Stimmgewaltige Religiosität und beste Wünsche

Im Backnanger Bürgerhaus reißen die Golden Voices of Gospel ihr Publikum nach einem etwas uninspirierten Auftakt doch noch mit.

Stimmgewaltige Religiosität und beste Wünsche

Die Golden Voices of Gospel kommen im zweiten Teil ihres Konzerts im Backnanger Bürgerhaus erst richtig in Fahrt. Foto: A. Becher

Von Carmen Warstat

BACKNANG. „The Golden Voices of Gospel“ nennen sie sich und wurden unter diesem Namen im Jahr 2000 gegründet. Bereits vor 15 Jahren waren sie in Backnang zu Gast. Reverend Dwight Robson, Leiter und Gründer des Chors, erinnert sich: Jünger und wohl auch hübscher sei er damals gewesen, aber, so sagt er, „Gospel singen wir immer noch“. Er steht mit vier Instrumentalisten und acht Sängerinnen und Sängern auf der Bühne des Bürgerhauses, um gemeinsam mit ihnen Gott zu preisen, wie es in der Tradition des Genres liegt und inzwischen Menschen weltweit begeistert.

The Golden Voices haben sich unter anderem als Background-Chor für verschiedene prominente Künstler einen Namen gemacht. In Backnang treten sie dieses Mal zwar nicht in Originalbesetzung auf, reißen das Publikum nach einem etwas kraft- und orientierungslos wirkenden Einstieg aber dennoch mit. Mit „Hallelujah O Lord“ und „Bye and bye“ beginnen sie und bekennen: „Wir lieben es hier in Deutschland, aber manchmal vermissen wir unsere Heimat.“

So erklingt einer der Klassiker aus dem afroamerikanischen Songbook. „Sometimes I feel like a motherless Child („a long way from home“). Vom Glauben an den Herrn erzählen die Stimmen, von Hinwendung, Vertrauen und Sehnsucht erzählt auch die Körpersprache. „Swing low, sweet Chariot“ wird vom Leadsänger mit intensiv-sonorer Stimme intoniert, vielleicht das erste Stück des Abends, bei dem Sänger und Instrumentalisten (Piano, Gitarre, Bass und Schlagzeug) beieinander sind und auch das ausgehungert wirkende Publikum eine Wellenlänge mit dem Chor findet.

Einen Adventsabend mit Soul, Wärme und Groove hatte Kulturamtsleiter Johannes Ellrott eingangs versprochen, und den sollte das Publikum vor allem im zweiten Teil bekommen. Zunächst aber muss das Team auf der Bühne musikalisch richtig eins werden, denn noch laufen die Fäden eher auseinander als zusammen, und religiöses Pathos wird eher herbeigeredet als nach Gospelart musikalisch zelebriert. Nach der Pause soll sich dies ändern. Jetzt alle in Weiß gekleidet (vorher Blau) beginnen die Golden Voices noch verhalten und noch seltsam wenig ambitioniert. „Walking in Memphis“ geht fast daneben. Das Publikum nimmt es gelassen und wohlwollend zur Kenntnis und möchte mitmachen. Schon ruft der Reverend Dwight Robson zum Händeklatschen auf und nimmt die Menge mit. Er spricht von Dankbarkeit in der CovidSituation, von Vertrauen in Gott – „He’s got the whole world in his hands“.

Dann darf getanzt werden zu „Shackles“. Noch bleiben die meisten sitzen. „Yes, I’m a Believer“ aber wird gemeinsam gesungen - schön, kraftvoll, harmonisch: „I love you, Lord.“ Der Reverend kommentiert es mit einem erfreuten „beautiful“ und erinnert an die Sonntage der Kindheit „back in America“ geprägt von Apfelkuchen, der Oma und der Kirche. Ein großes Medley wird eröffnet, und jetzt geht die Post ab. Bei „When the Saints go marching in“ laufen Instrumentalisten, Sänger und Publikum zur Höchstform auf. Sehr, sehr schön gerät der Saalgesang bei einem Stück, das Robsons Großmutter immer sang, die ganze Zeit, wie er sagt, beim Wäschewaschen und beim Geschirrspülen, einfach immer: „Amazing Grace“. Sanft und liebevoll klingt der einmütige Publikumschor, wirklich wunderbar und der Reverend auf der Bühne ist gerührt: „That was very beautiful.“ Schließlich: „Oh happy Day“.

Das Konzert endet mit diesem temperamentvollen gemeinsamen Dankgebet, mit guten Wünschen für die Weihnachtszeit und überhaupt mit einem „God bless you. We gotta go“. Und auch mit dem guten Rat, einander zu sagen, was man fühlt, am besten: „I love you.“