zwei Menschen per Handschlag begrüßen. Doch ironischerweise sorgten die räumlichen Gegebenheiten des Bürgerhauses dafür, dass die realen Bedingungen im täglichen Leben sich auch in der Kunstausstellung widerspiegeln und die zwischenmenschliche Berührung durch den gegenseitigen Händedruck nun der tückischen Virenkugel weichen musste. Das Leben imitiert die Kunst, die Kunst das Leben. Allerdings sind Daniel Wagenblasts Figuren nicht nur oft provokant, sie stecken auch voller Witz und Ironie. Und daher streckt der mutige Rodeoreiter dem eintretenden Betrachter erst mal den Hintern entgegen.

Daniel Wagenblast wurde 1963 in Schwäbisch Gmünd geboren und studierte an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart. Bereits sein Atelier weist eine Besonderheit auf: Er richtete es in einer ehemaligen Kneipe in Stuttgart-Heslach ein, und die ausgebauten Stühle und Eckbänke dienten als Material für seine Holzskulpturen. Bei aller gewollt grob erscheinenden Ausführung strahlen die Figuren der „way out west“ betitelten Ausstellung dennoch einheitlich zunächst einen stoischen Grundcharakter aus. Sie halten zumeist den Kopf erhoben und blicken in die Ferne. Größenverhältnisse und Proportionen sind hierbei irrelevant. Ein Männchen steht fest auf der Erdkugel, ein anderes sitzt lässig auf einem Krokodil, ein weiteres ist zwischen den Hälften eines Autos eingeklemmt. Scheinbar perspektivlose Situationen. Doch dann erkennt der Betrachter: Alle Figuren haben noch etwas Weiteres gemeinsam. Sie lächeln. Den kleinen Sympathieträgern scheint die Lage also nicht hoffnungslos, sie erkennen am Horizont etwas, das sie aufheitert. Einen Silberstreif, einen Ausweg. Auch Wagenblast mag es, wenn seine Ausstellungen ihm selbst Spaß machen, wenn er sich auf spannende neue Dinge einlassen muss, wie zum Beispiel jedes Mal unterschiedliche räumliche Gegebenheiten. Diese positive Erwartungshaltung spiegelt sich in den lächelnden Gesichtern seiner Skulpturen. Mag sein, dass der Blick nach Westen nicht mehr den Blick in eine vielversprechende Zukunft symbolisiert, doch Wagenblasts Schöpfungen zeigen mit ihrer optimistischen Ausstrahlung, aus welchem Holz sie geschnitzt sind.

Die Ausstellung „way out west“ mit Arbeiten von Daniel Wagenblast ist noch bis zum 11. Oktober bei freiem Eintritt im Bürger- haus in Unterweissach zu folgenden Zeiten zu sehen: Sonn- und Feiertag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag 16 bis 18 Uhr und Samstag 14 bis 18 Uhr. Die Vernissage fand im Freien statt. Bürgermeister Ian Schölzel begrüßte bei strahlendem Wetter die Gäste.