Flamenco-Künstler, die Geschlechterrollen hinterfragen oder auf Swing und Groove setzen: Das 15. Stuttgarter Flamenco-Festival wagt sich an Grenzen vor.
Manuel Liñáns Flamenco-Stück „Viva“ hinterfragt mit Männern in Frauenkleidern Geschlechterrollen.
Von Andrea Kachelrieß
Es ist Sommer, Zeit für das Stuttgarter Flamenco-Festival. Für die 15. Ausgabe erwartet seine künstlerische Leiterin Catarina Mora Schwergewichte dieser Tanzform auf der Bühne im Theaterhaus – und viele Gäste bei den Workshops im Produktionszentrum.
Frau Mora, welchen Programmpunkt Ihres Festivals sollte man nicht verpassen?
Unbedingt empfehlen möchte ich Manuel Liñáns mit Geschlechterrollen spielende Produktion „Viva!“, die ich schon vor der Pandemie nach Stuttgart holen wollte. Dann kamen Corona und die Renovierung der großen Theaterhaushalle… Mit „Baile de Autor“ war Manuel Liñán 2023 Gast des Festivals, um das Publikum für „Viva!“ vorzubereiten.
Jetzt ist die Zeit reif einen queeren Blick auf den Flamenco?
Ja, vor allem weil Manuel Liñán und die anderen fünf Männer, die als Frauen tanzen, in „Viva!“ ein sehr breites Theaterpublikum ansprechen. Sie suchen nicht die leichte Travestie-Revue, sondern gehen ihr Thema mit viel Tiefgang und großem Können an, wenn sie hinterfragen, welche Regeln dem Künstler vorschreiben, sich dem Geschlecht entsprechend zu zeigen. Aber eigentlich möchte ich auch für vier Frauen werben…
Nur zu!
Zum Auftakt des Festivals präsentieren vier Schwergewichte des Flamenco eine gemeinsame Gala. Peso, also Gewicht zu haben, ist im Flamenco ein großes Kompliment und hat auch mit Ausdrucksstärke und Können zu tun. Sie addieren, in Szene gesetzt von Miguel Ángel Espino, Soli, Duette und Gruppenszenen zu einem sehr kurzweiligen, inspirierenden Abend.
Wichtiger Part des Festivals ist sein Workshop-Angebot. Woher kommen die Teilnehmenden?
Natürlich auch aus Stuttgart, aber wir haben sehr viel überregionale und internationale Gäste aus Österreich, der Schweiz, Frankreich und weiter entfernten Ländern. Durch unseren Newsletter sprechen wir das ganze Jahr unser Publikum an, das zahlt sich jetzt aus. Die Nachfrage ist so groß, dass ich für die Kurse, die vor allem im Produktionszentrum stattfinden, zwei weitere Räume anmieten musste.
Zum Abschluss gibt’s ein Fest. Sind auch Neugierige willkommen?
Ja, zur Fin de Fiesta, bei der Ergebnisse aus den Kursen präsentiert werden, sind alle herzlich eingeladen. Der Abend bietet einen schönen Überblick und es wird getanzt bis zum Umfallen.
Das bietet das Festival vom 1. bis zum 9. August
TermineZum Festivalauftakt am 1. August, 20 Uhr, gibt es eine „Gala flamenca bailaoras” im Theaterhaus. Dort gehört am 2. August, 19 Uhr, dem Nachwuchs in „Flamenquitos“ die Bühne, am 3. August, 20 Uhr, Manuel Liñáns „Viva!“. Im Produktionszentrum demonstriert José Manuel Álvarez am 6. August, 20.15 Uhr, bei einem Gesprächsabend, wie man Swing und Groove in den Flamenco bringt. Fin de Fiesta ist am 9. August um 20 Uhr bei freiem Eintritt.