Probesitzen für ein Pfingstkonzert

Patrick Siben plant ein Konzert der Stuttgarter Saloniker im Rosengarten der Murrhardter Villa Franck. Er hat bereits einen Besucher-Probelauf dafür unter Einhaltung bestimmter Maßnahmen gemäß den Coronabestimmungen durchgeführt.

Probesitzen für ein Pfingstkonzert

Die Stuttgarter Saloniker wollen baldmöglichst auch wieder in der Landeshauptstadt auftreten. Foto: privat

Von Bernhard Romanowski

MURRHARDT. Das Ziel ist ambitioniert, zumindest in Zeiten der Coronakrise mit ihren Beschränkungen auch für kulturelle Veranstaltungen: Patrick Siben will mit dem Orchester Die Stuttgarter Saloniker das erste offiziell genehmigte Livemusikkonzert in Baden-Württemberg auf die Beine stellen. Austragungsort: der Rosengarten der Villa Franck in Murrhardt. Es gab auch schon eine Art Sitzprobe dazu.

Am Sonntag empfing Siben etliche Passanten im wieder geöffneten Villa-Park, um sein „Corona-übertragungsfreies-Konzertkonzept“ – wie er es nennt – quasi am lebenden Objekt zu testen. „Das war kein Konzert, sondern ein Probesitzen bei freier Entscheidung der Passanten“, betont der Musiker auf Nachfrage unserer Zeitung.

Dazu hatte Siben auf einer Testfläche Stühle aufgestellt, und zwar einzeln mit jeweils zwei Metern Abstand zum nächsten Platz, sowie Stühle für Paare und für Dreier- und Fünfergruppen. Zwischen den Stuhlreihen ist ein Korridor von vier Metern Breite vorgesehen. Die bestuhlte Fläche ist dann – wie am Sonntag praktiziert – nur im Einbahnsystem für die Gäste zugänglich, um Begegnungen zu vermeiden. Über rund vier Stunden verteilt seien rund 40 Leute gekommen, so Siben zur Resonanz der Aktion. Das Konzept funktioniere genauso gut wie die Vorkehrungen in der Gastronomie oder im Einzelhandel, ist der Organisator überzeugt. Siben: „Ich möchte damit der Politik im ersten Schritt beispielgebend für alle Musiker und Künstler zeigen, dass Künstler – Laien wie Profis – genauso zuverlässig sind wie die Gastwirte, die ihre Biergärten gemäß Stufe zwei schon rund um Pfingsten öffnen dürfen, während die Musiker und Kultureinrichtungen im Fünfpunkteplan unseres geschätzten Ministerpräsidenten erst in der Stufe 5 der Lockerungen vorgesehen sind.“ Demnach dürften Siben und das Salonorchester erst wieder nach dem 31. August dieses Jahres arbeiten, sprich vor größerem Publikum agieren.

Doch damit kann sich der Murrhardter Musiker nicht abfinden. Er will nicht nur möglichst noch zu Pfingsten ein Konzert im Park der Villa Franck geben, an dem 80 Menschen auf 1000 Quadratmetern verteilt teilnehmen können, wie er berechnet hat. Er will am 20 Juni auch im Musikpavillon auf der Stuttgarter Königstraße konzertieren und ebenso auf Schloss Solitude. Diese Veranstaltungen will er notfalls als angemeldete Demo organisieren. Die Politik hält er im Moment für überfordert. Auf kommunaler Ebene verweise man auf die Verfügungsgewalt des Landes, beim Land sehe man die Verantwortung und Genehmigungsmacht bei den Kommunen, so Sibens Schilderung. Und er glaubt, eine Art Gesetzeslücke entdeckt zu haben. „Befehlsnotstand“ nennt er das. Denn in der Rechtsverordnung über die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus der baden-württembergischen Landesregierung seien zwar Großveranstaltungen untersagt, aber nur ab 1000 Personen, meint Siben. Verboten seien demzufolge Volksfeste, größere Sportveranstaltungen und Konzerte mit Zuschauern, Festivitäten wie Stadt- oder Weinfeste und Kirmesveranstaltungen.

Siben sucht jemanden, der ihm eine große Kasperlefigur anfertigt.

„Nicht untersagt sind Konzerte im kleineren Rahmen“, ist sich Siben sicher. Darum will er nun einen entsprechenden Antrag an den Murrhardter Bürgermeister Armin Mößner richten, um sein Konzert im Park genehmigen zu lassen. „Nachdem Parks schon länger geöffnet sind, hat die Öffnung von Spielplätzen, Museen, Ausstellungshäusern und Tierparks, wenn auch unter Auflagen, bereits stattgefunden. Was spricht da gegen ein Konzert unter den genannten Auflagen?“, fragt Siben rhetorisch. Zu seinem Konzept gehöre es unter anderem auch, dass es einen Vorverkauf für die Freiluftveranstaltung und eine Besucherliste am Eingang für eine Nachverfolgung einer etwaigen Infektionskette geben wird, von Seife und Desinfektionsmittel am Eingang und auf den Toiletten ganz zu schweigen. .Bürgermeister Mößner beruft sich auf Nachfrage auf die gesetzliche Verordnung des Landes, wonach ein Konzert im Villa-Park derzeit nicht gestattet ist. Dazu sollte man erst weitere Lockerungen abwarten. Je nachdem sei eine solche Veranstaltung zu Pfingsten dann vielleicht schon möglich. Mößner: „Menschlich kann ich das Anliegen von Herrn Siben gut verstehen. Er brennt dafür, endlich wieder musizieren zu können.“

Siben sucht nun indessen einen Künstler, der ihm einen großen Kasperle anfertigt. Mund, Augen und Ohren der Figur sollen deutlich verschlossen sein. Zudem soll sie an Händen und Füßen gefesselt sein. Siben will mit ihr auf die Lage der Künstler in Zeiten der Coronakrise hinweisen und sie unter anderem auch auf dem Backnanger Marktplatz aufstellen.