Viele Betrachter bei „Face to Face“

Die Ausstellung mit Werken der 17-jährigen Hannah Krämer im Wasserschloss Oppenweiler stößt auf große Resonanz

Mit vierzehn Jahren begann Hannah Krämer aus Oppenweiler, Portraits zu zeichnen. Inzwischen ist sie siebzehn, und ihre Bilder stoßen im Internet auf große Resonanz. Zum ersten Mal zeigt sie in einer Einzelausstellung im Wasserschloss ihrer Heimatgemeinde ihr vielversprechendes Talent.

Viele Betrachter bei „Face to Face“

Die junge Künstlerin vor einem ihrer Werke, bei dem der Kopf einer Frau mit nackten Schultern in der Hand eines Mannes liegt.Foto: J. Fiedler

Von Claudia Ackermann

OPPENWEILER. Beeindruckt sind die Besucher bei der Vernissage am Freitagabend im Wasserschloss, in dem sich das Rathaus der Gemeinde befindet. Auf drei Stockwerken stellt Hannah Krämer ihre Portraits in Pastellkreide und Buntstift aus. „Face to Face“ heißt die Ausstellung, was darauf hinweist, dass jedes Portrait auch einen Betrachter braucht. Erst dadurch wird es zur Kunst, und jeder sieht etwas Anderes darin, sagt die junge Künstlerin.

Bürgermeister Bernhard Bühler eröffnet die Vernissage mit einem Interview, in dem die Besucher mehr über Hannah Krämer und ihre künstlerische Arbeit erfahren. Gesichter mit allen ihren Emotionen interessierten sie schon immer. Am Anfang habe sie sehr realistisch gemalt. Bis jetzt entwickelte sie ihre Arbeiten völlig autodidaktisch weiter, und es kristallisiert sich mehr und mehr ein ganz eigener Stil heraus.

Die Künstlerin hat sich im Internet über die Techniken schlau gemacht

Es ist ein neuer Zugang zur Kunst, den diese junge Generation beschreitet. Über Techniken und Materialien hat sie sich im Internet schlau gemacht. Ihre Arbeiten veröffentlicht sie regelmäßig in sozialen Netzwerken. Für ältere Ausstellungsbesucher mag es wohl etwas befremdlich klingen, dass „likes“ und die Zahl der „follower“ dort so wichtig sind. Aber Hannah Krämer hat auf diese Weise schon weit über den lokalen Bereich hinaus Aufmerksamkeit für ihre Portraits geweckt. Dass eine solche Anzahl von Besuchern aus ganz Deutschland und dem internationalen Ausland zu einer Ausstellung kommt, ist eher unwahrscheinlich, muss auch Bürgermeister Bühler zugestehen.

Allerdings hält Hannah Krämer Ausstellungen für sehr wertvoll. Schließlich können die Besucher die Arbeiten im Original betrachten, und die junge Künstlerin freut sich über den persönlichen Austausch mit den Kunstinteressierten. Deshalb wird sie während der Ausstellungszeit an jedem Sonntag selbst anwesend sein. Ihre Zukunft sieht die 17-Jährige bodenständig. Erst mal das Abitur im nächsten Jahr am Backnanger Max-Born-Gymnasium machen. Dann steht die Überlegung im Raum, Kunstgeschichte zu studieren. Umrahmt wird das Interview von einem jungen musikalischen Talent am Klavier, der 18-jährigen Alice Fischer aus Hannah Krämers Jahrgangsstufe.

Im Stil des Fotorealismus mit Pastellkreide und Farbstiften hat Hannah Krämer das Portrait einer liegenden Frau mit nackten Schultern gemalt. Ihr Gesichtsausdruck wirkt sinnlich. Dass es sich offenbar um eine Paarsituation handelt, wird an der maskulinen Hand deutlich, die unter ihrer Wange liegt. In ihren Portraits arbeitet Hannah Krämer Emotionen heraus. Als Vorlage benutzt sie Fotos, etwa von jungen Schauspielerinnen, Serienstars oder im Internet bekannten Influencern. Sehr realistisch wirkt das Glänzen in den Augen oder das Schillern der Lippen. Während am Anfang ihr Anspruch war, möglichst ästhetisch abzubilden, geht sie seit einiger Zeit dazu über, auch das weniger Perfekte in den Fokus zu rücken. „Insecurities“ heißt ein Selbstportrait, das bei einem Kunstprojekt am Max-Born-Gymnasium im letzten Jahr entstanden ist. Sich selbst stellt sie mit einem geschminkten und einem ungeschminkten Auge dar. Auf der ebenmäßigen, mit Make-up überdeckten Haut, hat sie einen Bereich sichtbar gemacht, der nicht kaschierte Hautunreinheiten zeigt. Die Begriffe „ugly“ und „acne“ sind eingefügt. Erst vor zwei Wochen hat sie ein weiteres Selbstportrait mit dem Titel „You are Art“ gemalt, das ausdrücken soll, dass jeder schön ist, so wie er ist. Beim Portrait „Cry Pretty“ weint eine makellos schöne Frau mit regungsloser Mimik goldenen Glitter. Wie das wahre traurige, schmerzverzerrte Gesicht der weinenden Frau aussieht, ist weiter unten zu sehen. Immer mehr geht Hannah Krämer dazu über, die realistischen Bilder teilweise zu verfremden, zusätzliche Details oder Schrift einzuflechten – und Geschichten zu erzählen.

Die Ausstellung kann noch bis Freitag, 25. Oktober, im Wasserschloss Oppen- weiler, Schloßstraße 12, zu den Rathaus- öffnungszeiten besichtigt werden. Sonntags von 14 bis 17 Uhr können Besucher mit der jungen Künstlerin ins Gespräch kommen.