„Romeo und Julia“ kommt ins Bandhaus-Theater

Die Backnanger Bürgerbühne bringt Shakespeares Klassiker zur Aufführung. Das mehr als 400 Jahre alte Stück vereine alles, was das Theater zu bieten habe, schwärmt Regisseurin Juliane Putzmann. Die ersten zwei Vorführungen sind bereits ausverkauft.

„Romeo und Julia“ kommt ins Bandhaus-Theater

Julia, gespielt von Marlene Heitkämper, begegnet ihrem Romeo beim Maskenball.

Von Melanie Maier

Backnang. Beim Maskenball begegnen sie sich zum ersten Mal. Ruhig wird es plötzlich um Romeo und Julia, alles scheint sich in Zeitlupe abzuspielen. Und auf der Bühne des Bandhaus-Theaters wirkt es nicht nur so: Die maskierten Schauspielerinnen und Schauspieler haben jede Geschwindigkeit aus ihren Bewegungen herausgenommen. Die stroboskopisch-hyperaktive Lichtshow ist sanfter Beleuchtung gewichen, statt zu dem psychedelischen Synthies-Song „Tranz“ der Band Gorillaz zu tanzen, singen die Mitglieder der Backnanger Bürgerbühne sanft im Chor.

„Ich muss nun lieben den verhassten Feind“, klagt Julia, gespielt von Marlene Heitkämper, wenig später. Es ist der Auftakt zu der wohl bekanntesten Liebesgeschichte der Welt, zu William Shakespeares „Romeo und Julia“. Regisseurin Juliane Putzmann hatte schon eine ganze Weile mit dem Stück geliebäugelt, doch wie bei so vielen Projekten kam Corona in die Quere. Was sie an dem mehr als 400 Jahre alten Stoff reizt? „Das ist halt ‚Romeo und Julia‘“, scherzt die Leiterin des Bandhaus-Theaters am Rande einer Probe und lacht. „Das Stück hat alles, was Theater ausmacht“, präzisiert sie. „Es ist zur Hälfte Komödie, zur Hälfte Tragödie – es ist eine riesengroße Malpalette, auf der alle Farben vorkommen.“ Bei Shakespeare, führt sie aus, hatten die Bühnenfiguren erstmals ein komplexes Innenleben. Zudem sei das Werk noch immer hochaktuell. Das Ensemble stimmt ihr zu: In dem Stück gehe es nicht nur um die Frage, was Liebe ist, sondern auch um Themen wie Schmerz, Verlust, Feindschaft, Krieg, Erwartungen oder intergenerationell weitergegebene Traumata. Und generell, ergänzt Putzmann, möge sie Coming-of-Age-Storys, Geschichten, die davon erzählen, wie jugendliche Hauptfiguren mit sich und der Welt ringen.

Wie das Stück auf der Bühne enden soll, ist noch nicht klar

Bei „Romeo und Julia“ bleibt das Ringen nicht metaphorisch. Das tragische Ende ist bekannt. Wie das Stück auf der Bühne des Bandhaus-Theaters aufhören wird, steht am Abend dieser Probe aber noch nicht fest. Der offizielle Schluss wird selten gezeigt, weiß Putzmann. In der 1597 erschienenen Originalfassung tötet Romeo, kurz bevor die Geschichte endet, Julias Verlobten Paris im Kampf und legt seinen leblosen Körper auf dessen Wunsch neben Julia. „Eigentlich liegen sie zu dritt in der Gruft, was nicht so romantisch ist, die Tragik des Stücks aber natürlich noch erhöht“, sagt Putzmann und weist darauf hin, dass die langjährige Fehde zwischen den Familien Romeos und Julias, zwischen den Montagues und den Capulets, bis zuletzt sinnlose Opfer fordert. Bei der Probe am Folgeabend soll über das Ende der Backnanger Aufführung diskutiert werden. „Ich lasse das wie eine gemeinsame Entscheidung aussehen“, witzelt Putzmann. Die Schauspielerinnen und Schauspieler stimmen in ihr Lachen ein.

Überhaupt ist die Stimmung an diesem Abend, bei aller Seriosität, gelöst. Der Text sitzt an manchen Stellen noch nicht ganz, mit viel Spaß und manchem Schabernack wird an einzelnen Szenen geschliffen. „Ihr könntet euch noch um den Morgenmantel streiten, bevor ihr von der Bühne geht“, weist Juliane Putzmann etwa zwei Mägde an, die das Gesagte sofort umsetzen. Das Stück ist noch in Arbeit, es schrumpft, wächst, verändert sich. Mittlerweile sind es allerdings nur noch Kleinigkeiten, an denen gefeilt wird. Die größte Änderung erfolgte schon im Januar, nach der Leseprobe. Die Textvorlage von Frank Günther umfasste zu Beginn 101 Seiten, nun sind es noch 50. Sie hoffe, dass sie mit der Version auf zweimal 45 Minuten komme, sagt die Regisseurin.

