Buchtipp Architektur

Umbau statt Neubau: Klimaschutz in der Architektur

Wie lässt sich in Zeiten des Klimawandels und schwindender Ressourcen nachhaltig bauen? Ein Bildband widmet sich dieser Frage und zeigt kreative ressourcensparende Umbauten aus der ganzen Welt.

Umbau statt Neubau: Klimaschutz in der Architektur

In Guangxi (China) haben Architekten eine ehemalige Zuckerfabrik in ein Hotel umgebaut. Die Umbauten beschränkten sich vor allem auf das Gebäudeinnere.

Von Philip Kearney

Die Bauwirtschaft gehört zu den klimaschädlichsten Branchen überhaupt. Kaum eine andere Branche hat einen solch hohen Energie- und Ressourcenverbrauch. Dieser muss sinken, wollen Deutschland und andere Länder ihre Klimaziele erreichen. Wie nachhaltiges Bauen gelingen kann, zeigt die englische Architektin Ruth Lang in dem Bildband des Gestalten Verlags „Building for Change – The Architecture of Creative Reuse“.

Sie fordert, bestehende Gebäude zu sanieren und umzubauen statt abzureißen und neue Gebäude zu bauen – auch wenn der Umbau komplexer als der Neubau ist und mehr Zeit und Expertise erfordert. Denn laut Lang würden sich allein durch diese Maßnahme jährlich bis zu einer Milliarde Tonnen Treibhausgase sparen lassen.

Lebensdauer von Gebäuden lassen sich durch Umbau verlängern

Lang weist darauf hin, dass der Ausgangspunkt der Arbeit des Architekten bei einem Umbau ein anderer ist als beim Bau eines neuen Gebäudes. Während sich der Architekt bei einem Neubau erst einen Entwurf überlege und dann nach den passenden Materialien suche, müsse er bei einem Umbau zunächst einmal die vorhandenen Materialien und strukturellen Gegebenheiten sichten und dann auf Basis dieser einen Entwurf entwickeln.

In den meisten Fällen werden Gebäude zu einem einzigen Zweck gebaut, etwa zum Wohnen oder zum Arbeiten. Um die Lebensdauer der Gebäude zu verlängern, ruft Lang dazu auf, beim Bau neuer Gebäude darauf zu achten, dass diese auch alternativen Zwecken dienen können. Als Beispiel führt sie das Londoner Gemeindezentrum Sands End Arts & Community Centre an, das mit Schiebetrennwänden ausgestattet ist, sodass sich die Räume dem jeweiligen Zweck anpassen lassen, ohne dass Baumaßnahmen notwendig sind.

Neben dem Londoner Gemeindezentrum stellt Lang in dem Buch noch viele weitere umfunktionierte Gebäude vor. Die Architektin erklärt jeweils, wofür die Gebäude ursprünglich gebaut wurden, wozu sie heute genutzt werden und wie die Gebäude hierfür umgebaut wurden. Die Bauten reichen von einer Scheune in China über eine Anti-Villa in Potsdam, eine Markthalle in Spanien, bis zu einem Terminal in den USA – und sind alle, wie das Bildband selbst, ein echter Blickfang.

Weitere Informationen

Der Bildband Robert Klanten, Rosie Flanagan, Andrea Servert (Hg.): Building for Change – The Architecture of Creative Reuse. (Texte auf Englisch). Verlag Die Gestalten, Berlin, 256 Seiten, 50 Euro.

Umbau statt Neubau: Klimaschutz in der Architektur

In Peking haben Architekten ein altes Lagerhaus in ein Gemeindezentrum mit Spielplatz verwandelt.

Umbau statt Neubau: Klimaschutz in der Architektur

Im Westen Londons steht heute ein Gemeindezentrum, das zu etwa 35 Prozent aus recycelten Produkten besteht. Im Inneren des Gebäudes befinden sich eine Kindertageseinrichtung und ein Café. Damit das Gemeindezentrum flexibel genutzt werden kann, wurden im Inneren Schiebetrennwände verbaut. Im Zuge des Neubaus wurde auch das alte Gartenhäuschen, das sich auf dem Gelände befindet, restauriert.

Umbau statt Neubau: Klimaschutz in der Architektur

Neue und alte Architektur treffen bei diesem ehemals baufälligen Gebäude in Vresovice (Tschechien) aufeinander. Hier haben Architekten ein Pfarramt in eine Grundschule umgewandelt. Passend zu den Kupferregenrinnen des Kirchengebäudes haben die Architekten den neuen Flügel mit einer Kupferverkleidung versehen. Um den Schülern bei der Orientierung zu helfen, sind die Gänge in verschiedenen Farben gestrichen.

Umbau statt Neubau: Klimaschutz in der Architektur

In der Markthalle der spanischen Enklave Melilla an der nordafrikanischen Mittelmeerküste begegneten sich bis zur Schließung im Jahr 2003 Jahrzehnte lang Menschen aus den unterschiedlichsten Ecken der Stadt. Um die Einwohner wieder zusammenzubringen, kam der Architekt Ángel Verdasco Arquitectos auf die Idee, auf dem Gelände der Markthalle eine Musikhochschule, Sprachschule und Volkshochschule zu bauen. Um an die ehemalige Nutzung des Geländes zu erinnern, entschied sich der Architekt dazu, die Wände der baufälligen Markthalle nicht abzureißen, sondern diese stattdessen als Mauer zu nutzen, die das Gelände umschließt.

Umbau statt Neubau: Klimaschutz in der Architektur

In Jinhua (China) haben Architekten von Atelier tao+c eine alte Scheune in ein Kapselhotel mit Bücherei verwandelt. Um einen großen, offenen Raum zu schaffen, entfernten sie die Trennwände der Scheune und bauten in der Mitte des Raumes eine Stahltreppe, die die verschiedenen Ebenen miteinander verbindet. Zudem ersetzten die Architekten eine der vier Holzwände mit einer Glasfront, sodass tagsüber nicht nur Licht in das Hotel gelangt, sondern die Gäste auch auf den umliegenden Wald blicken können.

Umbau statt Neubau: Klimaschutz in der Architektur

In der US-amerikanischen Metropole New York haben Architekten ein 2001 geschlossenes Flugzeugterminal des John F. Kennedy Flughafens neues Leben eingehaucht. Das Terminal ist heute Herzstück eines Freizeitzentrums und beherbergt ein Hotel mit über 500 Zimmern. Vom Terminal aus haben Gäste Zugang zu einem restaurierten Flugzeug, in dem sich eine Cocktail Lounge befindet.

Umbau statt Neubau: Klimaschutz in der Architektur

Die hier gezeigten Bilder stammen aus dem Bildband „Building for Change“ (Gestalten Verlag, Berlin, 256 Seiten, 50 Euro). Das Cover zeigt, wie in einen Industriegelände ein Restaurant entstehen kann.