Hochkarätiges in schwierigen Zeiten

Die Spielzeit 2020/2021 des Backnanger Bürgerhauses beginnt in dieser Woche mit dem Konzert des Württembergischen Kammerorchesters Heilbronn. Programm mit Stars der Klassik-, Jazz-, Literatur- und Theaterszene sowie zwei Extrakonzerten.

Hochkarätiges in schwierigen Zeiten

Der Pianist Frank Dupree spielt zusammen mit dem Schwarzwald-Kammerorchester. Foto: S. Heck

Von Ingrid Knack

BACKNANG. Die Spielzeit 2020/2021 startet am Freitag mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn, das den Saxofonisten Daniel Gauthier mitbringt. Um all die hochkarätigen Kulturveranstaltungen realisieren zu können, haben die Bürgerhaus-Verantwortlichen an einem Konzept gefeilt, das zwar organisatorisch aufwendig ist, aber allen Coronaschutzvorgaben entspricht (siehe Infoteil „Kultur genießen mit Abstand“).

Martin Schick, der bis Ende August noch Kulturamtsleiter der Stadt Backnang war und sich seit September ganz auf die Leitung der Galerie der Stadt Backnang konzentriert, hat zusammen mit den Experten Obi Jenne (Musik) und Irene Ferchl (Literatur und Theater) ein abwechslungsreiches Bürgerhaus-Programm zusammengestellt. Mittlerweile ist die seitherige stellvertretende Amtsleiterin Janina Sülzle Ansprechpartnerin. Sie wird das Kultur- und Sportamt leiten, bis Johannes Ellrott im Januar Schicks Nachfolge antritt. Zu Janina Sülzle lässt Martin Schick wissen: „Sie war bisher schon unter anderem schwerpunktmäßig für das Bürgerhaus zuständig und kennt es sehr gut.“

Manche Konzerte, die in den letzten Monaten ausfallen mussten, werden nachgeholt, wie das Konzert mit dem Jazzpianisten Emmet Cohen. In dieser Saison mit dabei sind nach den Worten Schicks „einige der in Backnang immer gern gesehenen Orchester wie beispielsweise die Stuttgarter Philharmoniker oder das Schwarzwald-Kammerorchester – und natürlich Rainer Roos, der aber zum Neujahrskonzert mit einer ganz anderen, sehr interessanten Besetzung kommt.“ Nicht mit dabei ist die Strauss-Capelle Wien. Dies hat einen guten Grund. Rainer Roos: „Leider war es nicht möglich, in einer Zeit, in der wir Kultur nur ,auf Sicht‘ planen können, ein Orchesterkonzert zuverlässig vorzubereiten. Ich hoffe sehr, dass uns das Backnanger Publikum gerade in dieser für uns Künstler so schweren Zeit auch weiterhin unterstützt und bin schon jetzt mit Vorfreude und Leidenschaft inmitten der finalen Planung des Neujahrskonzerts.“

Die Neujahrsgala mit Rainer Roos wird gleich zweimal gespielt.

Auch da Corona und Bläser in Sinfonieorchestern ein schwieriges Thema ist, hat sich Roos entschieden, die Neujahrsgala mit Sechs-Mann-Band und Musicalstars unter dem Titel „On Broadway“ zu bestreiten. „Insgesamt werden vier Musicalstars gemeinsam mit meinen Musikern und mir die Gala gestalten. Auf jeden Fall dabei sind die in Backnang bereits bekannte Jana Marie Gropp und Sascha Krebs.“ Das Programm wird an zwei Tagen gespielt.

Gerade in der jetzigen Zeit sei es wichtig, kulturell weiter Zeichen zu setzen und auf das Schicksal zahlreicher Künstler aufmerksam zu machen. Backnang nehme hier mit dem Sommerprogramm des Stadtjugendrings und dem nun geplanten Kulturprogramm der Stadt eine vorbildliche Rolle ein, sagt Roos. „Hoffentlich folgen viele Kulturveranstalter diesem Mut der Backnanger Kulturschaffenden.“ Auch das classic-ope(r)n-air auf dem Backnanger Marktplatz unter seiner Leitung findet sich wieder im Programm.

Gute alte Bekannte in Backnang sind zudem Rudolf Guckelsberger und Klaus Hemmerle, die wieder in der Literaturreihe lesen. Zu den besonderen Tipps von Martin Schick gehört überdies Christian McBride. Schick: „Ganz besonders freue ich mich über einen der weltbesten Jazzbassisten, Christian McBride: Der war erst kürzlich mit seiner grandiosen Big Band da, und im Mai kommt er im Duo mit einem zweiten Bassisten, der von der Klassik her kommt, Edgar Meyer. Das wird hoch spannend.“ Damit nicht genug mit den Künstlern, die sich in Backnang einen guten Namen gemacht haben. Der Slam-Poet und Nögge-Schüler Timo Brunke ist nach den Ausführungen Schicks in einer äußerst originellen Konstellation zu erleben, die man so niemals erwartet hätte: zusammen mit dem Stuttgarter Kammerorchester.

