Depeche Mode's neuer Konzertfilm "M" verbindet düstere Musik mit mexikanischer Kultur. Herausgekommen ist ein flimmender Bilderreigen um den eigentlichen Konzertauftritt.
Das „M“ ist das prägende Element des Bühnenbildes auf der jüngsten Tour von Depeche Mode gewesen.
Von Lukas Jenkner
Viel mehr Tanz mit dem Tod als im neuen Konzertfilm „M“ geht vermutlich nicht: Die britische Elektrorockband Depeche Mode hat ohnehin einen starken Hang zu düsterer Musik, das jüngste Album „Memento Mori“ (übersetzt etwa „Bedenke, dass Du sterben wirst“) verfolgt den Tod und die Vergänglichkeit als inhaltliches Konzept. Der mexikanische Regisseur Fernando Frías hat dies in seinem Film, der seit Dienstag weltweit in den Kinos ist, verschmolzen mit der Kultur seiner Heimat, in der der Tod wesentlich präsenter ist als in vielen anderen Kulturen. Herausgekommen ist ein sehenswerter Konzertfilm über die drei Livekonzerte der „Memento-Mori-Tour“ in Mexico City im September 2023, nach dessen Abspann aber doch die Frage aufkommt, warum es ihn überhaupt gibt.
Denn anders als in der Dokumentation „Spirits in the Forest“, die vor allem die Lebensgeschichten einer Handvoll Fans und deren Bezug zu Depeche Mode erzählt, beschränkt sich Fernando Frías weitgehend darauf, zwischen den Live-Versionen der wichtigsten Welthits der Band und einigen Songs aus dem jüngsten Album meist unsichtbar bleibende Menschen aus dem Off aphorismenartig über den Tod, die Vergänglichkeit und die mexikanische Kultur philosophieren zu lassen.
Hypnotische Bilderflut: Frías' visuelle Hommage an MTV
Dazu lässt Frías einen hypnotischen Strom von Bildern am Auge des Zuschauers vorbeiziehen – viel schwarzweiß und Schatten, leere Straßen und heruntergekommene Lost Places, aber auch besinnliche Aufnahmen einer mexikanischen Flusslandschaft. Viele Aufnahmen der schnell geschnittenen Passagen sind stark verfremdet, was die Ästhetik der MTV-Musikvideos der 1980er Jahre zitiert, bisweilen aber ins Verspielte abgleitet. Menschen kommen in dieser faszinierenden Bilderflut meist nur schemenhaft vor.
Allein der audiovisuelle Künstler Joshua Ellingson darf von seiner Sammelleidenschaft für alte Fernseher und Monitore erzählen und sinniert über die Vergänglichkeit der Technik. Das lässt im Zuschauer die Hoffnung aufkommen, dass irgendwann die Smartphones ausgestorben sind und die Fans auf Konzerten ihre Videos mit smarten Brillen produzieren – so dominant sind die kleinen Bildschirme in manchen Passagen der Konzertaufnahmen.
Faszinierende Drohnenaufnahmen zeigen Depeche Mode hautnah
Gleichwohl passen Fernando Frías Beiträge wunderbar zusammen mit den eigentlichen Konzertaufnahmen, bei denen der Regisseur technisch aus dem Vollen geschöpft hat, beispielsweise mit dem Einsatz von Drohnen. Das beschert dem Zuschauer faszinierende Perspektiven und immer wieder intime Momente vor allem mit Dave Gahan und Martin Gore, den beiden verbliebenen Gründungsmitgliedern.
Der dritte im Bunde Andrew Fletcher war 2022 überraschend verstorben, was dem Konzeptalbum „Memento Mori“ eine zusätzliche tragische Tiefe verleiht. Zu den stärksten Passagen des Films gehören die Momente, in denen Gahan und Gore übereinander geblendet singen – zwei gealterte Männer, die wissen, dass es irgendwann vorbei sein wird, die sich aber ihre Freude und Leidenschaft für ihre Musik bis heute bewahrt haben.
Depeche Mode Box-Set: Komplettkonzert bereits angekündigt
Unterm Strich ist Fernando Frías ein sehenswerter Konzertfilm gelungen, in dem sein Beitrag über die mexikanische Kultur aber letztlich oberflächlich bleibt – auch wenn die mexikanisch gesprochenen und untertitelten Sequenzen immer wieder dazu einladen, genauer bei den nachfolgenden Songs zuzuhören. Bereits jetzt ist eine Box angekündigt, in der neben dem eigentlichen Konzertfilm auch ein Komplettkonzert aus den Mitschnitten der drei Abende in Mexico City enthalten sein wird. Die echten Depeche-Mode-Fans werden vermutlich vor allem ein Interesse daran haben, das volle Konzert genießen zu können.
„Depeche Mode: M“ ist bis Sonntag in vielen Kinos zu sehen, auch in Stuttgart und Umgebung. Termine und Uhrzeiten sind auf den Homepages der jeweiligen Kinos und auf der offiziellen Seite zum Film zu finden.