Am herausforderndsten war für die Kostümbildner der Maskenball

Ebenfalls verändert haben sich seit dem Anfang der Proben die Kostüme, berichtet Felix Weber (24), der für diese und für das Bühnenbild zuständig ist. Er assistierte im Bandhaus-Theater schon bei zwei Stücken beim Kostümbild. „Romeo und Julia“ ist seine erste eigenständige Arbeit – und vorerst seine letzte in Backnang, zumal er im September eine Ausbildung zum Damenmaßschneider an den Staatstheatern in Stuttgart anfängt. Der Maskenball, erzählt Weber, sei am herausforderndsten gewesen. Tim Fiechtner etwa, der Romeo spielt, trägt dabei einen Fuchskopf aus Pappmaschee. Selbst hergestellt, versteht sich.

Was von Anfang an klar war: Es sollte keine historische Aufführung werden. „Die beiden Protagonisten werden oft als Prinz und Prinzessin dargestellt“, kommentiert Juliane Putzmann. „Für mich sind das zwei rebellische Teenager, die keinen Bock auf eine Familienfehde haben.“ Dieses Bild von „Romeo und Julia“ lässt sich auch an den Kostümen ablesen. Julia zum Beispiel trägt kein mittelalterliches Kleid, sondern einen roten Schottenrock. Die Farben sind das Hauptelement, um die Familien optisch voneinander abzuheben: Die Montagues tragen blaue Kleidung, die Capulets rote.

Die Besetzung war recht schnell klar

Das schlichte Bühnenbild haben Felix Weber und Juliane Putzmann gemeinsam entworfen. Eine Empore dient als Bühne auf der Bühne, weiße Tuchbahnen hängen im Halboval von der Decke. „Vor dem hellen Hintergrund treten die Schauspielerinnen und Schauspieler schön hervor“, erklärt die Regisseurin. Die Aufhängung zitiere das Elisabethanische Theater. Nur: Die langen Tücher bergen das Risiko, zur Stolperfalle zu werden. „Oh, Leute“, stöhnt Putzmann, als das einmal passiert. „Das sind alle Bahnen, die wir noch haben. Man kann die weder nachbestellen noch neu herstellen.“

Was die Verteilung der Rollen betrifft, so sei die Besetzung für sie sehr schnell klar gewesen, sagt Juliane Putzmann. Insgesamt 18 Personen stehen auf der Bühne, Gerhard Kleesattel und Tim Dreßler begleiten ihr Spiel am Klavier beziehungsweise an der Gitarre. Die Chorleitung hat Catrin Müller inne, Timo Schneller und Christian Baumann kümmern sich um Technik und Licht, Rayn Biryukov um die Regieassistenz. Die zahlreichen Proben (zuletzt fünf bis sechs pro Woche) sind für sie alle ein beachtlicher Zeitaufwand – und das neben der Arbeit, dem Studium, der Schule. Die 18-jährige Marlene Heitkämper, Julia, hat währenddessen sogar ihr Abitur geschrieben. „Die Proben“, sagt sie, „haben mich vor dem Lernwahnsinn bewahrt.“ Theater sei eben auch kein Hobby, fügt Benjamin Adlung hinzu, der Julias Cousin Tybalt mimt, „es ist eine Leidenschaft“.

Und so sehen das alle Mitglieder der Backnanger Bürgerbühne. Um ihr Spiel so realistisch wie möglich wirken zu lassen, haben sich einige eigens von der TSG Backnang im historischen Fechten unterweisen lassen. Nun können sie es kaum erwarten, ihre Schwerter auf der Bühne zu kreuzen.

„Romeo und Julia“ kommt ins Bandhaus-Theater

Mercutio (links) mischt sich ein und beginnt einen Fechtkampf mit Tybalt. An den Farben lässt sich die Familienzugehörigkeit erkennen: DieMontagues tragen blaue Kleidung, die Capulets rote. Fotos: Alexander Becher

„Romeo und Julia“ im Bandhaus

Termine Am morgigen Samstag, 20. Mai, führt die Backnanger Bürgerbühne „Romeo und Julia“ von 20 Uhr an zum ersten Mal auf. Weitere Termine sind: Sonntag, 21. Mai, 17 Uhr, Samstag, 10. Juni, 20 Uhr, Sonntag, 11. Juni, 17 Uhr und Sonntag, 9. Juli, 17 Uhr. Der Einlass ist jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn. Die Vorführungen am
20. und 21. Mai sind bereits ausverkauft.

Tickets Der Eintritt kostet 18 Euro, 15 Euro ermäßigt, acht Euro für Schülerinnen und Schüler bis zum Abitur sowie für Kollegenkarten. Tickets sind im Büro des Bandhaus-Theaters (Petrus-Jacobi-Weg 7, Bürozeiten: Montag bis Mittwoch von 10 bis 13 Uhr, Donnerstag von 15 bis 18 Uhr) sowie bei
allen Easy-Ticket-Service-Vorverkaufsstellen erhältlich. Weitere Infos erhält man
online unter www.bandhaus-theater.de.