In der Extrareihe präsentiert das Backnanger Bürgerhaus „Thomas Roth und sein mitreißendes Spiel auf der Nyckelharpa“, so Schick. In Backnang trat Thomas Roth beispielsweise als Solist beim classic-ope(r)n-air 2017 auf. Nun bringt er Harald Scharpfenecker (akustische Gitarren), Mischa Marcks (E-Bass), Johannes Doll (Schlagzeug, Marimba, Vibraphon), Konrad Haas (Keyboard, Querflöte, Saxofon) und Wolfgang Stute (akustische Gitarren, Handpan, Percussion) mit. Wolfgang Stute aus Hannover war viele Jahre der Gitarrist und Manager von Heinz Rudolf Kunze. Aus Stutes Band Marea hat Thomas Roth im Jahr 2020 den Schlagzeuger Johannes Doll sowie den Kölner Bassisten Mischa Marcks in seine eigene Band übernommen. Nun spielen sozusagen zwei fusionierte Bands zusammen. Ebenfalls in der Extrareihe tritt die A-cappella-Gruppe die Füenf auf. Sie bringt ihr neues Kriwanek-Programm mit. Auch die hr-Band ist wieder mit von der Partie. Weitere Höhepunkte: Der junge Ausnahmetrompeter Simon Höfele zeigt, zusammen mit der Jungpianistin Elisabeth Brauß, sein Talent. Auch die Sängerin, Songwriterin und Jazzpianistin Olivia Trummer gastiert in Backnang. Gebucht wurde außerdem die weltweit gefragte Sängerin Stacey Kent. Im Februar treten an einem Termin gleich zwei Formationen im Bürgerhaus auf: Das Sextett Koschitzki und Pereira stellt sein Album „Brazilian Blues“ vor, und mit dem Jacob Manz Project kommt ein erst 19-jähriges Ausnahmetalent am Saxofon nach Backnang.

Unterschiedliche weibliche Lebensläufe stehen im Zentrum dreier literarischer Salons. So werden die Biografie der bayrischen Bäuerin Anna Wimschneider, die Karriere der Opernsängerin und Komponistin Pauline Viardot-Garcia sowie die politischen Kämpfe und Liebesgeschichten von Rosa Luxemburg und Hannah Arendt beleuchtet. Eine literarisch-musikalische Reise entführt die Zuhörer entlang der Donau von Wien bis zum Schwarzen Meer und eine andere auf den spanischen Jakobsweg nach Santiago de Compostela.

Für Schauspielfreunde gibt es das Stück „Honig im Kopf“, eine Inszenierung des Theaters Lindenhof Melchingen, und „Antigone“ von der Württembergischen Landesbühne Esslingen.

Kultur genießen mit Abstand

Durch die Abstandsregelung ist es im Bürgerhaus aktuell nur möglich, ein Viertel der maximalen Plätze zu besetzen. Martin Schick: „ Wegen der von der Coronaverordnung geforderten Abstandsregelung sind wir zurzeit im Publikum auf um die 180 Leute im großen Saal begrenzt. Je nachdem, wie viele Leute aus Hausgemeinschaften kommen, können es auch einige – aber nicht viel – mehr sein. Für jede Veranstaltung sieht der Bestuhlungsplan dann etwas anders aus. Das wird aufwendig, ist aber machbar.“

In der kommenden Spielzeit werden aufgrund der Abstandsregelung keine Flauschohren-Konzerte für ganz junge Menschen angeboten, bei denen sich Publikum und Künstler auf der Bühne befinden.

Um noch kurzfristig auf Änderungen der Vorgaben und Einreisebeschränkungen für Künstler reagieren zu können, wird der Einzelkartenvorverkauf erst sechs Wochen vor der jeweiligen Veranstaltung beginnen. Die Termine für den Start des Einzelkartenvorverkaufs sind auf der Homepage des Bürgerhauses (www.backnanger-buergerhaus.de) oder im Programmheft ersichtlich. Karten können im Bürgerhaus oder online unter www.backnanger-buergerhaus.de erworben werden. Das Kartentelefon ist unter 07191/ 894-567 erreichbar. Abonnements für die einzelnen Veranstaltungsreihen sind bis zu 34 Prozent günstiger und können bis zur ersten Veranstaltung erworben werden. Abonnenten werden bevorzugt behandelt und können sich einen der begrenzten Sitzplätze sichern. Bei Ausfällen gibt es wahlweise Gutscheine oder die Erstattung der anteiligen Summe.

Das Angebot „nimm 3“ gibt es in abgewandelter Form. Wer drei Tickets oder mehr für unterschiedliche Veranstaltungen kauft, erhält am Ende der Spielzeit gegen Vorlage der Karten einen Gutschein über zehn Euro, der in der Saison 2021/2022 eingelöst werden kann. Das Angebot gilt für alle Veranstaltungen im städtischen Kulturprogramm – ausgenommen das classic-ope(r)n-air.