„Kunst schaffen“ beim Bildhauerkurs des Kunstvereins Aspach

„Miteinander Kunst schaffen“, das ist ein Grundsatz von Donata Fischetti. In Allmersbach am Weinberg setzte die Bildhauerin diese Idee mit einem viertägigen Bildhauerkurs für den Kunstverein Aspach um. Die sechs Teilnehmer fertigten ganz unterschiedliche Werke aus Marmor oder Speckstein.

„Kunst schaffen“ beim Bildhauerkurs des Kunstvereins Aspach

Beim Bildhauerkurs des Kunstvereins Aspach entstehen ganz unterschiedliche Kunstwerke. Foto: Alexander Becher

Von Klaus J. Loderer

Aspach. Mit kritischem Blick schaut Donata Fischetti den Marmorblock an. Zwei aneinandergeschmiegte Köpfe sollen es einmal werden. Das ist die Idee von Siegmund Breckl. Er hat einen Einschnitt herausgesägt. Nun geht es an die Rundungen. Die Bildhauerin weist ihn auf die Mittelachsen der künftigen Gesichter hin und setzt auch gleich den Bleistift an.

„Wenn man mit Stein arbeitet, ist man abgelenkt von der Welt“, erzählt Marlene Uitz-Frey, während sie mit einer Raspel einem Stück Speckstein eine ebene Standfläche gibt. Der mehlige Berg auf ihrer Arbeitsplatte deutet an, dass sie schon fleißig Material abgetragen hat. Donata rät ihr, die Figur umzudrehen, und deutet mit den Händen eine Kelchform an. Marlene Uitz-Frey, die Mitglied im Kunstverein ist, lernte Donata Fischetti vergangenes Jahr bei einem Kurs am Bildungszentrum in Weissach im Tal kennen. Kunstvereinsvorsitzende Margit Hägebarth besuchte dann einen Kurs in Sulzburg-Laufen. So entstand die Idee, die Bildhauerin nach Allmersbach am Weinberg zu holen, denn dort besitzt der Kunstverein mit der sogenannten alten Kapelle, einer ehemaligen methodistischen Kapelle, ein Ateliergebäude. In deren Garten sind die sechs Teilnehmer nun eifrig mit ihren Steinblöcken beschäftig.

„Das Ringen um die Kunst“

Zwischendurch erzählt Donata Fischetti, wie sie als junge Frau die Kunst ihrer Heimat erkundet hat. Sie stammt aus Lizzano, einer Stadt in Apulien, also vom Absatz des Stiefels. Sie schwärmt vom feinen Sand am ionischen Meer. Material und Haptik haben es ihr angetan. Sie hat Bildhauerei an der privaten Alanus-Hochschule für Kunst in Alfter und Waldorfpädagogik studiert. Seit 1989 gibt sie Bildhauerkurse und unterrichtet an der Freien Waldorfschule Gutenhalde in Filderstadt. Gerne gibt sie ihr Wissen weiter. „Das Ringen um die Kunst“ – fasst sie die künstlerische Arbeit zusammen. Das kann in der Bildhauerei auch körperlich anstrengend sein. Da pflichtet ihr Siegmund Breckl bei. Am Morgen habe er Tai-Chi gemacht, um für den Tag locker zu sein.

Anfänger und Fortgeschrittene fühlen sich wohl in dem Kurs

Eine Teilnehmerin bearbeitet mit einem Meißel ein weißes Steinstück. „Carraramarmor“, bemerkt sie stolz, „ich möchte einen Stein, der mir etwas entgegensetzt.“ Aber er ist ihr noch zu rund. Donata kommt heran und gemeinsam erörtern die beiden Frauen, wie man etwas Spannung hineinbringen könnte. Die Bildhauerin schlägt eine Kante vor. „Wo ist mein Stift?“, fragt sie in die Runde. Der Bleistift wird gefunden und kommt wieder zum Einsatz. „Man kann die Biegung verstärken, dann entsteht Dynamik.“ Sie zeichnet eine Linie zwischen zwei Bereichen, die die Teilnehmerin schon mit unterschiedlichen Oberflächen bearbeitet hat. Die obere Seite ist ganz grob behauen, die untere Seite viel feiner. Diese soll einmal poliert werden. „Donata ist eine einfühlsame Dozentin“, lobt die Teilnehmerin die Kursleiterin. Während drei Kursteilnehmer schon Übung haben mit Steinbearbeitung, ist es für drei weitere Kursteilnehmer eine ganz neue Erfahrung. Die junge Familie kam durch die Nachbarin Anni Richter, der Pressesprecherin des Kunstvereins, zum Kurs. Ines und Martin Jürschke stammen aus Erfurt und haben ihren Lebensmittelpunkt nun in Allmersbach. Jetzt genießen sie die kreative Atmosphäre. Martin Jürschke ist fasziniert von einem Speckstein, der ihn an eine Speerspitze erinnert. Er merkt schnell, dass der schieferige Stein ein Eigenleben entwickelt, das ihn auf neue Ideen bringt. Ines Jürschke hat ihr Stein zu einem Fisch inspiriert. Sie ist schon dabei, die Schwanzflosse fein zu arbeiten. Sie freut sich schon darauf, wenn die Färbungen des Steins nach dem Polieren herauskommen. Mit einem Stechbeitel gibt Sohn Iven seinem Speckstein eine neue Kontur.

Runde Bewegungen, wie eine Spirale

Inzwischen ist Marlene Uitz-Frey dabei, ihrem Speckstein in eine gerundete Kelchform zu bringen. Donata gibt ihr einen Tipp zur praktischen Ausführung: „Führ die Raspel nicht so gerade, sondern mach runde Bewegungen – wie eine Spirale.“ Das Stück Carraramarmor hat unterdessen eine Kontur bekommen. Dass diese an das Yin-Yang-Motiv erinnert, gefällt der Künstlerin nicht so gut. „Es muss etwas passieren, damit die Lieblichkeit verschwindet,“ spornt sie sich an. Siegmund Breckl setzt dem Stein geübt zu. Man merkt ihm den Profi an, denn er ist Steinmetzmeister und hat viele Jahre als Steintechniker gearbeitet. Im Alter hat er Lust bekommen, wieder etwas mit Stein zu machen. Die Herangehensweise ist für ihn ungewohnt. Früher war es ein eher technisches Arbeiten mit dem Stein. Nun muss er im Stein die Form finden: „Das ist ein fast meditatives Arbeiten.“ Er hat inzwischen die Rundung eines Kopfs herausgearbeitet. Man kann die werdende Nase erahnen. „Jetzt zeigt sich das Gesicht“, meint Donata erfreut.

Inzwischen ist noch eine „Teilnehmerin“ dazugekommen. Die Windhündin der Familie sitzt im Schatten und beobachtet die Szene. „Es ist so schön, dass bei allen meinen Kursen Tiere dabei sind“, freut sich Donata. Für den Nachmittag hat sie eine Überraschung mitgebracht. Von den reifen Früchten des Zwetschgenbaums im Kunstvereinsgarten hat sie einen Kuchen gebacken. Eine Pause ist wichtig, um sich zu erholen und Abstand zu gewinnen: „Dann sieht man das Werk mit neuen Augen.“