Gepflegte Kulturlandschaften

Ausstellung „Von der Weibertreu zum Rheinfall“ im Backnanger Helferhaus präsentiert Ansichten aus Baden-Württemberg

Gepflegte Kulturlandschaften

In der Ausstellung ist beispielsweise der kolorierte Stahlstich „Laufenburg am Oberrhein“ (1847) von Julius Lange zu sehen. Foto: P. Wolf

Von Claudia Ackermann

BACKNANG. Landschaftsgrafiken, Zeichnungen und Aquarelle aus dem Südwesten zeigt die neue Ausstellung aus der Sammlung des Backnanger Heimat- und Kunstvereins, die gestern im Helferhaus eröffnet wurde. Unter dem Titel „Von der Weibertreu zum Rheinfall“ sind Ansichten aus Baden-Württemberg aus dem 17. bis 20. Jahrhundert zu sehen.

Seit der Entstehung der Blätter, die älteste Radierung von Matthäus Merian mit dem Titel „Der Neckar bei Kannstatt“ stammt aus dem Jahr 1624, sind die Landschaftsansichten einem Wandel unterworfen und erzählen Geschichten. Auf zwei Etagen im Helferhaus haben Rudi Limbach und Wolfgang Uhlig vom Heimat- und Kunstverein die Ausstellung konzipiert. Es wurde bewusst nicht chronologisch vorgegangen, sondern eine Ordnung nach Gegenden gewählt.

Eine Einführung bei der Vernissage hielt Ernst Hövelborn, 1. Vorsitzender des Heimat- und Kunstvereins, der auf die Geschichte und den Wandel der Landschaftsmalerei einging. Der Titel „Von der Weibertreu zum Rheinfall“ beinhaltet eine Zweideutigkeit, schmunzelt Rudi Limbach. Aber es geht natürlich um die geografisch gelegenen Eckpunkte.

Im ersten Raum des Rundgangs sind Ansichten aus der Gegend um Heilbronn und Weinsberg mit der Burgruine Weibertreu ausgestellt. Etwa die Radierung „Schäfer mit Herde vor der Burg Weibertreu“ von Willy Stahl aus dem Jahr 1912, die einen idyllischen Eindruck vermittelt.

Der Name der Burg geht auf eine Begebenheit zurück, die sich 1140 in Weinsberg zugetragen haben soll. Als König Konrad III. die Burg belagerte, sagte er den Frauen zu, dass sie alles, was sie auf ihren Schultern tragen könnten, mitnehmen dürften. Die treuen Weiber ließen Hab und Gut zurück und schleppten allesamt auf ihren Rücken ihre Männer hinaus. Rudi Limbach hat zu der Ausstellung einen ausführlichen, informativen Begleiter angefertigt, der solche geschichtlichen Begebenheiten erklärt und alle Künstler mit Lebensdaten und biografischen Hinweisen versehen aufführt.

Der nächste Raum ist dem Neckar und seinen Nebenflüssen gewidmet. „Fluss am Abend“ heißt etwa eine großformatige Radierung von Felix Hollenberg aus dem Jahr 1899, auf dem der Neckar bei Münster dargestellt ist. Dass die Ansicht zu dieser Zeit noch so idyllisch war, könne bezweifelt werden, merkt Rudi Limbach in seinem Begleitheft an. Auch Ernst Hövelborn führt aus, dass die Darstellung der gepflegten Kulturlandschaft womöglich vom Künstler gereinigt sei „von allen Zutaten der Zivilisation wie Stromleitungen, industriellen Ansiedlungen, Straßen und dergleichen mehr.“

Von lokalen Künstlern sind Landschaftsbilder ausgestellt, wie von dem Murrhardter Maler Reinhold Nägele. Eine Radierung von 1923 zeigt die „Kurve Fornsbach“. Von Friedrich Beutel (Aspach 1921 bis 2016 Backnang) ist das Aquarell „Winterlicher Wald zwischen Bartenbach und Zwerenberg“ von 1985 zu sehen.

In einer Vitrine ist ein Künstlerbuch des 1949 in Backnang geborenen Künstlers und Kunsterziehers Werner Lehmann ausgestellt, das mit neun Linolschnitten Friedrich Hölderlins Ode „Der Nekar“ illustriert. Durch einige Leihgaben wurde die Ausstellung ergänzt. So zeigt Werner Drautz aus Weissach im Tal etwa die Aquarelle „Wattenweiler im Weissacher Tal“ oder „Blick über das Wieslauftal mit den Kaiserbergen“ von 2007 und 2015.

Die Reise führt von Rems und Murr zur Alb und an den Bodensee

Im zweiten Obergeschoss führt die Reise von Rems und Murr zur Schwäbischen Alb. Von Utz Föll (1932 bis 1999), der Kunsterzieher in Backnang war, ist der Siebdruck „Blick auf Bürg bei Winnenden“ zu sehen. Ernst Hövelborn zeigt eines seiner frühen Werke, das Aquarell „Remstal“ aus dem Jahr 1964. Ansichten der Schwäbischen Alb sind mit Radierungen, Tuschezeichnungen und Aquarellen von Martin Nicolaus (1870 bis 1945) vertreten. Weiter geht es ins Donautal, etwa mit der Radierung „Die junge Donau“ (1913) von Hans Thoma, über den Schwarzwald bis zum Bodensee.

Manche Ansichten existieren heute nicht mehr, wie die Heidenhöhlen in der Nähe von Überlingen, die einst künstlich eingehauene Kammern und Gänge in einer Felswand und eine frühe Touristenattraktion waren. Sie mussten dem Bau der Bodensee-Uferstraße und der Eisenbahntrasse weichen. Die Reste wurden 1960 wegen Einsturzgefahr gesprengt, informiert Rudi Limbach in seinem Begleitheft. Die Heidenhöhlen gehören zu einer Reihe mit handkolorierten Stahlstichen, die um 1850 nach Vorzeichnungen von Konrad Corradi entstanden sind. Über das Rheintal geht es schließlich zum Oberrhein und Carl Philipp Vornkellers Bleistiftzeichnung von 1871 mit dem Titel „Rheinfall bei Schaffhausen“.

Die Ausstellung kann noch bis zum 22. April im Helferhaus im Petrus-Jacobi-Weg 5 besichtigt werden. Die Öffnungszeiten sind: Dienstag bis Freitag von 17 bis 19 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 14 bis 19 Uhr. Eine Führung durch die Ausstellung findet am Sonntag, 7. April, um 15 Uhr statt.