Konzertvorschau für Stuttgart

Highlights im Herbst mit Apache 207, Simply Red und Ayliva

Ob Hip-Hop oder Heavy Metal: bis Ende des Jahres sind Stuttgarts Konzerthallen gut gebucht. An einem Tag Ende Oktober finden sogar sechs Shows gleichzeitig statt.

Highlights im Herbst mit Apache 207, Simply Red und Ayliva

Apache 207, Ayliva und Simply Red kommen bald in die Stuttgarter Schleyerhalle.

Von Michael Werner

Wer mal Gitarre geübt hat, wer langsam vorankam aber schnell ein Lied begleiten wollte, der kam noch in den Achtzigerjahren am 1971 veröffentlichten Song „Lady in Black“ von Uriah Heep kaum vorbei: Zwei Akkorde genügten, verbunden durch den simpelst möglichen Griffwechsel: von A-Moll nach E-Moll. Uriah Heep oder zumindest die fünf Musiker, die sich mittlerweile so nennen, treten am 29. Oktober im Hegelsaal der Liederhalle auf.

Für alle, die meinen, in Stuttgart sei nichts los: Am betreffenden Herbstabend, einem Mittwoch, finden zeitgleich sechs Konzerte beziehungsweise Shows professioneller Veranstalter statt: Außer Uriah Heep treten die britischen Indierocker The Subways im Wizemann auf, der Stuttgarter Post-Punker Edwin Rosen spielt im LKA, der Jazz-Bassist Hellmut Hattler feiert im Theaterhaus 25 Jahre auf der Bühne, und der Fernsehmoderator Micky Beisenherz plaudert im Mozartsaal der Liederhalle. Am selben Abend (und am darauf folgenden) wird in der Schleyerhalle unter dem Motto „Hans Zimmer live“ ebendessen Filmmusik gespielt, dem Vernehmen nach kommt der Komponist diesmal sogar persönlich. Warum an diesem Abend derart viel geboten ist? Vielleicht kann es der Psychologe und Podcaster Lukas Klaschinski erklären, der – ebenfalls am 29. Oktober – im kleineren der beiden Wizemann-Säle laut Veranstalter „durch die fesselnde Welt deiner eigenen Emotionen“ führt.

Nach Ayliva kommt Nina Chuba in die Schleyerhalle

Ebendies hat sich in gewisser Weise auch Ayliva zur Aufgabe gemacht. Die Senkrechtstarterin aus Recklinghausen, die am 16., 17. und 19. Oktober gleich drei Mal in der Schleyerhalle gastiert, hat vor ein paar Monaten den Song „Wie?“ veröffentlicht, in dem ihre gewagten Modulationen verblüffend natürlich klingen. Ayliva ist im Oktober so etwas wie die Anführerin der deutschsprachig agierenden Frauenpower-Sängerinnen auf Stuttgarter Bühnen: Am 27. Oktober rappt und singt Nina Chuba aus Wedel in der Schleyerhalle, die ihre Rolle als hiesige Pophoffnung etwas garstiger interpretiert und Autotune als Stilmittel einsetzt. Vergleichen mit den Großhallen-Bespielerinnen steht Esther Graf aus Österreich noch am Anfang. Ebenfalls am 16. Oktober singt sie ihre unbekümmerten Anti-Schlager im Wizemann.

Als Vorreiterin der jungen deutschsprachigen Musikerinnen in Sachen Selbstbewusstsein darf man, wenn man mag, Anna Vissi betrachten. Die griechisch-zypriotische Künstlerin singt in ihrer Muttersprache, und das schon seit den Siebzigerjahren. Am 11. Oktober gastiert sie mit ihrer Band in der Porsche-Arena, wo ohnehin viel los ist: Die irisch-amerikanische Folkpunk-Band Dropkick Murphys spielt dort am 16. Oktober, am Tag darauf kommt der Berliner Rapper Samra, und am 21. Oktober tritt der Stuttgarter Rapper Dardan in der Porsche-Arena auf, in dessen Song „Wo Du Willst“ es heißt: „Keiner hält die Zeit für uns an“. Das mag sich auch die australisch-britische Drum-and-Bass-Band Pendulum gedacht haben, die sich in den vergangenen 20 Jahren auflöste, wieder vereinigte, die Konzertreisen entsagte und es sich wieder anders überlegte, und die am 25. Oktober in der Porsche-Arena gastiert.

