Faszination Kino mit Münchhausen und Co.

Klaus Erlekamm hat ein Buch über Backnanger Kinogeschichte(n) geschrieben und richtet Schlaglichter auf 125 Jahre Kino. Während seiner Zeit als Kulturamtsleiter hatte er beim Jubiläum „100 Jahre Kino“ zusammen mit der BKZ eine Aktion gestartet.

Faszination Kino mit Münchhausen und Co.

Das Central-Theater befand sich im Jahr 1966 im Saalbau des damaligen Gasthofs Engel am Backnanger Schillerplatz. Repro: P. Wolf

Von Ingrid Knack

BACKNANG. „Backnanger Kinogeschichte(n)“ ist der Titel eines Buches, das Klaus Erlekamm, der ehemalige Backnanger Kulturamtsleiter, herausgebracht hat. Die Welt der laufenden Bilder hat ihn schon immer interessiert. „Schon als Fünfjähriger durfte ich 1943 meinen ersten Spielfilm sehen: Münchhausen. Mein Onkel Josef Christoph war nebenberuflich Filmvorführer im Kino in Brieg in Schlesien. Dieser Film hat mich derart tief beeindruckt, dass ich noch heute Szenen und vor allem die eingängige Titelmelodie im Kopf habe“, so der Autor. Die Faszination Kino blieb. In seiner Jugend, das war in den 1950er-Jahren, wurden Kinobesuche am Wochenende zur beliebten Freizeitbeschäftigung: „Mit dem Central-Theater am Schillerplatz, dem Filmtheater an der Aspacher Brücke und dem BaLi-Kino in der Kesselgasse (heute Volksbank-Gebäude) gab es reichlich Auswahl. Aber das kostete Eintritt und Taschengeld war äußerst knapp. Also sammelte ich fleißig Alteisen, Altpapier und so weiter und konnte so die zahlreichen Wochenendkinobesuche finanzieren“, verrät Klaus Erlekamm.

Dann, man schrieb das Jahr 1955, gab es bei der Katholischen Jugend – dort war Erlekamm Gruppenleiter – die Diskussionsrunde „Guter Film“. Gastreferent war Meinhard Limbeck. Dieser warb dafür, in Backnang eine Filmauslese zu gründen – mit dem Ziel, Filme zeigen zu können, „die künstlerisch und inhaltlich über dem Durchschnitt liegen und nur selten im Normalprogramm zu sehen sind“. Erlekamm erklärte sich bereit, die Geschäftsführung zu übernehmen. „Da wir aus Haftungsgründen einen Gewährträger benötigten, erklärte Norbert Balle für die Christliche Arbeiter-Jugend (CAJ) seine Zustimmung.“ Die erste Vorstellung in dieser Reihe ging im September 1955 im Central-Theater über die Leinwand. In seinem Buch führt Erlekamm auch eine Vielzahl an Filmen auf, die damals gezeigt wurden, vom Nachkriegsfilm „Nachtwache“ bis hin zu „Reporter des Satans“ von Billy Wilder. Filmplakate und Zeitungsartikel über die Streifen ergänzen die zeitgeschichtlichen Hintergründe, auf die Erlekamm eingeht. Dann macht er einen Zeitsprung: „40 Jahre später, im August 1995, war ich als damaliger Kulturamtsleiter der Stadt Backnang nochmals in Sachen Film gefordert: Im Backnanger Bürgerhaus zeigten wir mit großem Erfolg die Wanderausstellung ,100 Jahre Kino‘.“

Im Jahr 2020 hieß es dann: 125 Jahre Kino. Dies erschien Erlekamm der richtige Zeitpunkt, eine Dokumentation mit Schwerpunkt Backnanger Kinogeschichte zu Ende zu bringen, die allerdings nicht als frei verkäufliches Buch zu haben ist. Sein gesammeltes Wissen stellte er aber dem Stadtarchiv zur Verfügung, weitere Exemplare sind für private Zwecke gedacht.

Mit seiner Arbeit will Erlekamm den Kinobetreibern eine Reverenz erweisen, die „wertvolle und unverzichtbare Kultureinrichtungen“ am Leben erhalten. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2020 aber hat auch die Filmbranche durch die Pandemie mit großen Problemen zu kämpfen, bedauert Erlekamm. Dies gelte in besonderem Maße auch für die Kinos. Zudem hänge die Absicht der Filmverleiher, „starke“ neue Filme zuerst Streamingdiensten anzubieten, aktuell wie ein Damoklesschwert über den Kinos.

Nach einer „Historie des Films im Zeitraffer“, die 1895 begann, richtet Erlekamm in seinem neuen Band Schlaglichter auf die Backnanger Kinohighlights. Die Aktion des Kulturamts in Zusammenhang mit der bereits erwähnten Ausstellung „100 Jahre Kino“, bei der auch unsere Zeitung mit im Boot war, hebt er besonders hervor.

Persönliche Erlebnisse der Backnanger sind gefragt.

Die Backnanger wurden aufgefordert, Geschichten rund ums Kino zu erzählen – was sie denn auch taten. Zum Beispiel von dem „ersten Backnanger Kino“ und der Vorführung mit dem Kinematografen Edison am 16. September 1911 in der Uhlandstraße 15. „Initiator der Einrichtung war der Backnanger Mechaniker Albert Teufel, der in der Uhlandstraße (Haus Widmer) sein Geschäft hatte“, schreibt Erlekamm. Weiter ist die Rede etwa von den Backnanger Lichtspielen (BaLi), von der Eröffnung des Filmtheaters an der Aspacher Brücke 1939 und von den Metropol-Lichtspielen im Saalbau der damaligen Gaststätte Engel am Schillerplatz (1947), die ab 1952 Central-Theater genannt wurden. Und immer wieder nennt Erlekamm Filme, die dort gezeigt wurden. „Als absoluter ,Knaller‘ im BaLi erwies sich 1955 nicht nur für die Backnanger Jugend – sondern weltweit – der Film ,Saat der Gewalt‘. Wobei weniger der Inhalt faszinierte, als der Song ,Rock around the Clock‘, mit dem der Film begann und endete. Der Texaner Bill Haley (1925 bis 1981)&His Comets lösten mit diesem Song (...) ein musikalisches Erdbeben aus und wurden damit weltberühmt.“ Und: „Mit dem Aufkommen des Fernsehens setzte jedoch generell das große Kinosterben ein. Zunächst blieb Backnang davon verschont. Aber 1984 war auch für das Central-Theater Schluss“, weiß Erlekamm. Doch wie wir wissen, wurde die Backnanger Kinogeschichte erfolgreich weitergeschrieben. Immer wieder werden auch die Betreiber aufgeführt, so etwa die „Bäuerle und Kloos KG“, die Familie Eppler (heute Universum) und Heinz Lochmann (heute Filmtheater), sowie die aufregende Geschichte hinter den Kulissen der Kinobetreiber. Zu den positiven Schlagzeilen gehören „3D-Revolution im Backnanger Universum“ und „Familie Eppler erhält zwei Auszeichnungen des Landes“. Auch dem Sommerkino auf dem Stiftshof wird ein Kapitel gewidmet. Und nun heißt es vorerst immer noch: Warten auf die Öffnung der Kinosäle.

Faszination Kino mit Münchhausen und Co.

Klaus Erlekamm

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Die Familie Eppler erweiterte ihr Universum-Kino, hier das Ursprungshaus im Jahr 2011 und links der Ort der Baustelle. Foto: E. Layher