Kabarett unterwegs in Wald und Flur

Bei „Webers G-Versuche – Auf dem Weg zum G-Punkt und drumrum“ nimmt Thomas Weber vom Kabirinett sein Publikum mit auf einen Spaziergang rund um Großhöchberg.

Kabarett unterwegs in Wald und Flur

Thomas Weber (links) erntet für seine Pointen schallendes Gelächter. Foto: T. Sellmaier

Von Annette Hohnerlein

Spiegelberg. Wer sich in einem voll besetzten Theater im Moment nicht wohlfühlt, aber auf Kultur nicht verzichten möchte, für den hat sich Thomas Weber vom Kabirinett eine Alternative ausgedacht: Ein Kabarettprogramm unter freiem Himmel in Form eines Spaziergangs in der Umgebung von Großhöchberg. „Es ist ein Experiment“, erklärt der Kabarettist. Viele Theaterbesucher seien vorsichtig, warteten lieber noch ab, der Theaterbetrieb laufe erst langsam wieder an. Etwa 500 Karten von coronabedingt ausgefallenen Vorstellungen seien noch im Umlauf.

„Wir haben uns G-testet und G-impft. Wir sind G-nesen und G-boostert. Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und alle das gute, alte Spazierengehen neu entdeckt“, heißt es in der Pressemitteilung zum neuen Programm. Bei seinen Ausflügen in die Umgebung sind dem schwäbelnden Kabarettisten offenbar viele Erkenntnisse zugeflogen, über Flora und Fauna, Bienchen und Blümchen, Mensch und Natur. Und diese präsentiert er nun seinem Publikum. „Bei der Premiere vor Ostern hatten wir strömenden Regen“, erzählt er, „nach ein paar Metern waren alle klatschnass. Aber es war trotzdem schön.“

An diesem Abend haben die Besucher mehr Glück, es ist ein heiterer Frühlingstag, etwas windig und kühl, aber trocken. Das Gezwitscher der Vögel veranlasst Weber, über die erstaunlichen Fähigkeiten dieser Spezies zu sinnieren: „Wenn der Vogel in den Süden will, dann fliegt er hin, ohne Tui. Und er findet die besten Rastplätze, ohne Navi.“ Was ist das für eine Wasserlache dort in der Senke? Ein Ort für Wildschwein-Wellness, vermutet Weber: „Da liegt manchmal der Keiler drin und lässt sich von seinen fünf Bachen einschmieren. Fango für Wildsauen. Und Donnerstag ist Bachentag.“

Auch klassische Naturgedichte werden rezitiert

Der Kabarettist führt seine Gäste über eine weite Ebene mit Blick bis zur Schwäbischen Alb, dann geht es durch den frühlingshaften Wald, bergauf und bergab, anderthalb Stunden lang. Dabei muss niemand Angst haben, die Strecke nicht zu bewältigen. Das Tempo ist gemütlich, immer wieder wird Halt gemacht. Bei einem seiner Spaziergänge habe er kürzlich eine Gruppe von Wanderern gesehen, erzählt Weber. Und sich über deren fleischfarbene Trainingsanzüge gewundert. Beim Näherkommen habe er gesehen, dass sie so unterwegs waren, wie Gott sie schuf. „Das war wohl die Betriebssportgruppe Paradies. Ich bin mir overdressed vorgekommen“, erklärt er unter schallendem Gelächter seines Publikums.

Als Kontrapunkt rezitiert Weber zwischen seinen humoristischen Betrachtungen immer wieder aus klassischen Naturgedichten von Schiller, Hölderlin und Goethe: „Ich ging im Walde so für mich hin …“

Bei seinen eigenen Waldspaziergängen hat Weber offenbar ein enges Verhältnis zu Pflanzen entwickelt. Das „Primele“ auf seiner Fensterbank nickt ihm zu, wenn er über vorbeigehende Passanten lästert. Und wenn er den Wald betritt, scheinen die Bäume mit dem Schwanz zu wedeln. Wovon er jedoch gar nichts hält, ist der neue Trend des Waldbadens. „Früher bisch aufs Bänkle g’sessa, dann warsch erholt. Jeder alte Kruscht braucht an neuen Namen, dann isch es an Hype.“ Trotzdem habe das Waldbaden auch Vorteile gegenüber demjenigen im Schwimmbad, sinniert Weber. „Den Pilz, den du aus dem Hallenbad mitbringst, kannst du nicht abends mit einem Sahnesößle kochen.“

Im nahe gelegenen Wald habe sich vor Kurzem ein Vorfall abgespielt, der sich zum Großhöchberger Fall XYungelöst entwickelt habe, erzählt Weber. Eine Wildkamera habe ein Pärchen beim Liebesspiel in der freien Natur gefilmt. Jetzt stellten sich die Dorfbewohner die Frage „Wer ist das?“ und hätten eine Nachbarschaftsinitiative gegründet, die Wildkameras mit besserer Auflösung fordert.

Nach anderthalb anregenden Stunden kehrten die 30 Teilnehmer noch für einen Imbiss mit Fladenbrot und Dips im Kabirinett ein. „Ihr könnt bleiben, so lange ihr wollt“, verkündete der Gastgeber, „und ich hoffe, dass jeder seinen persönlichen Geh-Punkt findet.“