Ein Leben für die Königin der Instrumente

Der Orgelbaumeister Michael Raithelhuber ist in ganz Süddeutschland herumgekommen, um Kirchenorgeln zu bauen, zu stimmen und zu renovieren. Daneben verfasst er seit seiner Jugend Gedichte. In seinem Buch „Der Teufelsorgler“ gibt er Einblicke in seine Arbeit und sein Leben.

Ein Leben für die Königin der Instrumente

Orgelbauer Michael Raithelhuber lässt den Leser seines neuen Buches an vielen Facetten seines Lebens teilhaben: Kindheit, Ausbildung, Berufsleben, Privates und auch Weltanschauliches. Foto: A. Becher

Von Annette Hohnerlein

ALTHÜTTE. Sein Meisterstück steht im Dachgeschoss seines Hauses in Althütte. Michael Raithelhuber spielt ein paar Takte, der Klang der Königin der Instrumente, wie die Orgel genannt wird, erfüllt den hohen Raum. Kein anderes Musikinstrument ist so gewaltig, keines hat einen größeren Tonumfang. Auch deshalb wurde die Orgel von den Landesmusikräten zum „Instrument des Jahres 2021“ gekürt; Orgelmusik und Orgelbau gehören zum immateriellen Weltkulturerbe der Unesco.

Raithelhubers Exemplar hat 366 Pfeifen, der Meister hat es 1998 in 1300 Arbeitsstunden gebaut, aus Eschenholz aus dem Welzheimer Wald. Dass Michael Raithelhuber, Jahrgang 1961 und aufgewachsen in Stuttgart-Feuerbach, Orgelbauer gelernt hat, ist keine zufällige Fügung. Bereits sein Vater war Orgelbauer und ließ seinem Sohn eine umfassende musikalische Ausbildung zukommen; er erhielt Klavier-, Orgel- und Gesangsunterricht.

Zunächst wollte Raithelhuber junior Kirchenmusiker werden. Er bekam jedoch keinen Studienplatz und legte stattdessen die C-Prüfung für eine nebenberufliche Tätigkeit als Organist ab. 1985 zog er nach Althütte und machte bei der Firma Tzschöckel in Fautspach eine Ausbildung zum Orgel- und Harmoniumbauer. Nach Tätigkeiten bei verschiedenen Firmen absolvierte er den Meisterkurs an der Oscar-Walcker-Schule in Ludwigsburg. 1998 machte sich Raithelhuber selbstständig, löste seinen Betrieb aber 2006 wieder auf.

Beim Stimmen der Orgel kann das Gehör Schaden nehmen

Seit 2007 arbeitet er bei einem bayrischen Orgelbaubetrieb und ist hauptsächlich mit der Klanggestaltung, der sogenannten Intonation, befasst. Daneben geht es um das Stimmen von Orgeln, aber auch die Reinigung oder Sanierung von Instrumenten, zum Beispiel bei Schimmelbefall. An einem Tag kann Raithelhuber drei bis vier Orgeln stimmen, eine Arbeit, bei der das Gehör Schaden nehmen kann. Während er beim Stimmen der einzelnen Pfeifen einen Gehörschutz trägt, muss er beim finalen Test den Klang ungedämmt überprüfen. „Das ist eine Belastung wie durch eine Kreissäge“, sagt der Experte. Bei einer Kirchenorgel ist etwa alle 20 Jahre eine Reinigung beziehungsweise Restaurierung fällig. Die Kosten dafür werden heute in der Regel über Spenden finanziert. Auch wenn er als Orgelbauer oft in ungemütlich kalten Kirchen arbeitet, sagt Raithelhuber über seinen Beruf: „Musik machen und Instrumentenbau, schöner kann man es nicht haben.“

Nebenher war er über viele Jahre hinweg in verschiedenen Gemeinden ehrenamtlich engagiert, als Organist unter anderem in Althütte, Allmersbach im Tal und Backnang, von 1995 bis 2001 auch als Kirchengemeinderat in Althütte. Regelmäßig gibt er auch Konzerte.

Seit seinem 20. Lebensjahr schreibt Raithelhuber Gedichte, ist immer auf der Suche nach Material. „Ich mache das aus dem Bedürfnis heraus, Erlebtes konzentriert zusammenzufassen“, beschreibt er seine Motivation. „Dabei arbeite ich eher frei, halte mich nicht an irgendwelche Regeln.“ Seit 2003 erscheint seine Lyrik unter anderem in den Jahrbüchern der Brentano-Gesellschaft Frankfurt. In dem Buch „Tagebuch eines Wunders“ verarbeitete er 2005 die schwere Erkrankung seiner Frau Inge.

Kurzweilig erzählte Erlebnisse und fachspezifische Beschreibungen

In diesem Jahr veröffentlichte er im Eigenverlag ein Buch mit dem Titel „Der Teufelsorgler – Mein Leben im Tutti“. In 18 Kapiteln, Strophen genannt, lässt er den Leser an vielen Facetten seines Lebens teilhaben: Kindheit, Ausbildung, Berufsleben, Privates, Weltanschauliches. Neben kurzweilig erzählten Erlebnissen und Anekdoten von seinen vielen Dienstreisen ist auch Fachspezifisches dabei wie zum Beispiel die Prüfungsordnung für die Meisterprüfung oder eine Auflistung aller Instrumente, die der Autor intoniert hat. Dazu Autobiografisches und Kurioses, auch Ereignisse, die der Verfasser unter der Rubrik „Paranormal Erlebtes“ zusammenfasst. Am Ende findet man eine Auswahl seiner Gedichte.