Fallstricke des schwäbischen Dialekts

Fantasievolle und mitreißende Performance von Ernst und Heinrich in der ausverkauften Gruschtelkammer Auenwald

Mit einer Art Retrospektive auf die vergangenen 20 Bühnenjahre unterhielten Ernst und Heinrich ihr Publikum in der ausverkauften Sängerhalle in Oberbrüden. Schwäbische, oder genauer ostälblerische Befindlichkeit stand dabei im Mittelpunkt des kurzweiligen Abends.

Fallstricke des schwäbischen Dialekts

Ernst und Heinrich präsentierten in der Sängerhalle Oberbrüden ihr Programm „Nex verkomma lassa – Die ersten 20 Jahre“. Foto: A. Becher

Von Thomas Roth

AUENWALD. „Nix mender als ’n Gmender“: Böse Sprüche wie diesen, gepaart mit Einspielern aus der Vergangenheit, und natürlich jede Menge Songs wie „Nex verkomma lassa“ oder „Baumarkt“ zelebrieren die beiden Komödianten aus dem Osten unseres Bundeslandes und geben dabei (bekannte) Einblicke in die urschwäbische Seele: „Eintauchen in den Blautopf der schwäbischen Seele“, nennt es Ernst Mantel. Heiner Reiff gibt gern den bisweilen Hochdeutsch sprechenden Moderator und spielt E-Bass, Gitarre und eine Art viersaitige Mandola. Letztere akustisch, die Gitarre elektrisch und dann meist mit Bottleneck, das heißt mit einem Metallring um den Finger, der Slidetöne erlaubt. Ernst Mantel singt und spielt ebenfalls Gitarre, einmal eine elektrische, türkische dreisaitige Saz bei dem herrlichen Lied „Dürdsu“. Die beiden Herren sind eben „schwäbisch international“ unterwegs. Der Name „Venedig“ kommt, so erfährt man an diesem Abend, ursprünglich aus dem Schwäbischen und bedeutet eigentlich „wenn nötig“.

Es ist bemerkenswert, wie kreativ, sowohl textlich als auch musikalisch, die beiden Künstler allein in diesem Duoprogramm gewesen sind und hoffentlich auch bleiben werden. So ziselieren sie die Fallstricke des schwäbischen Dialekts: Aus „Frisch ans Werk“ wird somit „Frisch an Zwerg“, was Ernst und Heinrich dann wieder mit sprachlicher Virtuosität in ein Lied kleiden und das Publikum mal wieder herzhaft lachen lässt.

„Knoschpds?“, fragt Ernst den Heinrich, der einen dürren Ast auf der Bühne platziert hat. „S knoschpd edda“, so der Befund. In Kittelschurz und mit Kopftuch mimen die beiden zwei ältliche Hausfrauen und brennen ein Feuerwerk mit den Konsonanten K und N ab: Knedel, Knoblauch, Knepfla, Frau Knaus, knappen, „a Kneisle Gnetzts“, Gustav Knuth, Hildegard Knef und so weiter. In dieselbe Richtung geht die Vertauschung von N mit M: Semf, Zukumft, Mamfred, Hamf rauchen, Samfter Tourismus...

„Wissen auf Rädern“, „Kompaktseminar“, „Furtschmeissa“ oder eine Persiflage über American Country Music, in der ein Sitzrasenmäher der Marke John Deere lustvoll in einem Filmchen in Szene gesetzt und dieser Musikrichtung von Mantel generell etwas Konservatives, Reaktionäres attestiert wird.

Ernst und Heinrich beackern viele Themen. So auch die regionale Schnellküche, die sie der amerikanischen durchaus vorziehen würden: Nächtliche Hungerattacken (Reiff: „Somnambules Fressen“) könnte man, wie im Titel „McLeberkäs“, durchaus mit einem McRipple statt eines McRib befriedigen. Oder mit einem McTellersulz. Erstaunlich rasch verfliegt an diesem Abend die Zeit. Nach den „persönlichen Liedern“, ganz auf Betroffenheit (Reiff) oder Selbstmitleid (Mantel: „I ben koi Hans em Glick...i hans em Kreiz“) getrimmt, präsentieren Reiff und Mantel als Zugaben noch einen Rap, stilecht in Bewegung und Kleidung (etwas heruntergelassene Hosen), und einen Blues, der sich einfach nicht einstellen will, da die verloren gegangen geglaubte Ehefrau überraschend doch wieder vor der Tür steht. „Wir Schwaben sind Pfundskerle“, hieß es gleich zu Beginn des Abends. Ernst und Heinrich haben sich in der Gruschtelkammer durchaus überzeugend als solche präsentiert.