Mick Hucknall hat einst Ähnliches verlauten lassen: Das nächste Album sei das letzte der Band Simply Red, verkündete ihr Erfinder und Sänger bereits 2007, und dass nach 2009 auch nicht mehr gemeinsam konzertiert werde. Aber dann erschienen doch neue Platten, und Simply Red ging wieder auf Tournee. Dass die Band 40 Jahre nach Erscheinen ihres Debütalbums am 26. Oktober wieder in Stuttgarts größter Halle, der Schleyerhalle, spielt, ist eine respektable Leistung. Respekt gebührt jedoch auch Chris de Burgh, der mehrfach in der Schleyerhalle gespielt hat, und der jetzt, da er nicht mehr als ganz großer Publikumsmagnet fungiert, einfach alleine ohne Band in kleineren Sälen weitermacht. Am 30. Oktober gibt er ein Solo-Konzert im Hegelsaal der Liederhalle. Dort wird er sich alleine ans Klavier setzen und alleine die Gitarre zupfen, obwohl der Vater von Hits wie „Lady in Red“ und „Don’t Pay the Ferryman“ dies zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes längst nicht mehr nötig hätte.

Nach einem prallen Konzert-Oktober spielt am 1. November das DJ- und Produzentenduo Kruder & Dorfmeister seine „K&D Sessions“ im Beethovensaal der Liederhalle für ein sitzendes Publikum. Wenn der Monat schon etwas vorangeschritten ist, gibt es in der Schleyerhalle Heavy Metal: Am 22. November macht die Power-Metal-Band Helloween etwas, das derzeit eine ganze Menge Bands tun – sie feiert vier Jahrzehnte auf der Bühne. Die schwedische Band Sabaton, die sich ebenfalls dem Power-Metal verschrieben hat, existiert erst halb so lange. Sie kommt am 24. November in die Schleyerhalle, wo im Dezember jede Menge Rapper gastieren.

Den Anfang macht am 1. Dezember SSIO aus Bonn. Am 2. Dezember folgt Maximilian Tibor Albert Diehn aus Berlin, besser bekannt als Kontra K, dessen aktuelles Album „Die Hoffnung klaut mir niemand“ heißt. „Ich häng mit denselben Jungs rum von Anfang“, lautet da grammatikalisch kreativ die erste Zeile des Songs „Von Anfang“, bei dem auch ein gewisser Luciano mitrappt, der am 5. Dezember in der Schleyerhalle gastiert. Bereits am 4. Dezember tritt die Dresdener Rapcrew 01099 in Stuttgarts größter Halle auf, und am 9., 10., 12. und 13. Dezember – also tatsächlich vier Mal – bespielt ein anderer rappender Zahlenspieler die Schleyerhalle. Der nennt sich Apache 207 und ist auch Menschen über 50 bekannt, weil er Anfang 2023 gemeinsam mit Udo Lindenberg einen Hit namens „Komet“ landen konnte. Weitere Rapper in der Schleyerhalle sind selber schon deutlich über 50, nämlich die Fantastischen Vier, die am 19. und am 20. Dezember ihr jährliches Heimspiel feiern.

Natürlich gibt’s im Dezember in Stuttgart nicht nur Hip-Hop zu hören: Am 3. gastiert zum Beispiel die australische Singer-Songwriterin Kat Frankie mit ihrem A-capella-Ensemble Bodies im Wizemann, und am 17. wird die alljährliche Pop-meets-Orchester-Show „Night oft he Proms“ in der Schleyerhalle von einem veritablen Rockstar beehrt, nämlich von Alice Cooper, der garantiert seine beiden berühmtesten Songzeilen singen wird: „School’s out for summer! School’s out forever!“ Tatsächlich müssen Schüler und Lehrer nach dem Weihnachtsferien am 7. Januar wieder einrücken. Das ist übrigens einer der wenigen Tage im nächsten Jahr, an denen keine größere Konzerte im Kalender stehen.