Trockener Humor, musikalische Höhenflüge

Nach überstandener Krankheit tritt die Musikkabarettistin Lizzy Aumeier in der Auenwaldhalle auf. An ihrer Seite ist Svetlana Klimova an Violine und Klavier. Ihr Programm „Jetzt erst recht“ kommt beim Publikum gut an. Es geht ums Gendern, um Sachsen und Schwaben, die Pandemie.

Trockener Humor, musikalische Höhenflüge

Lizzy Aumeier stellt eine Taekwondo-Sportlerin nach. Interaktion mit dem Publikum ist der Künstlerin sehr wichtig. Foto: T. Sellmaier

Von Carmen Warstat

Auenwald. Mit 14-tägiger Verspätung ist die Oberpfälzer Musikkabarettistin Lizzy Aumeier nach Auenwald gekommen und hat die exzellente Musikerin Svetlana Klimova (Violine und Klavier) mitgebracht. Lizzy Aumeier selbst hatte neben ihrem Kontrabass jede Menge trockenen Humor und manche Überraschung im Gepäck. Das aktuelle Programm „Jetzt erst recht“ nennt sie ein „erneutes Feuerwerk an Themen“, und richtig – das schlägt ein, trotz kaum überstandener Krankheit der Künstlerin.

Charley Graf, Chef des Fördervereins Kleinkunstbühne (Gruschtelkammer), nennt sie eine „ganz liebe Freundin“ und einen „tollen Menschen“ und erinnert sich: „Sie hat die Halle fast mal zum Einsturz gebracht.“ Da ruft Lizzy Aumeier schon: „Hallo Leute! Servus! Wie schön!“ Und sie fragt: „Wer hat in der Krise zugenommen? Abgenommen? Zu saufen angefangen?“ Interaktion mit dem Publikum ist der Künstlerin sehr wichtig und funktioniert bei Lizzy Aumeier, die sich erst einmal die diversen Verschwörungstheorien vornimmt und lächerlich macht, um sogleich einen Herrn aus dem Publikum auszufragen – seine Reaktion: eher lakonisch, schwäbisch sparsam, aber er wird im Lauf des Abends noch auftauen. Und auch Lizzys Mann, ein „Ossi aus Leipzig“, wird mitmischen und das Publikum begeistern.

„50 Jahre ham wir Angst gehabt vorm Russen, und jetzt sitzt er am Klavier.“ Mit diesen Worten begrüßt die preisgekrönte Kabarettistin ihre Partnerin Svetlana Klimova und macht so klar, wo sie steht. „Ich versteh’ Rassismus überhaupt nicht“, sagt sie und demonstriert ihre Musikalität auf eine heitere, auch paradoxe Weise, indem sie die Genrevielfalt bewusst herunterbricht auf ihre dilettantische Vereinheitlichung durch schlechte Musiker. Oder wenn sie afrikanische Musik offenbar sehr genau gehört und analysiert hat, dann aber auf ironische Weise in einer Art Wechselgesang mit dem Publikum zum Vehikel für Stereotype macht. Den Sachsen darf sie bespötteln, denn ihr Mann ist einer, also steht Lizzy Aumeier nicht sofort im Verdacht, platte Vorurteile zu pflegen. Lediglich nimmt sie Klischees ins Visier, die bekanntermaßen einen Funken Wahrheit beinhalten können, und im Übrigen verschont die spitze Zunge auch die Bayern und die Schwaben nicht.

Was hat sie zum Gendern zu sagen? Die Antwort ist einfach: „Entweder ist es ein Mensch, oder...?“ Nachdenkliches Schweigen. Wortspiele mit Begriffen aus der Welt der Kategorisierung von Menschen machen sie selbst zur „person of kilo“, „die kleine Fette“ nennt sie sich auch, es klingt schon nicht mehr nach Selbstironie, sondern nach Selbsthass. Einer der bitteren Gründe, aus denen ihr Humor sich speist, ist hier zu erahnen – eigentlich nicht mehr witzig.

Mit ihrem Mann vollführt sie eine pantomimische Stummfilm-Pornonummer, die die Beschränktheit von Porno noch einmal der Lächerlichkeit preisgibt. Puppenporno nennt sie es. Am Klavier Svetlana Klimova. Mit ihr zusammen karikiert Lizzy Aumeier auch Opernsängerinnen: Variationen über „Wenn ich ein Vöglein wär“ geben den beiden Frauen ein weiteres Mal Gelegenheit, zu zeigen, was sie musikalisch draufhaben.

„Sissy und Franz“ spielt die Aumeier zusammen mit jenem Herrn aus dem Publikum, der sogar sie mit seiner Schlagfertigkeit überrascht. Ein Filmmusikquiz gibt es und im Duett fantastische Interpretationen der Musik aus Lieblingsfilmen der Künstlerinnen, apart und anrührend und sogleich gebrochen durch ruppige Kommentare der Aumeier. Es scheint eines ihrer Prinzipien zu sein und trifft wohl auch den Zeitgeist.

Die Pandemie verändert uns. Die Leute genießen solche Abende und wirken zugleich müde und nur halb zufrieden, weil sie akribisch geplant werden müssen und immer auf der Kippe zur Absage stehen. Künstler und Veranstalter geben alles und sagen doch, „dass es eigentlich keinen Spaß mehr“ macht unter den jetzigen Umständen. Aber nach zwei Zugaben winkt Lizzy Aumeier: „Danke, dass ihr da wart, und diese Scheiße stehen wir schon durch, gell?!“