Skizzen tatsächlicher Befindlichkeiten

Comedian Bodo Bach gastiert zum dritten Mal als humorvoller und schlagfertiger Erzähler in der Auenwalder Gruschtelkammer

Gefühlt hat soeben Heinz Rudolf Kunze die Bühne geräumt, da klopft schon Bodo Bach an die Tür der Gruschtelkammer Auenwald. Gern öffnet sich diese zum dritten Mal für den Comedian – für diesen humorvollen und schlagfertigen Erzähler von erfundenen Begebenheiten aus dem Alltag. Und doch sind es Skizzen von tatsächlichen Befindlichkeiten.

Skizzen tatsächlicher Befindlichkeiten

Bodo Bach kommt wie ein langjähriger Bekannter rüber. Er benutzt trotz aller Kritik selten beleidigungstaugliche Schimpfwörter. Foto: A. Becher

Von Thomas Roth

AUENWALD. Themen und die Art, etwas zu sagen, verraten (nicht nur) bei Bühnenmenschen die Einstellung derjenigen, die sich äußern. Bodo Bach benutzt selten beleidigungstaugliche Schimpfwörter, die man einem anderen besser nicht vor den Latz knallt. Nur ein-, zweimal fallen solche Worte in seinem zweistündigen Programm mit dem Titel „Pech gehabt“. Und zwar im Zusammenhang mit dem amerikanischen Präsidenten, ohne zunächst dessen Namen zu nennen.

Bodo Bach kommt rüber wie ein langjähriger Bekannter. Er ist einer, den man gut leiden kann. So, wie man sich einen Nachbarn wünschte, der nicht behauptet, sogar immer wieder bestreitet, im Besitz der Wahrheit zu sein – aber seine Welt, seine Erlebnisse äußerst amüsant und sprachgewandt beschreibt. Gleichzeitig lobt Bach das Publikum für dessen schnelle Auffassungsgabe und vergleicht die Schwaben gern mit den Saarländern: „Diese haben da viel länger gebraucht...“ Tritt er im Saarland auf, läuft der Gag vermutlich andersherum. „Pech und Dummheit werden oft miteinander verwechselt“, weiß Bach. Sich samstags in restlos überfüllte Hallen eines schwedischen Einrichtungshauses zu begeben (der Name des Konzerns steht laut Bach für „I-ch K-rieg E-inen A-nfall“), „ist nicht Pech, das ist Dummheit“. Bach sieht sich als Comedian, nicht als politischen Kabarettisten: „Das können andere viel besser.“ Deshalb sei er noch lange nicht doof, er habe nur ab und an „Pech beim Denken“. Dagegen sei es nicht Pech, sondern Dummheit, sich bei seinen Auftritten in die erste Reihe zu setzen. Bei Comedy nämlich „kriegt immer einer die Torte ins Gesicht“. An diesem Abend trifft es häufig und frontal Auenwalds Bürgermeister Karl Ostfalk, der es aber gelassen nimmt. Es ist nicht das erste Mal, dass er bei einer Gruschtelkammer-Aufführung kurz ins Rampenlicht rückt. Das Pech anderer erzeugt ja oft Schadenfreude, und diese ist in den Augen Bachs eine der schönsten Arten der Freude.

„Ich würde meine Frau nie verlassen, das würde sie glücklich machen“

Und: Der Hesse erzählt von seiner bereits über 30 Jahre währenden harmonischen Ehe mit Gattin Gerda: „Ich würde die Gerda nie verlassen. Das würde sie glücklich machen. Das will ich nicht.“ Gerda liebe zudem die Kunst. „Vor allem den Surrealismus. Zumindest schminkt sie sich so.“

Außerdem: Eine Weinwanderung in der Pfalz gerät nach dem Genuss einiger Flaschen, unter anderem des „Deidesheimer Leberhakens“, gehörig aus dem Ruder – getreu dem Motto „Wer schwankt, hat mehr vom Weg“. Auch den Besuch in einem vegetarischen Restaurant schildert Bach so, dass kein Auge trocken bleibt. So bestellt er sich „fangfrischen Kopfsalat“ sowie die „Keule vom Brokkoli“ („den Fettrand ruhig dranlassen“). Die Besucher erfahren obendrein, dass Frauen Glück anders empfinden als Männer: Während für Frauen das Glück gern in der Maßeinheit „Karat“ gemessen wird, zählen für den Mann andere Kriterien: „Wir führen zwei zu null, und im Eisschrank ist noch Bier.“

Wie im Flug vergeht die Zeit, und Bach hat das Publikum fest im Griff. Auch Sohn Rüdiger („Ich mag ihn, ich kann ihn bloß nicht leiden“) ist wieder mit von der Partie. Auf der Suche nach einer Partnerin für diesen streift Bach das Thema Partnerbörse und verweist auf Katalogsprache: „Weiblich, 43, kultiviert“ klingt besser als „Zicke mit Theaterabo“.

Vor der Zugabe bei seinem dritten Gruschtelkammer-Auftritt wird Bach kurz ernsthaft ernst. Er habe gehört, dass die Gruschtelkammer abgerissen werden solle, und fragt: „Was soll da hinkommen? Eine U-Bahn-Station?“ Sinngemäß plädiert er dafür, den Gemeinderäten ins Gewissen zu reden. Er sagt es dem Bürgermeister direkt. Dieser nickt. Fest steht jedenfalls, dass die Gruschtelkammer bis Mai 2022 in der Sängerhalle bleiben darf. Im Mai 2020 wird der Gemeinderat nach den Worten von Gruschtelkammer-Chef Charley Graf erneut über eine nochmalige Verlängerung um ein weiteres Jahr bis Mai 2023 entscheiden.

Bachs Plädoyer zeigt vor allem eines: die immer wieder ausgedrückte Wertschätzung von Künstlern seines Kalibers für die Arbeit der Kleinkunstbühne. Die Bemerkung mit der U-Bahn war Bühne pur. Denn fürs geplante Scheunenviertel in Oberbrüden ist unter anderem ein Versammlungsraum für 200 Personen angedacht. Wer diesen wie nutzen können soll, darüber gibt es allerdings aus Gruschtelkammer-Sicht noch keine eindeutigen Aussagen oder gar gemeinsame Sondierungsgespräche. Fest steht: Bodo Bach ist und bleibt mit und ohne das ehrliche Plädoyer für die Gruschtelkammer einer der unangefochtenen Lieblinge des Kleinkunstbühnen-Publikums.