In „Ich sehe dich“, dem neuen „Tatort“ aus Franken, muss sich Kommissar Felix Voss auf sein psychologisches Bauchgefühl verlassen, um zu verstehen, wie der Tote tickte.
Kommissar Voss (Fabian Hinrichs) besucht die Mutter des Toten. Aber warum steht ihre Haustüre offen?
Von Adrienne Braun
Wer allzu beliebt ist, macht sich verdächtig. Und dieser Andreas, dessen Leiche nach zwei Jahren im Wald entdeckt wird, scheint ein sehr guter Mensch gewesen zu sein. „Er hat eine Mauer des Guten um sich gebaut“, sagen jene, die ihn kannten. Aber warum wurde der 37-Jährige dann ermordet und in der Nähe von Nürnberg verscharrt, jedenfalls das, „was von ihm übrig war“?
In „Ich sehe dich“ kann der Kriminalhauptkommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) sich nur auf sein Gefühl verlassen – und das tut er ausgiebig in diesem „Tatort“ aus Franken, mit dem die Sommerpause beendet wird. Nachdem Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) zuletzt tränenreich in den Ruhestand geschickt wurde, muss Voss nun weitgehend allein ermitteln – und da auch noch unter erschwerten Bedingungen. Die Schulter macht keineswegs nur Probleme. Er müsste sich dringend operieren lassen, erklärt aber: „Ich mach einfach weiter“ – und muss in dieser Folge sehr viel ächzen, stöhnen und leiden. Statt gemeinsam mit Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid) zu ermitteln, wird ihm ein Fahrer zur Verfügung gestellt: Sigi Zimmerschied spielt Fred, einen knurrigen Alten, dessen Haupteigenschaft es ist, zu schweigen und den lädierten Kommissar mit seinen Fragen auflaufen zu lassen.
Die Handlung des Tatorts „Ich sehe dich“
Und so streift Voss allein durch das geheimnisvolle Haus der Mutter (Marion Reuter) des Toten, die nach zwei Jahren nun alle Hoffnung begraben muss, dass ihr Sohn noch am Leben ist. „Hab so lange gewartet. Immer gehofft. Wer tut denn so was mit meinem Sohn?“, sagt sie, während ihr Voss wortkarg gegenübersitzt und offenbar auch nicht weiß, wo und wie er in diesem Fall weiterkommen könnte. Wer war der Tote wirklich? „Ich kriege ihn nicht zu fassen“, sagt Voss.
Auch dieser neue Fall „Ich sehe dich“ stammt von dem Regieduo Max Färberböck und Danny Rosness, die weniger auf Tempo und Spannung setzen, sondern auf düsteren und elegische Szenen und theaterhaft zugespitzte, künstliche Dialoge. Die Kollegen auf der stets dunklen, fast unheimlichen Wache stehen oft unbeweglich um Voss und Goldwasser herum, deren Gesichter die Kamera (Daniela Knapp) lang und fast ausschließlich in Großaufnahmen gegenüberstellt.
Kommissar Felix Voss muss weitgehend allein ermitteln
„Ich hab’s gesehen und ich hab’s gespürt, alles. Alles hier!“ sagt Voss einmal – und tatsächlich scheint es diesmal vor allem sein Gefühl zu sein, das ihn durch diesen Fall leitet und ihm Erklärungen liefert, warum der Tote so oft Frauen und Passantinnen auf der Straße fotografiert hat.
Aber auch die blinde Lisa Blum (Mavie Hörbiger), die offenbar mit ihm bekannt war, hilft den Ermittlern wenig weiter. Letztlich rekonstruiert Voss dessen Leben durch Nachdenken über dessen Psyche.
Am 21.9. „Polizeiruf“ aus Magdeburg und am 28.9. „Tatort“ aus Zürich
Spannung und Grusel wird in „Ich sehe dich“ vor allem durch die düsteren Schauplätze und Nachtstimmung erzeugt, aber auch, dass der Kommissar immer allein unterwegs ist und durch seine Schmerzen besonders wehrlos erscheint. So startet die neue ARD-Sonntagabend-Krimi-Saison eher ruhig. Beim ersten neuen „Polizeiruf“ am kommenden Sonntag wird Claudia Michelsen dann rund um einen Amoklauf an einer Magdeburger Schule ermitteln, und in „Kammerflimmern“ am 28. September) wird das Zürcher Duo mit einem Cyberangriff auf eine Medizintechnikfirma zu tun haben.
Der Tatort in der Mediathek
In der ARD-Mediathek sind alle Tatort-Folgen sechs Monate lang als Stream verfügbar. Aus Jugendschutzgründen kann der Tatort nur zwischen 20 Uhr und 6 Uhr gestreamt werden.
Gleichzeitig zur TV-Ausstrahlung zeigt das Erste den aktuellen Tatort auch als Livestream: Hier geht es zur ARD-Mediathek
TV-Ausstrahlung: Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
Die Schauspieler aus dem Tatort „Ich sehe dich“
In einem zwei Meter tiefen Loch wurde der Tote verscharrt – wie Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid) feststellen.
Felix Voss (Fabian Hinrichs) braucht einen Fahrer. Fred Kramer (Sigi Zimmerschied) übernimmt kurzfristig den Job.
Die Vikarin (Lisa Oertel) war mir dem Toten liiert. Aber hatten sie eine ernstzunehmende Beziehung?
Die blinde Lisa Blum (Mavie Hörbiger) ist im Park unterwegs. Sie merkt nicht, dass ihr Freund Stephan Gellert (Alexander Simon) sie beobachtet.
Stephan Gellert (Alexander Simon) war im Fahrradladen des Toten. Aber kannte er ihn deshalb?